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Die Oger - [Roman]

Die Oger - [Roman]

Titel: Die Oger - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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bewegen. Fuß um Fuß wurden sie an die Ränder der Plateaus gehievt und in die Tiefe gestürzt. Am Grund der Höhle waren die Tunnel wesentlich breiter und der Weg ins Freie um einiges kürzer. Nachdem alle Drachen unten lagen, begannen die Oger mithilfe der Seile und Ankerhaken, über die Plateaus zum Grund der Höhle zu klettern. So, wie die Drachen dalagen, hatten sie nichts Anmutiges mehr. Nichts von ihrer Magie war übrig. Sie waren einfach nur die sterblichen Überreste einer einst herrschenden Rasse, die zum falschen Zeitpunkt ein Nickerchen gemacht hatten. Mogda hatte das Gefühl, dass dieser Augenblick nicht so spurlos an ihnen vorübergehen würde. Dieser Kampf würde nicht vergessen werden. Nicht wie eine Auseinandersetzung mit einem Bauern um ein Stück Vieh oder eine sinnlose Schlacht um ein Stück Land und erst recht nicht wie das Erschlagen eines Ork-Truppführers im Handgemenge. Diese Schlacht würde in Erinnerung bleiben. Für immer.
    Mogda trat einem der Drachen auf den Vorderlauf, griff nach einem Zeh und brach sich eine Kralle ab.
    »Du zerstückeln, für besser tragen?«, fragte ihn ein Oger, der etwas ratlos dastand.
    »Nein, das ist ein Andenken.«
    »Wofür?«
    »Damit es mich immer daran erinnert, was heute geschehen ist.«
    »Du meinst, wir gut gekämpft.«
    »Nicht ganz. Ich habe mal ein Sprichwort gehört«, sagte Mogda, um nicht wieder in Diskussionen zu geraten, die sich um die Fähigkeit des Lesens drehten. »Wer eine Schlacht plant, ist Heerführer. Wer in einer Schlacht kämpft, ist Krieger. Aber wer die Toten begräbt, ist Sieger. Und wir Oger begraben die Drachen, also sind wir es auch, die sie besiegt haben. Nicht irgendein Orkhauptmann oder jemand mit Tentakeln im Gesicht. Wir waren es.«
    »Ja, wir Helden«, rief plötzlich ein anderer aus, nachdem ein Augenblick des Schweigens vergangen war. »Los, alle Drandenken holen!«
    Wie ein Lauffeuer verbreiteten sich die Jubelschreie. Jeder machte sich daran, ein kleines Souvenir zu ergattern. Der Anblick der geplünderten Drachen, den die Oger hinterließen, war dann allerdings alles andere als heroisch.
    Sie benötigten einen kompletten Tag, alle Drachen ins Freie zu bringen und unter Felsen zu begraben. Der Kampf hatte sie geschwächt, und die Arbeit war ermüdend, aber ihre Hochstimmung blieb. Andere Oger wurden dazu abgestellt, Lager für Orks in den Höhlen zu errichten, und wiederum andere mussten Löcher in den Fels treiben, wo sie die Drachen in die Tiefe gestürzt hatten. Die meisten Orks begnügten sich damit, sich auszuruhen, ihre Wunden zu versorgen und sich gegenseitig auf die Schultern zu klopfen. Am Abend des dritten Tages waren alle Aufgaben erledigt. Oger und Orks kampierten zusammen auf den Plateaus. Viele Orks wurden in den zahlreichen Tunnelsystemen untergebracht. Zudem wurden kleinere Höhlen als Unterkünfte für die Meister und Orkgeneräle hergerichtet. Es hieß, am Grund der Höhle, wo jetzt drei Schritt tiefe Löcher den Boden übersäten, entstand ein Kerker für die Gefangenen der Orks: Hüttenbauer.
    Mogda, Matscha, einige andere Oger und jede Menge Orks hatten ihr Quartier auf einem Plateau kurz unterhalb des Durchbruches in der Höhlendecke aufgeschlagen. Mogda starrte nach oben in den Nachthimmel. Er war froh darüber, einen Platz ergattert zu haben, der ihm ein Gefühl von Freiheit gab. Hier spürte man den Wind genauso wie den Regen oder die Sonne. Es war eine kleine persönliche Freiheit in einem riesigen Gefängnis. Er sah den Mond, der leuchtend am Himmel stand und ähnlich gefärbt war wie der Felsen, den er tagsüber bewohnte, oder die Erde, die sich hunderte von Meilen in alle Richtungen um ihr neues Zuhause erstreckte. Einen kurzen Augenblick flackerte das Mondlicht, fast wie eine Kerzenflamme, die im Wind tanzte. Ein Kreischen, das er seit Kurzem nur zu gut kannte, durchbrach die Stille. Lindwürmer kamen! Und sie waren nicht allein.

11
Die Verfolgung
 
    Das kleine Heer unter der Führung von Lord Felton erreichte schließlich den Fuß der Berge. Es war sechshundert Mann stark, gut ausgerüstet und seit Tagen unterwegs, ohne auch nur die geringste Chance zu haben, die Orks einzuholen. Zweihundert Mann Kavallerie, hundert Bogenschützen und dreihundert Fußsoldaten waren einfach nicht für einen raschen Vorstoß geeignet. Die Fußsoldaten in ihren schweren Rüstungen mussten regelmäßig rasten, und die sechs Proviantkarren, die bis oben hin beladen waren, konnten nur im flachen Gelände

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