Die Olchis und die Teufelshöhle (German Edition)
weil ich dich nicht wecken wollte, hab ich gleich bei den Olchis übernachtet. In einer Laubkiste. Ich hatte doch keinen Torschlüssel dabei.«
Tante Kreszentia konnte kaum glauben, was sie da hörte.
»Erklär mir das«, sagte sie. »Erzähl genau und der Reihe nach. Du bringst ja alles durcheinander.«
»Na gut.« Vicky holte Luft. »Aber du darfst nicht sauer sein.«
Dann sprudelte es nur so aus ihr heraus. Sie berichtete von ihrem Fahrradausflug zur Olchi-Höhle. Vom nächtlichen Besuch der Olchi-Kinder und von der Gespensterjagd im Keller. Dass sie ganz unten dieses Höhlenlabyrinth entdeckt hatten und wie die Olchi-Kinder sie am Ende gerettet hatten.
»Die Olchis sind total nett, Tante Kreszentia«, sagte sie. »Ohne die Olchi-Kinder wäre ich da unten bestimmt erfroren und verdurstet und vermodert. Sie haben mich gerettet.«
Die Gräfin war erst mal sprachlos. Sie sah Vicky lange an, seufzte ein paarmal tief und meinte schließlich: »Ohne diese Olchi-Kinder wärst du gar nicht erst dahinunter gegangen.«
Vicky wollte ihre Tante unbedingt von den Olchis ablenken.
»Kennst du die Höhle denn?«, fragte sie. »Warst du auch schon einmal da unten?«
Die Gräfin legte den Löffel zur Seite und räusperte sich.
»Natürlich«, sagte sie. »Die Höhle heißt Teufelshöhle. Sie ist seit dreihundert Jahren in unserem Familienbesitz. Eigentlich sind es mehrere Höhlen, ein langes Labyrinth. Aber das weißt du ja inzwischen besser als ich.«
»Wieso heißt die Höhle Teufelshöhle ?«, fragte Vicky. Wenn sie an einen Teufel dachte, dann stellte sie sich immer einen kleinen feuerroten Kerl vor, mit spitzen Hörnern auf dem Kopf und mit einer Mistgabel in der Hand.
»Das kann ich dir erklären«, sagte Tante Kreszentia. »Vor vielen Hundert Jahren, als das Schloss gerade gebaut worden war, da hatten seine Bewohner große Angst vor dem Teufel. Einmal dachten sie sogar, die Prinzessin sei vom Teufel besessen. Man holte einen Teufelsaustreiber auf das Schloss, der die arme Prinzessin von ihm befreien sollte. Angeblich nahm der Teufel dann Reißaus und fuhr mit lautem Getöse in die Höhle hinunter. Er verirrte sich in dem Labyrinth, und seitdem treibt er sein Unwesen da unten.«
»Ach, du meine Güte!«, rief Vicky entsetzt. »Zum Glück habe ich das nicht vorher gewusst.«
Tante Kreszentia beruhigte sie: »Das ist doch nur ein altes Märchen. Die Menschen waren früher sehr abergläubisch.«
»Ich bin gar nicht abergläubisch«, sagte Vicky. »Aber ich habe da unten einen grässlichen Totenschädel gesehen. Und an den Wänden waren Bilder. Hat die auch der Teufel gemacht?«
Die Gräfin lachte. »Nein, bestimmt nicht. Also, von einem Totenschädel weiß ich nichts. Aber die Malereien kenne ich selbstverständlich. Sie sind sehr wertvoll. Sie sind mindestens zwanzigtausend Jahre alt. Doch das muss ein Geheimnis bleiben. Versprich mir, dass du keiner Menschenseele davon erzählen wirst.«
»Wieso ist das so ein Geheimnis?«, fragte Vicky.
»Weil ich nicht möchte, dass unter meinem Schloss irgendwelche Forscher oder Archäologen Trubel veranstalten!«, rief die Gräfin aus. »Am Ende finden gar noch Besichtigungen statt. Daran will ich gar nicht denken. Ich möchte meine Ruhe haben, und ich mag keinen Trubel. Schon gar nicht direkt unter meinem Haus.«
Sie stellte ihre Kaffeetasse heftig zurück auf den Unterteller und erklärte: »Und ich sage dir noch einmal: Ich will auch nicht, dass meine Nichte sich mit diesen Olchis abgibt. Mit entsetzlichen Leuten, die mir stinkenden Müll in den Garten werfen! Hast du das verstanden?«
Schnurrhahn ermittelt
Herr Schnurrhahn war seit dreißig Jahren der Schmuddelfinger Hauptpolizist und kannte fast jeden in der Stadt. Natürlich kannte er auch die Müllkippe und die Olchi-Familie.
Als er jetzt über den olchigen Müllberg stapfte, hielt er die Luft an. Was für eine Sauerei!, dachte er. Wieso müssen die Menschen immer so viel Müll produzieren?
Vor der Olchi-Höhle angekommen, traute er sich kaum, zu atmen. Alle Olchis waren hier versammelt. Anscheinend schmückten sie gerade ihre Höhle. Olchi-Mama und Olchi-Oma hängten alte Socken an eine Schnur. Olchi-Papa blies mit einem selbst gebastelten Staubwerfer feinen Staub ins Zimmer, während die Olchi-Kinder Olchi-Opa beim Tischdecken halfen. Sie verteilten kleine, hübsche Matschhäufchen auf der Tischplatte.
Das Olchi-Baby saß plärrend in einer Obstkiste, und Feuerstuhl, der Olchi-Drache, hatte den dicken
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