Die Operation
Kommentar.
»Sie heißen Dr. Daniel Lowell und Dr. Stephanie D’Agostino.«
»Aha«, wiederholte James.
Michael fuhr fort: »Aufgrund Ihrer Anweisungen war mir klar, dass Ihnen diese Entwicklung missfallen würde. Schließlich lässt sich bei der Sachlage die Möglichkeit nicht ausschließen, dass mit dem Grabtuch experimentiert wird. Die gute Nachricht jedoch lautet, dass es mir durch schnelles Handeln gemeinsam mit Monsignore Mansoni gelungen ist, eine baldige Rückgabe der Probe zu erwirken.«
»Oh«, sagte James nur. Es entstand ein unangenehmes Schweigen. Mit solch einer Reaktion hatte Michael beim besten Willen nicht gerechnet. Spätestens an diesem Punkt des Gesprächs hatte er eine eindeutig positive Reaktion des Kardinals erwartet.
»Schließlich geht es doch darum, dem Grabtuch noch mehr entwürdigende wissenschaftliche Experimente zu ersparen«, fügte Michael schnell noch hinzu. Ein Schaudern kroch ihm die Wirbelsäule hinauf. Sein Gefühl sagte ihm, dass das Gespräch gleich eine unerwartete Wendung nehmen würde.
»Haben Dr. Lowell und Dr. D’Agostino die Probe freiwillig zurückgegeben?«
»Das kann man nicht direkt sagen«, gestand Michael. »Die Probe wird noch heute Früh von den italienischen Behörden konfisziert, wenn sie ein Flugzeug nach Paris besteigen wollen.«
»Und was wird mit den Wissenschaftlern geschehen?«
»Ich glaube, sie werden in polizeilichen Gewahrsam genommen.«
»War Senator Butlers Vermutung zutreffend, dass das Grabtuch nicht angetastet werden musste, um diese Textilprobe zu erhalten?«
»Ja, das stimmt. Die Probe besteht aus einem winzigen Stück von einem Muster, das schon vor etlichen Jahren vom Grabtuch abgeschnitten worden ist.«
»Wurde es den Wissenschaftlern unter strengster Geheimhaltung und ohne offizielle Dokumente übergeben?«
»Nach allem, was ich weiß, ja«, sagte Michael. »Ich habe deutlich gemacht, dass dies Ihr spezieller Wunsch war.« Michael fing an zu schwitzen, sicherlich nicht so heftig wie gestern hinter dem Vorhang des Hotelzimmers, aber aus einem ähnlichen Grund: Angst. Er konnte spüren, wie sich die Angst in seinem Magen zusammenballte und seine Muskeln sich spannten. In den Fragen des Kardinals hatte eine kaum wahrnehmbare Schärfe mitgeschwungen, die den meisten Menschen entgangen wäre. Michael jedoch hatte sie sofort erfasst. Er wusste, dass Seine Eminenz zunehmend wütender wurde.
»Father Maloney! Zu Ihrer Information: Der Senator hat die versprochene Gesetzesvorlage zur Begrenzung der strafrechtlichen Haftbarkeit für karitative Organisationen bereits eingebracht. Er schätzt die Chancen, dass die Vorlage jetzt mit seiner Unterstützung auch verabschiedet wird, größer ein als noch am vergangenen Freitag. Die Bedeutung eines solchen Gesetzes für die Kirche brauche ich Ihnen ja wohl nicht erst zu erläutern. Und die Textilprobe des Grabtuchs. selbst wenn damit nicht genehmigte Versuche durchgeführt werden sollten, könnten die Ergebnisse ohne offizielle Dokumente niemals anerkannt und somit ohne weiteres zurückgewiesen werden.«
»Es tut mir Leid.« Michael fiel ihm mit einer kraftlosen Entschuldigung ins Wort. »Ich dachte, Euer Eminenz wollten die Probe zurückbekommen.«
»Father Maloney, Sie hatten eindeutige Anweisungen. Ich habe Sie nicht nach Turin geschickt, um zu denken. Ich habe Sie nach Turin geschickt, um herauszufinden, wer die Textilprobe übernimmt und an wen sie letztendlich übergeben wird. Ihre Aufgabe bestand nicht darin, die Rückführung der Probe einzuleiten und dadurch einen außerordentlich wichtigen Gesetzgebungsprozess entscheidend zu gefährden.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, stieß Michael mit Mühe hervor.
»Sagen Sie nichts. Stattdessen gebe ich Ihnen den guten Rat, alles rückgängig zu machen, was Sie in die Wege geleitet haben, falls es noch nicht zu spät ist. Es sei denn, Sie haben vor, in nächster Zukunft eine kleine Gemeinde irgendwo in den Catskill Mountains zu übernehmen. Ich will nicht, dass die Grabtuchprobe konfisziert wird. Und ich will auch nicht, dass die amerikanischen Wissenschaftler ins Gefängnis kommen, womit das Schicksal, das sie erwarten würde, wohl zutreffender beschrieben wäre als mit dem von Ihnen gebrauchten Euphemismus. Aber vor allem will ich nicht, dass Senator Butler mich anruft, um mir mitzuteilen, dass er seine Vorlage zurückgezogen hat. Genau das dürfte er nach meiner Einschätzung aber tun, falls die Ereignisse, die Sie beschrieben
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