Die Operation
eine Frage«, sagte Stephanie. »Sind wir ab jetzt in Italien unerwünscht?«
»Was die Sache mit dem Gepäck angeht, da bin ich zuversichtlich, dass ich, wie man so schön sagt, reinen Tisch machen kann. Sie können jederzeit wieder nach Italien kommen, falls Sie das meinen.«
Stephanie drehte sich zu Daniel um. »Ich denke, ich könnte auch ohne die blutrünstigen Details leben. Und du?«
»Ich wohl auch«, sagte Daniel. »Aber ich möchte wissen, wer es geschafft hat, in unser Hotelzimmer einzudringen.«
»Darüber möchte ich auf gar keinen Fall sprechen«, erwiderte Michael schnell, »was nicht heißen soll, dass ich irgendetwas weiß.«
»Verraten Sie mir nur eines: War die betreffende Person ein Kleriker, ein gekaufter Profi oder vom Hotelpersonal?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen«, fügte Michael hinzu. »Es tut mir Leid.«
Nachdem Daniel und Stephanie sich damit abgefunden hatten, dass Michael sich zum Warum und Weshalb seines helfenden Eingreifens nicht äußern wollte, und nachdem ihnen klar geworden war, dass sie den italienischen Behörden durch das Überqueren der französischen Grenze tatsächlich entgehen würden, entspannten sie sich und genossen die Fahrt. Auf dem Weg in die schneebedeckten Alpen und durch den Skiort Limone Piemonte durchquerten sie eine spektakuläre Landschaft.
Auf der französischen Seite des Passes führte eine Straße, die buchstäblich in die schieren Felswände gemeißelt worden war, in die zerklüftete Gorge de Saorge hinab. In dem französischen Städtchen Sospel aßen sie zu Mittag. Als sie am Flughafen von Nizza ankamen, war es vierzehn Uhr.
Michael überreichte ihnen seine Visitenkarte und schrieb sich die Adresse des Ocean Club in Nassau auf wo Daniel ein Zimmer reserviert hatte. Er gab beiden die Hand, versprach, sich sofort nach seiner Ankunft in Turin um das Gepäck zu kümmern, und fuhr los.
Daniel und Stephanie sahen dem Fiat nach, bis er verschwunden war. Dann sahen sie einander an.
Stephanie schüttelte verwundert den Kopf. »So etwas Merkwürdiges!«
Daniel nickte. »Und das ist noch untertrieben.«
Stephanie stieß ein kurzes, spöttisches Lachen aus. »Ich möchte ja nicht nachtreten, aber weißt du noch, wie du dich gestern Morgen aufgespielt hast, dass es so einfach war, die Grabtuchprobe zu bekommen, und dass das ein Vorbote sei für das, was noch kommt, bezüglich Butlers Behandlung. Willst du das vielleicht zurücknehmen?«
»Das war unter Umständen ein wenig voreilig«, gab Daniel zu. »Aber es hat sich doch alles wieder eingerenkt. Wir verlieren natürlich ein, zwei Tage, aber von jetzt an dürfte eigentlich nicht mehr viel passieren.«
»Das kann ich nur hoffen«, sagte Stephanie. Sie legte sich die LaptopTasche über die Schulter. »Gehen wir mal rein und sehen wir, ob es Flüge nach London gibt. Das ist der erste Test.«
Sie betraten den Terminal und schauten auf die riesige elektronische Anzeigetafel mit dem Abflugplan. Fast gleichzeitig entdeckten sie einen Nonstopflug mit British Airways nach London, Abflug 15.50 Uhr.
»Siehst du«, sagte Daniel glücklich. »Bequemer könnte es nun wirklich nicht gehen.«
Kapitel 14
Donnerstag, 28. Februar 2002, 15.55 Uhr
»Heilige Scheiße!«, schrie Daniel. »Was, zum Teufel, machen Sie da? Wollen Sie uns alle umbringen?«
Daniel wand sich in seinem Sicherheitsgurt, die Hand gegen die Rückenlehne der Vorderbank des Taxis gestemmt, das zufälligerweise ein alter, schwarzer Cadillac war. Daniel und Stephanie waren soeben auf den Bahamas, genauer auf New Providence Island gelandet. Die Ausweis-und Zollkontrolle war angesichts ihres nicht vorhandenen Gepäcks eine reine Formalität gewesen. Das bisschen, was Daniel und Stephanie während ihres erzwungenen sechsunddreißigstündigen Aufenthaltes in London an Kleidung und Toilettenartikeln erstanden hatten, ließ sich bequem im Handgepäck transportieren. Vor allen anderen Passagieren ihres Fluges hatten sie den Terminal verlassen und waren in den ersten Wagen am Taxenstand eingestiegen.
»Mein Gott!«, stöhnte Daniel, als ein entgegenkommendes Fahrzeug rechts an ihnen vorbeizischte. Er drehte sich um und sah dem Auto hinterher, bis es verschwunden war.
Aufgeschreckt durch diesen Ausbruch, betrachtete der Taxifahrer seine Fahrgäste im Rückspiegel. »He, was ist denn los, Mann?«, fragte er drängend.
Daniel drehte sich wieder nach vorne, in ängstlicher Erwartung weiteren Gegenverkehrs. Die Farbe war komplett aus seinem Gesicht
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