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Die Operation

Titel: Die Operation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Hand.
    »Und bleich bist du auch.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Daniel. »Ich glaube, ich habe einen kleinen Zusammenbruch des vegetativen Nervensystems.«
    »Das klingt so medizinisch. Kannst du das auch normal ausdrücken?«
    »Ich bin einfach überreizt. Ich fürchte, ich hatte so was wie einen Adrenalinschub. Es tut mir Leid, aber Sex ist jetzt leider nicht mehr drin.«
    »Dafür musst du dich nicht entschuldigen.«
    »Ich denke doch«, erwiderte Daniel. »Ich weiß ja, dass du das gerne möchtest. Aber ich hatte schon auf dem Rückweg das Gefühl, als wäre mir das einfach zu viel.«
    »Kein Problem«, wiederholte Stephanie. »Das muss überhaupt nicht sein. Viel wichtiger ist mir, dass es dir wieder gut geht.«
    Daniel seufzte. »Mir geht es erst morgen wieder gut, wenn ich weiß, woran ich bin. Mit Unsicherheit bin ich noch nie gut zurechtgekommen, besonders dann nicht, wenn zu befürchten ist, dass es nicht gut ausgeht.«
    Stephanie umarmte ihn. Sie konnte das Herz in seiner Brust schlagen spüren.
    Später, nachdem Stephanie lange regungslos dagelegen hatte und ihre Atemzüge immer tiefer geworden waren, schob Daniel die Decke beiseite und glitt aus dem Bett. Er hatte nicht einschlafen können, so sehr hatten Hirn und Puls gerast. Er schlüpfte in einen Hotelbademantel und ging ins Wohnzimmer. Dort stellte er sich ans Fenster und schaute hinaus.
    Immer wieder dachte er an Heinrich Wortheims Katastrophen-Prophezeiung und daran, dass sie sich jetzt zu bewahrheiten schien. Das Problem war, dass er bei seinem Weggang aus Harvard verbrannte Erde zurückgelassen hatte. Wortheim würde ihn unter keinen Umständen wieder aufnehmen, ja, vielleicht würde er sogar versuchen, ihn bei anderen Instituten anzuschwärzen. Darüber hinaus hatte Daniel auch schon 1985, als er bei Merck gekündigt hatte, um wieder an die Universität zu gehen und die Stelle in Harvard anzunehmen, etliche Brücken hinter sich abgebrochen.
    Daniels Blick fiel auf die Champagnerflasche im Weinkühler. Er zog sie aus dem Wasser - das Eis war schon längst geschmolzen. Dann hielt er sie gegen das Licht, das zum Fenster hereinfiel. Sie war noch fast halb voll. Er schenkte sich ein Glas ein und probierte. Es schmeckte irgendwie fad, aber immer noch halbwegs kühl. Er nippte ein paar Mal daran und blickte wieder zum Fenster hinaus. Es war ihm klar, dass seine Angst vor einer Rückkehr nach Revere Beach, Massachusetts, irrational war, aber dadurch wurde sie nicht weniger real. In Revere Beach war er aufgewachsen, in einer Familie unter Führung eines unbedeutenden Geschäftsmanns, der für seine zahlreichen Fehler seine Frau und seine Nachkommen verantwortlich gemacht hatte, in erster Linie diejenigen, deren er sich geschämt hatte. Unglücklicherweise war seine Wahl meistens auf Daniel gefallen, da seine beiden älteren Brüder Sportsuperstars an der High School gewesen waren - eine Tatsache, die das empfindliche Ego ihres Vaters wenigstens ein klein wenig aufgepäppelt hatte. Im Gegensatz dazu war Daniel ein spindeldürres Bürschchen gewesen, dessen Interesse eher dem Schachspiel und der Herstellung von Wasserstoff aus Wasser, Abflussfrei und Aluminiumfolie gegolten hatte. Dass es Daniel gelungen war, an der Boston Latin School aufgenommen zu werden, wo er überragende akademische Leistungen brachte, beeindruckte seinen Vater überhaupt nicht. Für ihn war er weiterhin ohne jede Gnade der Sündenbock. Selbst die Stipendien für die Wesleyan University und anschließend für die Columbia Medical School hatten eigentlich nur bewirkt, dass er sich seinen Geschwistern eine Zeit lang entfremdet hatte.
    Daniel leerte das Champagnerglas und schenkte sich erneut ein. Während er weiter trank, dachte er an Senator Ashley Butler, den schwarzen Schatten seiner Gegenwart. Stephanie hatte behauptet, ihre Bemerkung über ihn und den Senator und die zwischen ihnen bestehende Ähnlichkeit sei nur Spaß gewesen. Ob das wirklich stimmte? Es war doch ein unglaublicher Zufall, dass er und der Senator aus solch ähnlichen Familienstrukturen stammten. Irgendwo in Daniels Hinterkopf regte sich der Gedanke, dass vielleicht sogar ein Körnchen Wahrheit in dieser Vorstellung stecken könnte. Schließlich, das musste Daniel zugeben, beneidete er diesen Mann um die Macht, mit der er seiner eigenen beruflichen Karriere ein Ende setzen konnte. Daniel stellte sein Glas auf das Tischchen und wandte sich wieder in Richtung Schlafzimmer. Langsam bewegte er sich durch

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