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Die Operation

Titel: Die Operation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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draußen bugsieren, aber nach ein paar Schritten blieb sie wieder stehen. Erneut entzog sie sich Daniels festem Griff und schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht. Wir haben gesehen, wie man auf jemanden geschossen hat, und der Mann ist garantiert schwer verletzt. Wir müssen einen Notarztwagen rufen und die Polizei verständigen.«
    »Sprich leiser!«, wiederholte Daniel drängend. Er blickte sich um. Gott sei Dank war niemand in der Nähe. »Der Muskelprotz ist tot. Du hast doch seinen Hinterkopf gesehen. Mit einer solchen Verletzung wird man nicht wieder gesund.«
    »Also noch ein Grund mehr, die Polizei zu rufen. Um Gottes willen, direkt vor unseren Augen ist ein Mord geschehen!«
    »Das stimmt, aber wir haben weder gesehen, wer es war, noch haben wir die leiseste Idee, wer es gewesen sein könnte. Erst haben wir einen Schuss gehört, und dann ist der Kerl umgefallen. Wir haben nichts weiter gesehen als das zu Boden stürzende Opfer: keine anderen Menschen, keine Fahrzeuge! Wir sind zwar Augenzeugen, aber außer der Tatsache, dass dieser Mann erschossen worden ist, haben wir nichts bemerkt, und das bekommt die Polizei bestimmt auch ohne unsere Hilfe mit.«
    »Trotzdem bleibt es dabei: Wir haben einen Mord beobachtet.«
    »Wir können aber nichts weiter zur Aufklärung beitragen. Darum geht es. Denk doch mal nach.«
    »Moment mal eben!«, sagte Stephanie und versuchte, etwas Ordnung in ihre völlig durcheinander geratene Gedankenwelt zu bringen. »Es kann sogar sein, dass du Recht hast, aber soviel ich weiß, ist es ein Verstoß gegen das Gesetz, wenn man ein Verbrechen beobachtet und es nicht meldet. Und das, was wir beobachtet haben, war definitiv ein Verbrechen.«
    »Ich habe keine Ahnung, ob das hier auf den Bahamas ein Gesetzesverstoß ist oder nicht. Aber selbst wenn es so sein sollte, finde ich, wir sollten das Risiko eingehen. Ich möchte einfach nicht, dass wir es zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit der Polizei zu tun bekommen. Außerdem habe ich nicht das geringste Mitleid mit dem Opfer, und da geht es dir vermutlich nicht anders. Nicht nur, dass er mich zusammengeschlagen hat, er hat auch gedroht, mich umzubringen und dich vielleicht mit dazu, verdammt nochmal. Ich befürchte, wenn wir zur Polizei gehen und in eine Morduntersuchung verwickelt werden -worauf wir nicht den geringsten Einfluss hätten -, dann gefährden wir das Butler-Projekt, und das so kurz vor dem Ziel. Langer Rede, kurzer Sinn: Wir würden alles aufs Spiel setzen wegen gar nichts. So einfach ist das.«
    Stephanie nickte ein paar Mal und fuhr sich nervös mit den Fingern durch die Haare. »Ich glaube, ich weiß, was du meinst«, sagte sie zögerlich. »Aber dann möchte ich dich etwas fragen: Du hast gedacht, dass mein Bruder etwas damit zu tun hat, dass du zusammengeschlagen worden bist. Glaubst du, dass er auch dieses Mal darin verwickelt ist?«
    »Beim ersten Mal musste dein Bruder einfach mit drinhängen. Dieses Mal allerdings habe ich meine Zweifel, weil der Kerl auch dich bedroht hat, im Gegensatz zum ersten Mal. Aber wer kann das schon mit Sicherheit sagen?«
    Stephanie hielt den Blick in die Ferne gerichtet. Ihr gesamtes Denken und Fühlen war ein einziges Tohuwabohu. Wieder einmal wusste sie nicht, wie sie sich entscheiden sollte, und wieder einmal lag das an einem starken Schuldgefühl. Sie fühlte sich letztendlich dafür verantwortlich, dass sie ihren Bruder mit ins Spiel gebracht hatte, der wiederum die Castiglianos mit hereingezogen hatte, die sich nunmehr ohne Zweifel als Mafiagangster entpuppt hatten.
    »Komm schon!«, drängte Daniel. »Gehen wir auf unser Zimmer und waschen uns. Wir können gerne noch weiter darüber reden, aber das kann ich dir gleich sagen: Ich bin fest entschlossen.«
    Stephanie ließ sich den Fußweg entlang zu ihrer Suite führen. Sie fühlte sich wie betäubt. Obwohl sie alles andere als eine Heilige war, hatte sie noch nie wissentlich das Gesetz übertreten. Es war ein merkwürdiges Gefühl, sich selbst wie eine Art Kriminelle zu fühlen, weil man ein Verbrechen beobachtet und nicht meldet. Ebenfalls merkwürdig war der Gedanke, dass ihr Bruder mit Leuten zu tun hatte, die fähig waren, einen Mord zu begehen, zumal eine solche Verbindung seinem Strafverfahren eine völlig neue Dimension verlieh. Außerdem machten sich nun auch die körperlichen Auswirkungen dieser aus nächster Nähe erlebten Gewalttat bemerkbar. Sie fing an zu zittern, währen ihr Magen Bocksprünge veranstaltete. Sie hatte

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