Die Operation
sehr unzufrieden, um es einmal ganz vorsichtig auszudrücken. Wir wissen weder, wie lange es dauert, bis sie erfahren, dass ihr Killer nicht mehr zurückkommt, noch können wir ahnen, wie sie darauf reagieren. Wir müssen aber davon ausgehen, dass sie denken, wir hätten ihn umgebracht.«
»Was schlägst du vor?«
»Wir heuern mit Butlers Geld einen bewaffneten Sicherheitsdienst an, der rund um die Uhr auf uns aufpasst. Das ist meines Erachtens eine absolut legitime Ausgabe, zumal es nur für anderthalb, höchstens zwei Wochen wäre.«
Stephanie seufzte resigniert. »Hast du im Telefonbuch welche gefunden?«
»Ja, da gibt es etliche. Was sagst du dazu?«
»Ich weiß es wirklich nicht«, gestand Stephanie.
»Ich finde, wir brauchen professionellen Schutz.«
»Na gut, wenn du meinst«, sagte Stephanie. »Aber vielleicht sollten wir auch ganz allgemein ein bisschen vorsichtiger sein. Keine Spaziergänge im Dunkeln mehr. Was haben wir uns eigentlich überhaupt dabei gedacht?«
»Im Rückblick war das wirklich dämlich, zumal ich zusammengeschlagen und gewarnt worden bin.«
»Aber zurück zur Gegenwart. Willst du zuerst in die Wanne? Sie ist jetzt voll.«
»Nein, geh du zuerst. Ich rufe mal ein paar von diesen Sicherheitsdiensten an. Je eher wir jemanden haben, desto besser fühle ich mich.«
Zehn Minuten später kam Daniel ins Badezimmer und setzte sich auf den Wannenrand. Er nippte immer noch an seinem Weinglas. Stephanie lag bis zum Hals im Schaumbad und ihr Glas war leer.
»Geht es dir jetzt besser?«, fragte Daniel.
»Viel besser. Hast du etwas erreicht?«
»Ja. In einer halben Stunde kommt jemand zu einem ersten Gespräch vorbei. Die Firma heißt First Security. Man hat sie mir vom Hotel aus empfohlen.«
»Ich denke immer wieder darüber nach, wer wohl diesen Kerl erschossen haben mag. Wir haben noch gar nicht darüber gesprochen, aber er hat uns ja gewissermaßen das Leben gerettet.« Stephanie stand auf, hüllte sich in ein Handtuch und trat aus der Wanne. »Das muss ein verdammt guter Schütze gewesen sein. Und wieso war er genau in dem Moment zur Stelle, als wir ihn gebraucht haben?«
»Hast du irgendeine Ahnung?«
»Nur eine einzige, allerdings ist die sehr weit hergeholt.«
»Ich höre.« Daniel fühlte die Wassertemperatur und begann heißes Wasser nachlaufen zu lassen.
»Butler. Vielleicht hat er zu unserem eigenen Schutz das FBI auf uns angesetzt.«
Daniel lachte, während er in die Wanne stieg. »Das wäre aber wirklich paradox.«
»Hast du eine bessere Idee?«
»Keine einzige«, gestand Daniel. »Höchstens, dass es vielleicht mit deinem Bruder zusammenhängt. Vielleicht hat er jemanden hergeschickt, der auf dich aufpassen soll.«
Jetzt musste Stephanie lachen, auch wenn ihr nicht danach zumute war. »Das ist ja noch weiter hergeholt als meine Idee!«
Als Hauptverantwortlicher für die Nachtschichten war Bruno Debianco an plötzliche Anrufe von seinem Boss Kurt Hermann gewöhnt. Dieser Mann kannte kein anderes Leben als das des Sicherheitschefs der Wingate Clinic, und da er auf dem Gelände wohnte, war er immer da und nervte Bruno mit allerhand unwichtigen Forderungen und Anweisungen. Manche kamen unerwartet und waren absolut lächerlich, aber das, was er heute von ihm wollte, schlug dem Fass den Boden aus. Kurz nach zehn hatte Kurt ihn auf dem Handy angerufen und ihn angewiesen, mit einem der schwarzen Wingate-Vans raus nach Paradise Island zum Huntington-Hartford-Kloster zu fahren. Bruno sollte nur anhalten, wenn auf der Straße nichts los war. In diesem Fall sollte er, noch bevor er anfing zu bremsen, die Scheinwerfer ausschalten. Wenn er angehalten hatte, sollte er zum Kloster hochlaufen, ohne in den Lichtschein der Bodenstrahler zu geraten. Dann würde Kurt ihn ansprechen.
Bruno wartete, bis die Ampel auf Grün geschaltet hatte. Er beschleunigte und fuhr auf die Brücke nach Paradise Island. Noch nie zuvor war er zu einer geheimen Mission außerhalb des Klinikgeländes geschickt worden. Und die Anweisung, einen Leichensack mitzubringen, ließ das Ganze in einem besonders merkwürdigen Licht erscheinen. Bruno überlegte, was um alles in der Welt da passiert sein konnte, aber ihm fielen nur Kurts Schwierigkeiten damals auf Okinawa ein. Bruno hatte mit Kurt zusammen in einer Spezialeinheit gedient und wusste, dass der Kerl eine merkwürdige Hassliebe für Nutten empfand. Es war wie eine Besessenheit gewesen, die auf der japanischen Insel urplötzlich ausgebrochen war und in
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