Die Operation
Krawatte. Selbst seine charakteristische, dunkel umrandete Brille hatte er abgelegt. Stattdessen trug er ein kurzärmeliges, hellgrünes, bahamaisches Hemd, gelbe Hosen und weiße Lederschuhe samt passendem Gürtel. Zusammen mit den teigig fahlen, behaarten Armen, die anscheinend noch nie das Tageslicht, geschweige denn die Sonne erblickt hatten, verkörperte er die Karikatur eines Touristen. Seine blau gefärbte modische Sonnenbrille schmiegte sich eng an sein Gesicht wie die eines Radrennfahrers. Ebenfalls neu war ein starrer Gesichtsausdruck, den Daniel und Stephanie zuvor nicht bemerkt hatten.
»Herzlich willkommen, meine lieben, lieben Freunde«, salbaderte Ashley. Sein Akzent klang vertraut, seine sehr eintönige Stimme jedoch nicht. »Ihr Anblick erfreut meine trüben Augen wie die Kavallerie, die gerade noch zum rechten Zeitpunkt auftaucht. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie groß meine Freude ist, Ihre hübschen, intelligenten Gesichter zu sehen. Verzeihen Sie, dass ich nicht aufgesprungen bin, um Sie angemessen zu begrüßen. Ich wünschte, ich könnte es, aber leider hat die wohltuende Wirkung meiner Medikamente seit unserer letzten Begegnung erheblich nachgelassen.«
»Bleiben Sie sitzen, bitte«, sagte Daniel. »Wir freuen uns ebenfalls, Sie zu sehen.«
Er trat zu ihm und schüttelte ihm die Hand, bevor er sich auf das Ashley gegenüberstehende Sofa setzte.
Nach kurzer Unentschlossenheit setzte sich Stephanie direkt neben Daniel und versuchte zu lächeln. Carol Manning saß lieber etwas abseits auf dem Schreibtischstuhl. Sie hatte ihn herumgedreht, sodass sie ins Zimmer blicken konnte.
»Nachdem wir während des vergangenen Monats nur sehr eingeschränkt kommunizieren konnten, musste ich mich weitgehend auf die Hoffnung verlassen, dass Sie auch tatsächlich hier erscheinen würden«, gestand Ashley. »Der einzige ermutigende Hinweis darauf, dass Sie Fortschritte erzielen, war das durchaus bemerkenswerte und erbarmungslose Schwinden der Rücklagen, die ich Ihnen zur Verfügung gestellt hatte.«
»Wir mussten etliche herkulische Anstrengungen unternehmen, die wir Ihnen im Detail lieber verschweigen wollen«, erwiderte Daniel.
»Ich hoffe, Sie wollen damit ausdrücken, dass Sie bereit sind, den nächsten Schritt zu wagen.«
»Hundertprozentig«, sagte Daniel. »Tatsache ist, dass wir alles vorbereitet haben. Die Implantation kann morgen Früh um zehn Uhr in der Wingate Clinic stattfinden. Wir hoffen, dass Sie auf ein solch schnelles Vorgehen eingestellt sind.«
»Je früher, desto besser, wenn es nach mir altem Burschen vom Lande geht«, sagte Ashley. Er war jetzt ernster geworden, sein sonst üblicher Südstaatenakzent war nur noch andeutungsweise zu hören. »Ich fürchte, meine degenerative Erkrankung wird sich nicht mehr länger vor den Medien geheim halten lassen.«
»Dann liegt es ja in unserem gemeinsamen Interesse, die Implantation hinter uns zu bringen.«
»Kann ich denn davon ausgehen, dass Sie die mühsame Aufgabe der Herstellung von Aktivzellen, die Sie mir vor einem Monat beschrieben haben, erfolgreich zu Ende bringen konnten?«
»Das können Sie«, sagte Daniel. »Zu verdanken ist das in erster Linie Dr. D’Agostinos Geschicklichkeit.« Daniel drückte Stephanies Knie.
Es gelang ihr für kurze Zeit, ein noch breiteres Lächeln aufzusetzen.
»Wir haben«, fuhr Daniel fort, »während der letzten Woche vier separate Zelllinien mit Dopamin produzierenden Neuronen geschaffen, die exakte Klone Ihrer Zellen darstellen.«
»Vier?«, fragte Ashley ohne jeden Akzent. Er fixierte Daniel, ohne ein einziges Mal zu blinzeln. »Warum so viele?«
»Lediglich um eine gewisse Sicherheit zu haben. Wir wollten wirklich absolut sichergehen, dass wir zumindest eine Linie zur Verfügung haben. Jetzt können wir uns eine aussuchen. Sie sind alle gleich gut zur Behandlung geeignet.«
»Sollte ich für den morgigen Tag noch irgendetwas beachten, abgesehen davon, dass ich meinen kranken Körper in die Wingate Clinic befördern muss?«
»Nur die üblichen präoperativen Einschränkungen, also keine feste Nahrung mehr nach Mitternacht. Außerdem wäre es uns lieber, wenn Sie morgen Früh keine Medikamente mehr nehmen würden, falls das möglich ist. Bei unseren Tierversuchen haben wir unmittelbar nach der Implantation rasante Fortschritte beobachtet, und wir erwarten bei Ihnen dasselbe. Die Medikamente würden diesen Effekt verschleiern.«
»Einverstanden«, sagte Ashley einsichtig. »Ich möchte das
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