Die Operation
Ashley sich erheblich zufriedener und ruhiger als nach etlichen großen Gläsern seines Lieblingsbourbons, und das, obwohl er in einem gekachelten Operationssaal auf einem Operationstisch saß, die Lehne so hoch geklappt, dass sie ihm eine sitzende Position ermöglichte, die Arme weit ausgebreitet und an Armstützen festgebunden. Selbst sein Zittern hatte nachgelassen, oder zumindest nahm er es nicht mehr wahr. Er trug ein dünnes Operationshemdchen, die stämmigen, teigig weißen Beine nach vorne gestreckt. Seine bloßen, trockenen Füße mit den sich überkreuzenden Zehen und den gebogenen gelben Zehennägeln zeigten hoch zur Decke. In einem Arm steckte die Infusion und um den anderen war ein Blutdruckmesser befestigt. An seiner Brust waren EKG-Kabel angebracht, die zu einem Gerät führten, dessen Piepsen den Raum erfüllte.
Mit Hilfe eines Maßbandes, eines Stiftes und eines Rasiermessers bereitete Dr. Nawaz Ashleys Kopf für die Montage des stereotaktischen Rahmens vor. Ashley hatte ihn bereits neben einer ganzen Anzahl steriler Instrumente auf einem zugedeckten Tisch an der Seite entdeckt. Obwohl der Rahmen ihn stark an ein Folterinstrument erinnerte, blieb Ashley in seinem benebelten Zustand davon unbeeindruckt. Auch die Anwesenheit von Dr. Lowell und Dr. D’Agostino, die zusammen mit Dr. Spencer Wingate und Dr. Paul Saunders hinter einem Fenster aufgetaucht waren, das den Blick in den Vorraum des Operationssaales ermöglichte, störte ihn nicht. Die Viererbande trug Operationskleidung und er hatte den Eindruck, dass sie die Vorbereitungen für die Operation als eine Art Privatvergnügen betrachteten. Ashley hätte ihnen gerne zugewunken, aber er konnte nicht. Seine Hände waren ja festgebunden. Abgesehen davon war es schon schwer genug, die Augen offen zu halten, vom Heben der Arme ganz zu schweigen.
»Ich beginne jetzt damit, kleine Stellen an der Seite und am Hinterkopf zu rasieren und vorzubereiten«, sagte Dr. Nawaz. Dabei reichte er den Stift und das Maßband an die Schwester Marjorie Hickam weiter, die als Springerin dafür zu sorgen hatte, dass alles Benötigte griffbereit lag. »An diesen Stellen wird der Rahmen an Ihrem Kopf befestigt, so, wie ich es Ihnen vorhin erklärt habe. Haben Sie verstanden, Mr Smith?«
Es dauerte einen Augenblick, bis Ashley sich an seinen Decknamen erinnert hatte und ihm klar wurde, dass er gemeint war. »Ich glaube schon«, antwortete er mit undeutlicher, gleichförmiger Stimme. »Vielleicht könnten Sie mir auch das Gesicht rasieren, wo Sie gerade dabei sind. Ohne die Medikamente habe ich, so fürchte ich, heute Morgen kaum etwas Vernünftiges zustande gebracht.«
Dr. Nawaz lachte angesichts dieses unerwarteten Scherzes, und die anderen Anwesenden taten es ihm nach, darunter auch die Schwester Constance Bartolo, die Dr. Nawaz am OPTisch assistieren sollte. Sie trug bereits Kopfschutz und Handschuhe und stand wie eine Wachsoldatin neben dem Tisch mit dem Rahmen und den Instrumenten.
Ein paar Minuten später trat Dr. Nawaz zurück und betrachtete das Ergebnis seiner Bemühungen. »Ich würde sagen, das sieht ganz gut aus. Ich husche kurz raus und wasche mir die Hände. Anschließend decken wir alles ab und dann können wir anfangen.«
Trotz der grauenhaften Aussicht, in Kürze ein Loch in den Schädel gebohrt zu bekommen, fiel Ashley während der Wartezeit in einen friedlichen, traumlosen Schlummer. Schon bald war er wieder ein bisschen wacher, als sterile Tücher über ihn gebreitet wurden, schlief aber schnell wieder ein. Was ihn ein paar Minuten später erneut aufweckte, war ein plötzlicher, schneidender Schmerz an der rechten Schädelseite. Unter großen Mühen gelang es ihm, seine schweren Augenlider teilweise zu öffnen. Er versuchte sogar, trotz der Fesseln den rechten Arm zu heben.
»Ganz ruhig!«, sagte Dr. Newhouse. Er stand seitlich hinter Ashley. »Es ist alles in Ordnung!« Besänftigend legte er seine Hand auf Ashleys Arm.
»Ich injiziere lediglich ein paar Lokalanästhetika«, erläuterte Dr. Nawaz. »Möglicherweise spüren Sie ein leichtes Stechen an insgesamt vier Stellen.«
»Leichtes Stechen!« Ashley staunte stumm und benommen. Das war wieder einmal typisch Arzt, die Symptome einfach herunterzuspielen. Dabei erinnerte der Schmerz eher an ein glühend heißes Messer, das ihm den Skalp vom Schädel trennte. Doch gleichzeitig fühlte sich Ashley merkwürdig distanziert, als beträfe der Schmerz jemand anderen, während er selbst das Ganze nur
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