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Die Operation

Titel: Die Operation
Autoren: Robin Cook
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gleiten.
    Nachts war der Blick aus dem Inneren der Suite nicht annähernd so spektakulär wie tagsüber, da die Weiten des Meeres die Farbe von Rohöl hatten. Vom Balkon, den Ashley unverzüglich betrat, sah die Sache jedoch schon ganz anders aus. Er legte die Hände auf die kühle, steinerne Balustrade, beugte sich nach vorne und ließ den Blick über den gigantischen, halbkreisförmigen Wasserpark gleiten, der sich vor seinen Augen ausbreitete. Mit seiner verschwenderischen Fülle an Schwimmbecken, Wasserfällen, Fußwegen und Aquarien, die allesamt unkonventionell beleuchtet waren, war er nach den Anstrengungen des Tages ein Fest für die Augen.
    Carol verschwand in ihrem Zimmer, während Daniel an die Schwelle zum Balkon trat. Einen Augenblick lang betrachtete er Ashley, wie er die Augen schloss und seinen Kopf in die kühle, tropische Brise reckte, die vom Meer herüberwehte. Der Wind fuhr ihm durch die Haare und das Bahamas-Hemd, aber davon abgesehen stand er regungslos da. Daniel überlegte, ob Ashley vielleicht betete oder sonst irgendwie im persönlichen Gespräch mit seinem Gott war, da er jetzt annahm, dass er in seinem Gehirn die Gene Jesu Christi trug.
    Auf Daniels Gesicht zeigte sich ein leichtes Lächeln. Mit einem Mal war er, was den Behandlungserfolg anging, wieder zuversichtlicher, als er es seit dem Anfall im Operationssaal gewesen war, und er verspürte mehr Optimismus, als er nach dem Betrachten der Aufnahmen aus dem Computertomografen für möglich gehalten hatte. Allmählich glaubte er, dass ein Wunder geschehen sein musste.
    »Herr Senator!«, rief Daniel, nachdem fünf Minuten verstrichen waren, ohne dass Ashley auch nur einen Muskel gerührt hätte. »Ich möchte Sie nicht belästigen, aber ich glaube, ich gehe jetzt auf mein Zimmer.«
    Ashley drehte sich um. Anscheinend war er überrascht, Daniel dort stehen zu sehen. »Ach, Dr. Lowell!«, rief er. »Wie schön, Sie zu sehen!« Er stieß sich von der Brüstung ab und kam direkt auf Daniel zu. Noch bevor Daniel wusste, wie ihm geschah, fand er sich in einer Umarmung wieder, die Arme seitlich an den Körper geklemmt.
    Ein wenig peinlich berührt ließ Daniel die Umarmung zu, obwohl er sich fragte, ob er überhaupt eine Wahl hatte. Der stämmige Ashley war um so vieles größer und schwerer als Daniel mit seinem schlanken und vergleichsweise knochigen Körperbau. Die Umarmung dauerte länger, als es Daniel angebracht erschien, aber gerade, als er etwas sagen wollte, ließ Ashley ihn los und trat einen Schritt zurück, wobei er eine Hand auf Daniels Schulter ruhen ließ.
    »Mein lieber, lieber Freund«, sprudelte Ashley hervor. »Ich möchte Ihnen aus tiefstem Herzen danken für alles, was Sie getan haben. Sie sind ein Prachtexemplar Ihres Berufsstandes.«
    »Nun, danke, dass Sie das sagen«, murmelte Daniel. Er spürte, dass er rot wurde, und es war ihm peinlich.
    Da kam Carol aus ihrem Zimmer und rettete Daniel. »Ich wollte gerade gehen«, rief Daniel ihr zu.
    »Schlafen Sie sich ordentlich aus!«, ordnete Ashley an, ganz so, als wäre er der Arzt. Er versetzte Daniel einen Klaps auf den Rücken, der so heftig war, dass Daniel einen Ausfallschritt machen musste, um das Gleichgewicht zu halten. Dann drehte Ashley sich um und kehrte zu seinem Platz an der Balustrade zurück, wo er dieselbe meditative Haltung einnahm wie vorhin.
    Carol begleitete Daniel zur Tür. »Muss ich noch etwas Bestimmtes beachten oder machen?«, fragte sie.
    »Nichts, was ich Ihnen nicht schon gesagt habe«, meinte Daniel. »Er macht ja einen sehr guten Eindruck. Es geht ihm auf jeden Fall besser, als ich erwartet habe.«
    »Sie können sehr stolz auf sich sein.«
    »Tja, nun ja, kann sein«, stammelte Daniel. Er wusste nicht genau, ob sie sich damit auf Ashleys momentanen Zustand bezog oder ob es eine sarkastische Bemerkung angesichts der Komplikationen war. Ihrem Tonfall war das ebenso wenig zu entnehmen wie ihrem breiten, ausdruckslosen Gesicht.
    »Worauf genau soll ich denn achten?«, wollte Carol wissen.
    »Auf jede Veränderung in seinem Gesundheitszustand oder seinem Verhalten. Ich weiß, dass Sie keine medizinische Ausbildung haben, also bemühen Sie sich eben, so gut Sie können. Es wäre mir lieber gewesen, wenn er die heutige Nacht in der Klinik verbracht hätte, da wir dort seine lebenswichtigen Funktionen besser überwachen können, aber es sollte nicht sein. Er hat einen sehr starken Willen.«
    »Und das ist noch untertrieben«, erwiderte Carol. »Ich
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