Die Operation
»Diese Firma am Leben zu halten, das ist, als müsste man ein leckgeschlagenes Boot mit einem Fingerhut leer schöpfen. Die Investoren wollen erst dann in die zweite Finanzierungsphase einsteigen, wenn ich ihnen verrate, weshalb ich mir so sicher bin, dass Butlers Vorlage im Unterausschuss stecken bleibt. Aber das kann ich ihnen nicht sagen, weil es dann auf jeden Fall herauskommen würde, und dann würde Butler höchstwahrscheinlich seine Zusage zurückziehen und die Vorlage würde als Gesetz verabschiedet werden. Und dann ist alles aus.«
»Wie viel Geld haben wir noch übrig?«
»Fast gar nichts mehr«, stöhnte Daniel. »In ungefähr einem Monat sind wir am Ende der Fahnenstange angelangt, genau dann, wenn die Gehälter fällig werden.«
»Damit haben wir doch genau den Monat, den wir für Butlers Behandlung brauchen«, sagte Stephanie.
»Na, da haben wir aber Glück gehabt«, höhnte Daniel voller Sarkasmus. »Es kotzt mich an, dass wir all unsere Forschungsarbeiten unterbrechen und uns mit einem Kerl wie Butler und womöglich auch noch mit diesen ReproduktionsAffen in Nassau abgeben müssen. Die medizinische Forschung in diesem Land steckt im Würgegriff der Politik, und das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Unsere Gründerväter, die auf der Trennung zwischen Staat und Kirche bestanden haben, müssen sich doch im Grab herumdrehen, so wie diese paar Politiker ihren angeblichen Glauben dazu benutzen, den zweifellos größten Fortschritt in der Geschichte der Medizin aufzuhalten.«
»Na ja, wir wissen doch, was hinter diesen technologiefeindlichen Strömungen gegen die Biotechnologie steckt«, sagte Stephanie.
»Was meinst du damit?«
»In Wirklichkeit geht es doch um Abtreibung«, sagte Stephanie. »Im Grunde wollen diese Demagogen erreichen, dass eine befruchtete Eizelle bereits als menschliches Wesen mit sämtlichen dazugehörigen Grundrechten betrachtet wird, ganz egal, wie diese Eizelle befruchtet wurde und was sie in der Zukunft zu erwarten hat. Das ist ein lächerlicher Standpunkt, aber wenn es tatsächlich so weit käme, dann könnten wir alles vergessen, was seither an Fortschritten in der Abtreibungsfrage erzielt worden ist.«
»Wahrscheinlich hast du Recht«, meinte Daniel. Er atmete aus, und es klang, als würde Luft aus einem Reifen entweichen. »Es ist wirklich absurd. Was werden spätere Generationen von uns halten, wenn wir zulassen, dass etwas so Persönliches wie das Problem der Abtreibung die Entwicklung einer ganzen Gesellschaft auf Jahre hinaus lähmt? Wir haben viele unserer Vorstellungen bezüglich der Menschenrechte, der Regierungsform und auf jeden Fall unsere Rechtsgrundlagen von den Engländern übernommen. Warum nicht auch den Umgang mit der Reproduktions-und Bioethik?«
»Das ist eine gute Frage, aber darüber nachzugrübeln, bringt uns im Augenblick kein Stück weiter. Was ist aus deiner Begeisterung für das Butler-Projekt geworden? Lass uns Nägel mit Köpfen machen! Sobald wir ihn behandelt haben, kann er sich nicht mehr davor drücken, seinen Teil der Abmachung einzuhalten, auch dann nicht, wenn das Ganze an die Öffentlichkeit dringen sollte, weil wir ja die von ihm unterschriebene Vereinbarung haben. Ich will damit sagen, wenn er wieder gesund ist, dann kann er den Medien gegenüber einfach behaupten, dass sämtliche Anschuldigungen politisch motiviert seien. Aber eine unterschriebene Vereinbarung lässt sich nicht so einfach vom Tisch wischen.«
»Da hast du Recht«, gab Daniel zu.
»Was ist denn eigentlich mit Butlers Geld?«, fragte Stephanie. »Ich habe den Eindruck, als wäre das im Augenblick die Schlüsselfrage. Hat sich da etwas getan?«
»Ich habe vergessen nachzusehen.« Daniel wandte sich seinem Computer zu und kontrollierte das Postfach seiner speziell für Butler eingerichteten E-Mail-Adresse. »Hier ist eine Nachricht, die muss von Butler sein. Sie ist mit einem verschlüsselten Anhang versehen. Das sieht viel versprechend aus.«
Daniel öffnete den Anhang. Stephanie kam um den Schreibtisch herum und blickte ihm über die Schulter.
»Ich würde sagen, das sieht sehr viel versprechend aus«, sagte sie. »Er hat uns eine Kontonummer von einer Bank auf den Bahamas geschickt, und es sieht so aus, als könnten wir beide dort Geld abheben.«
»Hier ist auch ein Link zur Homepage der Bank«, sagte Daniel. »Mal sehen, ob wir den Kontostand abfragen können. Dann wissen wir, wie ernst Butler es wirklich meint.«
Ein paar Mausklicks später ließ
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