Die Opfer des Inzests
es in meins einzuführen, in mein Kindergeschlecht.
Ich drehte den Kopf auf die Seite und schloß die Augen. Fragen überstürzten
sich in meinem Kopf. ›Ist das wirklich normal? Warum weiß dann Mama nichts
davon?‹
Plötzlich fühlte ich einen
schrecklichen Schmerz. Ich brüllte. Mein Vater hielt mir den Mund zu und
blickte hastig von rechts nach links, wie um sicherzugehen, daß niemand kam.
›Tu das nie wieder, hast du verstanden!‹
Er ließ die Hand auf meinem Mund
liegen, während er seinen Penis in mir bewegte. Mit der anderen Hand drückte er
einen meiner Arme so fest, daß ich glaubte, er würde brechen. Dann hörte er
endlich mit einem tiefen Seufzer auf und säuberte sich mit einem Handtuch. Ich
weinte immer noch.
Jetzt ist es aber genug‹, fuhr er mich
an. ›Es ist vorbei. Steh auf. Wir fahren nach Hause. Und denk dran: wenn du
auch nur ein Wort davon erzählst, prügle ich dich und deine Mutter windelweich.‹
Vor unserer Haustür, bevor wir
reingingen, hielt er mir noch einmal wortlos die Faust unter die Nase. Ich
wußte, was das bedeutete.
Mama hatte sich große Sorgen gemacht,
weil wir so lange weg gewesen waren. Als sie sah, daß ich geweint hatte, fragte
sie, was los sei. Mein Vater antwortete für mich.
›Sie hat Angst gehabt, ganz allein im
Dunkeln am Straßenrand. Was für ein Glück, daß ich zufällig vorbeigefahren bin.
Wäre ich nicht gewesen, würde sie jetzt noch da stehen.‹
Ich brachte beim Essen keinen Bissen
herunter, ich wollte nur eins: meine Kleider ausziehen und mich waschen.
Als ich auf die Toilette ging, brannte
es so entsetzlich, daß ich mir die Faust in den Mund schob, um nicht zu
schreien.
Als ich im Bett lag, hatte ich Angst,
daß mein Vater hereinkommen würde. Ich war inzwischen überzeugt davon, daß mir
etwas Abnormales widerfahren war. Warum mir? Warum hatte mein Vater das getan?
Ich liebte Mama zu sehr, um ihr davon zu erzählen.
Ich stand wieder auf, zog meinen
Schlafanzug aus und betrachtete mich im Spiegel. Nur ein kleines Mädchen ohne
jegliche Rundungen. Mein Vater schnarchte im Nebenzimmer. Ich öffnete das
Fenster. Ich wollte springen. Mir weh tun. So weh, daß er mich nicht wieder
würde anfassen können. Nie wieder. Ich wollte schreien. Aber ich weinte nur
leise vor mich hin.
Von diesem Tag an paßte ich im
Unterricht überhaupt nicht mehr auf. Ich versuchte, meine Angst vor meiner
Mutter zu verbergen. Ich begleitete meinen Vater sogar weiterhin zum Angeln.
Das gab ihm eines Tages an einer abgeschiedenen Stelle die Gelegenheit, seine
perverse Tat zu wiederholen.
Ich war angewidert. Ich kapselte mich
noch mehr von der Welt ab, von der Schule, meiner Familie. Ich sprach nicht
mehr mit meinem Bruder Julien. Was hätte ich ihm sagen sollen? Ihm von diesem
Grauen erzählen? Unmöglich.
Eines Abends nach dem Fußballtraining
sah ich meinen Vater auf seinem Motorrad heranfahren. Ich wußte, was passieren
würde. Inzwischen verstand ich sofort. Meiner Mutter würde er erzählen, er sei
gekommen, um sich mit dem Trainer zu unterhalten. Ich verfluchte ihn. Er war
nicht mehr mein Vater.
Ich liebte Fußball, und doch beschloß
ich, es aufzugeben. Kein Angeln mehr, kein Sport, nichts. Ich fing an, in der
Schule zu rauchen. Ich machte blau, um mich mit Freunden herumzutreiben. Ich
lernte auch andere Zigaretten kennen: Joints.
Ich weiß nicht, wie ich in diesem Jahr
die Versetzung in die fünfte Klasse schaffte. Ich war so verzweifelt. Ich
tröstete mich mit Malen. Ich stellte ein dickes Album mit Walt-Disney-Figuren
zusammen, und wenn es mir schlechtging, zeichnete ich sie ab.
Mein Vater ging immer noch abends aus.
Julien beschimpfte Mama oft. Er hatte Angst! Er konnte — ebenso wie ich — nicht
verstehen, daß Mama immer noch nach draußen ging, um unseren Vater zu begrüßen,
wenn sie ihn in der Garage hörte. Wie konnte sie ihn noch immer lieben?
Eines Nachts kam mein Vater in mein
Zimmer. Sophie schlief im Nebenzimmer. Er bedeutete mir mit Handzeichen, still
zu sein und ihm zu folgen. Ich konnte es nicht fassen. Er würde es doch wohl
nicht hier im Haus machen, wo meine Mutter und meine Schwester ganz in der Nähe
waren!
Mein Vater schubste mich die Treppe
hinunter ins Erdgeschoß. Ich wußte, daß einige Stufen knarrten. Ich trat sie
bewußt besonders fest auf. Mein Vater merkte es und bestrafte mich mit einem
brutalen Faustschlag in den Rücken.
Im Eßzimmer breitete er die Sofadecke
auf dem Boden aus und legte ein Handtuch daneben. Er
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