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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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beunruhigend. Ich hielt mich für jung und hip, und jetzt entdeckte ich langsam, dass ich doch schon einer älteren Generation angehörte. Vermutlich würde es solche Momente häufiger geben, wenn ich vierzig geworden war.
    Ich setzte mich in den von der Sonne gewärmten Range Rover und holte mein Handy hervor.
    Trevor Symes, der Geologe, der mir eine SMS wegen seines Berichts geschickt hatte, war überrascht, von mir zu hören, vor allem an einem Sonntag. Ich erklärte, es habe nichts mit der Untersuchung zu tun, sondern ich bräuchte seinen Sachverstand wegen etwas anderem.
    »Es geht auch nicht direkt um Eiszeitgeologie, aber ich bin überzeugt, dass Sie mir helfen können. Ich bin auf der Halbinsel Loop Head in Clare. Ich weiß, dass der Meeresspiegel seit der letzten Eiszeit hier angestiegen ist, aber ich bin mir nicht sicher, in welchem Ausmaß. Können Sie mich da aufklären?«
    »Ich werde es versuchen. Eine Sache, die mir sofort einfällt – vor zwölftausend Jahren befand sich der Rand des Eisschilds nur wenige Kilometer nördlich von dort, wo Sie jetzt sind. Und das Eis band so viel Wasser, dass die Küstenlinie der heutigen Loop-Head-Halbinsel fast fünfzig Kilometer weiter draußen im Atlantik lag. Dann fing das Eis zu schmelzen an.«
    Ich selbst fing ebenfalls zu schmelzen an. Ich öffnete das Fenster, damit die Hitze entweichen konnte. »Und mit welcher Geschwindigkeit steigt das Meer seitdem?«
    »Ich wusste, Sie stellen die schwierigen Fragen. Gehen wir erst ein bisschen zurück. Der Meeresspiegel ist in den letzten
zwanzigtausend Jahren weltweit um mehr als hundertzwanzig Meter gestiegen.«
    Ich rechnete rasch im Kopf. »Das würde bedeuten, sechs Meter alle tausend Jahre. Kommt das hin?«
    »Nein. Und zwar weil der größte Teil des Anstiegs, unterstützt durch die Eisschmelze, bis vor etwa sechstausend Jahren stattgefunden hatte. Seither steigt der Meeresspiegel wesentlich langsamer, aber die Geschwindigkeit kann von allen möglichen lokalen Ereignissen beeinflusst werden. Der Meeresboden kann absacken, Erdbeben und Tsunamis können Küstenlinien verändern, dann haben wir das Wirken der Wellen, Stürme, Erosion und so weiter. Es gibt auch Orte, wo Land als Folge von Vergletscherung in Relation zum Meer tatsächlich ansteigt. Und beides kann gleichzeitig passieren, selbst in einem kleinen Land wie Irland. Grob gesagt hebt sich der Norden der Insel, während der Süden langsam versinkt. Deshalb gibt es erhöhte Strände in Donegal und versunkene Wälder in der Shannon-Mündung.«
    »Und manches davon ist passiert, als es schon Menschen gab. Aber was mich eigentlich interessiert, ist die frühe geschichtliche Zeit.«
    »Und genau da wird mein Bild unscharf, fürchte ich. Ich habe ein paar unzusammenhängende Fetzen im Kopf – ein Anstieg von weniger als tausend Metern pro Jahrtausend seit der Jungsteinzeit an manchen Orten, über zwei Meter an anderen.«
    »Hm. Ich weiß, es ist ein ganz anderes Fachgebiet, aber es gibt Volkserzählungen und mittelalterliche Dokumente, die sich auf ein Ereignis beziehen, das den Meeresspiegel im frühen Mittelalter verändert hat. Es gibt zum Beispiel die Legende von einer versunkenen Kirche in der Shannon-Mündung. Einen Bericht, der klingt, als habe ein Tsunami die Küste
zu Beginn des neunten Jahrhunderts überflutet. Und es gibt eine Klosterinsel hier in der Nähe, die jäh vom Festland abgetrennt worden zu sein scheint. All das deutet auf einen plötzlichen Anstieg des Meeresspiegels hin. Was halten Sie von solchen Dingen?«
    »Ich würde auf jeden Fall schauen, ob es dafür überprüfbare Belege gibt. Aber wenn ich es wissenschaftlich nicht verifizieren kann, würde ich einen Bogen darum machen.«
    »Ohne Beweise also, aber ein solches Ereignis mutig mit eingerechnet – um wie viel, glauben Sie, könnte das Meer in diesem Gebiet während der letzten fünfzehnhundert Jahre gestiegen sein?«
    »Mein Instinkt sagt mir, nicht mehr als zwei Meter. Aber falls es ein geologisches Ereignis gegeben hat, wie von Ihnen beschrieben, würde ich es riskieren, auf drei hinaufzugehen.«
    »Danke, Trevor, das ist wahrscheinlich alles, was ich brauche.«
    »Wozu?«
    »Um selbst ein bisschen was zu riskieren.«
    Ich wollte eben losfahren, als ein Trio von Festköniginnen an meinem offenen Fenster vorbeikam.
    »Dad sagt, der Mörder treibt sich immer noch herum und könnte heute Abend beim Festball sein.«
    »Er wollte dir nur Angst machen, damit du nicht an dem Wettbewerb

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