Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
Vom Netzwerk:
fünfhundert Tonnen Fracht beladenes Segelschiff mit Ziel New Orleans, wurde am letzten Januartag als auf See verloren gemeldet. Man nimmt an, dass das Schiff die Nordspitze Irlands umrundet hatte, als es in einen unbarmherzigen Nordweststurm geriet, der sie die gefährliche Atlantikküste hinuntertrieb. Am 31. Januar wurde sie bei Tagesanbruch von der Küstenwache vom Lookout Cliff bei Kilkee gesichtet. Das Segelschiff ritt von zwei Ankern gehalten in der Bucht unter ihr, die Trosse waren zum Zerreißen gespannt und bewahrten es nur mit Mühe davor, von Wellen, welche die halbe Höhe der Klippen erreichten, gegen die Felsen geschleudert zu werden.
    Bis Mittag hatte sich eine große Menge auf den Höhen über der Bucht versammelt. Die Menschen konnten nichts tun, als für die vierzehn Seelen an Bord des Schiffs zu beten, das inzwischen ohne Masten war und einzig von seinen Ankern abhing, während es von gewaltigen Wellen, die vielfach über es hinweggingen, vor- und zurückgeworfen wurde. Zuletzt wurde die Belastung zu groß, die Trosse rissen, und das Schiff wurde von der Wut
des Sturms unter die Klippen getrieben. In diesem Moment sahen die Zuschauer einige Besatzungsmitglieder sowie ein junges Paar an Deck kommen. Doch als sie erkannten, wie hoffnungslos alles war, machten sie sich wieder auf den Weg nach unten, um dort ihr Schicksal zu erwarten. Dabei wurde der Ehemann von einer Welle über Bord gespült. Seine Frau, die ein lavendelblaues Kleid getragen haben soll, fiel sofort betend auf die Knie. Augenblicke später wurde der Gatte von der Dünung an die Schiffswand zurückgetragen. Die Frau warf sich darauf neben ihn ins Meer, und zusammen versanken sie in den Wellen. Eine große Woge, die von den Klippen zurücklief, trug das Schiff wieder vom Land fort, eine weitere hereinkommende Welle brachte es zum Kentern, die Ladung brach durch den Rumpf, und die Intrinsic ging unter.
    An diesem Punkt legte Kim den Finger auf die Seite. Wir hörten beide auf zu lesen und sahen einander an. »Was hatte ein solches Paar auf einem Frachtschiff verloren?«, sprach Kim meine Gedanken aus.
    »Ich glaube, das kann ich beantworten.« Costello war zurückgekommen und hatte sie gehört. »Anscheinend waren sie frisch verheiratet und reisten nach New Orleans, um ein neues Leben zu beginnen. Vielleicht hatten sie Verbindungen zum Kapitän oder zu den Eignern des Schiffs.« Er setzte sich wieder zu uns, trank einen letzten Schluck von seinem Guinness und rülpste dann laut. »Herrje, tut mir leid. Das hat mich jetzt überrascht.« Er lächelte verlegen und zeigte seine großen Zähne. Plötzlich schnellte sein Kopf nach vorn.
    »Und das bestimmt auch.« Mahon war zurückgekommen und hatte ihm einen Schlag auf den Hinterkopf gegeben, aber
nicht allzu stark. »Führst du deine Manieren vor, ja? Man kann dich nicht einen Moment allein lassen.«
    »Ich habe ihnen gerade von der Intrinsic erzählt«, sagte Costello und zog den Kopf ein für den Fall, dass ein weiterer Schlag kam. Es wirkte aber wie ein Spiel zwischen ihnen.
    Mahon blieb stehen und legte die Hand aufs Herz. »Im Tode vereint«, intonierte er.
    Kim seufzte leise. »Trotzdem, was für eine Tragödie. Und wenn die Frau hineinsprang, um bei ihrem Liebsten zu sein, war es kein Selbstmord, oder?«
    Costello schnippte begeistert mit den Fingern. »Da liegen Sie völlig richtig, Kim. Mein Großonkel hat mir erzählt, dass die Leute deshalb in der Intrinsic Bay von den Klippen springen. Weil sich der Glaube verbreitet hat, wenn man es dort tue, sei es kein Selbstmord, und man komme nicht in die Hölle dafür.«
    Kim warf mir einen scharfen Blick zu, ehe sie das Gespräch fortsetzte. »Haben das in letzter Zeit viele Leute getan?«
    »Zwei oder drei, während ich aufgewachsen bin. Und dann gab es einen Fall erst vor ein paar Jahren.«
    »Lena Morrison?«, sagte Kim.
    »Richtig. Sie kannten sie?«
    »Ihre Leiche wurde nie gefunden«, gab Kim zur Antwort. Sie war offenbar skeptisch, was die Selbstmordtheorie betraf. Ich nahm an, Lena Morrison war dieselbe Frau, auf die sie zuvor schon angespielt hatte.
    »Die Intrinsic Bay, das ist ein seltsamer Ort«, warf Mahon ein. »Es heißt, die Leichen derer, die dort ertrinken, tauchen nie wieder auf.« Er beugte sich über den Tisch und hob den gerahmten Zeitungsausschnitt auf.
    Costello nickte. »Sehr vieles, was mit der Intrinsic zu tun hat, ist rätselhaft. Was die Leute damals zum Beispiel nicht verstehen konnten, war, wieso der Kapitän

Weitere Kostenlose Bücher