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Die Opferstaette

Die Opferstaette

Titel: Die Opferstaette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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nüchterner Logik an meine surrealen Umstände.
    Als ich näher kam, änderte die Strömung ihre Richtung und fegte das Haar aus dem Gesicht der Frau. Ich konnte sehen und hören, dass sie mir etwas zu sagen versuchte, aber die Zunge quoll ihr aus dem Mund, und bei jedem Versuch, Worte zu formen, schlängelte sie umher wie ein Aal. Doch es war sinnlos – sie hatte keine untere Gesichtshälfte, keinen Kiefer.
    Ich schloss erschrocken die Augen. Aber als ich sie wieder öffnete, schwamm ich durch einen dunklen Tunnel voll Wasser, verzweifelt um Luft ringend und unfähig, noch weiter zu schwimmen.

    Ich erwachte in panischer Angst.
    Jemand drückte ein Kissen auf mein Gesicht. Ich konnte es sogar riechen.
    Ich wehrte mich, bekam endlich Luft und fand mich wild um mich schlagend auf dem Bett wieder.
    Es war Nacht. Kalte Luft wehte vom Balkon herein, und ich fröstelte. Ich sah auf die Uhr. 21:30. Wie lange hatte ich geschlafen? Vier oder fünf Stunden?
    Ich setzte mich auf den Bettrand. Der Duft der Lilien traf mich, und ich begriff, dass ich ihn in meinem Traum mit dem Kissen assoziiert hatte. Und ich hatte Kopfweh davon bekommen. Oder vielleicht lag es daran, dass ich seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte, und selbst da nur eine Portion, von der ein Laufstegmodel satt geworden wäre.
    Ich schloss die Tür zum Balkon und zog die Vorhänge zu, dann nahm ich zwei Aspirin. Anschließend stellte ich mich so lange unter die Dusche, bis mir wieder warm war. Ich wickelte mich gerade in ein Handtuch, als ich mein Handy piepsen hörte. An der langen Nummer erkannte ich, dass es Kendrick war.
    »Ich habe es mir anders überlegt wegen morgen. Ich fahre doch mit Ihnen, wenn es recht ist.«
    Irgendetwas sagte mir, dass er es tat, weil er glaubte, ich würde mich immer noch verletzlich fühlen. Er hatte recht.
    Das Telefon auf dem Nachttisch läutete, ehe ich antworten konnte.
    »Warten Sie einen Moment, Giles. Ich schaue mal lieber, wer das ist.«
    »Hallo, meine Hübsche …«
    »Wer ist da?«
    »Barry McGann. Sagen Sie nicht, Sie haben mich bereits vergessen.«

    »Ich telefoniere gerade auf meinem Handy, Barry. Ich rufe Sie zurück.«
    »Nein, warten Sie. Ich muss Sie treffen. Wir müssen reden.«
    »Ich weiß Ihre Blumen wirklich zu schätzen, Barry. Aber im Moment bin ich nicht in der Verfassung, Ihr Angebot anzunehmen.«
    »Das ist nicht der Grund, warum ich anrufe.«
    »Ach so?«
    »Hier sind eine Menge Sachen passiert, und Sie müssen wissen, was dahinter steckt. Und es gibt Informationen, die dieser Engländer haben sollte, bevor er zum Gericht geht.«
    »Giles? Er ist gerade am anderen Telefon.«
    »Giles, ja. Das ist ja wunderbar – dann können Sie ihm sagen, ich möchte Sie beide morgen um zehn Uhr in Ennis treffen. Wenn Sie auf das Gelände des Gerichts fahren, werden Sie eine alte Kanone links auf dem Grasstreifen sehen. Parken Sie so nahe wie möglich bei ihr.«
    »Ich verstehe nicht, was die ganze Geschichte mit Ihnen zu tun hätte.«
    »Sie werden es verstehen. Ich muss Schluss machen. Bis morgen.«
    Ich legte auf und meldete mich wieder bei Kendrick. »Ich weiß nicht, ob Sie das eben mitgehört haben. Barry McGann will uns morgen in Ennis treffen, bevor der Gerichtstermin anfängt. Er sagt, es gibt Informationen, die Sie kennen sollten, bevor Sie vor Gericht gehen.«
    »Ach ja? Wer ist der Mann? Anscheinend hat er Ihnen Blumen geschickt und Ihnen irgendein Angebot gemacht – so viel habe ich verstanden.«
    »Er ist der Typ mit dem Hubschrauber, der mich auf Bishop’s Island gebracht hat. Und er will einen großen Rundflug
mit mir machen. Ich habe keine Ahnung, was Ihr Fall mit ihm zu tun hat, aber ich bin neugierig.«
    »Ich schließe mich Ihnen an.«
    »Es kann sicher nichts schaden, wenn wir uns anhören, was er zu sagen hat. Ich hole Sie um neun ab.«

40
    D as Gericht, ein imposantes Kalksteingebäude mit ionischen Säulen, war durch ein Asphaltmeer von der Außenwelt abgeschnitten. Ich sah die große Kanone sofort und hielt mich links. Es war noch früh, deshalb waren mehrere Parkplätze neben ihr frei.
    McGann kam aus der Richtung des Gerichts auf uns zu. Er trug einen offenen schwarzen Regenmantel, der wie ein Umhang um ihn flatterte. Ein gut geschnittener dunkler Anzug und eine Sonnenbrille vervollständigten seinen Secret-Service-Look.
    Ich ließ das Fahrerfenster hinunter.
    »Na, sehen Sie«, sagte er. »Sie sind also doch noch in Kilkee geblieben.«
    »Nicht, weil ich es wollte.«
    »Ich

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