Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
ihnen die wahre Bedeutung des Wappens der Neuen Ritterschaft offenbarte. Die Wahrheit war so offensichtlich, wenn man sie kannte! Fast konnte sich der Primarch nicht mehr vorstellen, dass man die geheime Bedeutung des Bildes nicht kennen konnte. Der blutrote Stamm und das daraus hervorwachsende,
weit verzweigte Geäst. Und doch waren es so schrecklich wenige, die Teil der verborgenen Wahrheit waren.
    Niedergeschlagen stieg Leon die Treppe hinab. Für ihn war die Heimlichtuerei mit den Jahren immer bedrückender geworden. Sie gehörte zu den ungeschriebenen Gesetzen ihrer Bruderschaft. In Zeiten der Gefahr war es ein Schutz, wenn nur einer alle Gesichter der Bruderschaft kannte. Würde einer von ihnen gefangen genommen, dann konnte er nicht alle anderen Brüder verraten. Es wäre leicht, sie auszulöschen. Sie waren so wenige. Und wenn das geschah, wären all die Geheimnisse, die sie entdeckt hatten, auf immer verloren. Nichts von ihrem Wissen war niedergeschrieben, das wäre viel zu gefährlich. Zu schmal war der Grat zwischen Ketzerei und selbstverleugnendem Gottesglauben. Es war ihre Bestimmung, die Welt von den Albenkindern zu befreien. Sie waren die Auserwählten, denen Tjured die Macht verliehen hatte, diese Aufgabe zu erfüllen. Eine Macht, die sich zum ersten Mal in Aniscans durch ein Wunder des heiligen Guillaume offenbart hatte und die binnen eines Tages zum Tod des Märtyrers geführt hatte. Die Anderen hatten nicht gezögert, den Heiligen zu ermorden, als sie begriffen hatten, dass ihnen ein ebenbürtiger Gegner geboren worden war. Doch die Macht war mit Guillaume nicht verloschen.
    An diese tausendmal gehörte Geschichte zu denken, wühlte ihn stets aufs Neue auf. Sie machte ihn unruhig. Sonst fiel es ihm schwer, in einer kalten Nacht die Wendeltreppe hinabzusteigen. Doch nun war er froh, sich bewegen zu können. Seinen Körper zu spüren. Die Bewegung besänftigte seine Unruhe. Und sein altes, aufgewühltes Herz fand langsam zu ruhigerem Schlag zurück. Er dachte an die Einsamen, weit draußen in der Welt, die das Geheimnis um den Blutbaum mit ihm teilten.

    Wie es wohl Schwester Gerona ging? Sie hatte Drustans einsame Wacht am Rabenturm vor fast einem Jahr übernommen. Bald würde Jerome sie ablösen. Dort würde es beginnen … das große Wagnis. Auf See. Weitab aller Blicke. So hatte Bruder Alain es einst ersonnen, ohne den Ort zu kennen. Dort würden sie den Sieg erringen, der die Neue Ritterschaft zur unangefochtenen Herrschaft führte. Aber noch war die Zeit nicht reif. Sie brauchten mehr Schiffe. Und vor allem brauchten sie mehr Ritter, die die Gabe in sich trugen.
    Leon war sich bewusst, dass es in der Welt noch viele wie sie gab, deren Gabe von der Wiege bis zum Grabe unentdeckt bleiben würde. Die geheime Bruderschaft hatte die Neue Ritterschaft begründet, um jenen, die mit der Gabe gesegnet waren, ein Umfeld zu geben, in dem sie sich entfalten konnten. Kein Ort auf der Welt war dem Gottesstaat, den sie sich erträumten, so nah wie Valloncour. Und der Ritterorden war noch viel mehr. Er war zum Mantel geworden, in dem sich die Bruderschaft verbarg. Und er war ihr Schwert, das sie gegen die Anderen führten. Aber sie waren auch verwundbarer geworden. Denn wenn die Kirche zum Feind der Neuen Ritterschaft wurde, dann war auch ihre Bruderschaft in Gefahr.
    Leon kannte die Geschichte der Kirche gut. Zweimal schon waren angeblich ketzerische Orden gnadenlos verfolgt und ausgelöscht worden. Das durfte ihnen nicht geschehen! Der Blutbaum musste überleben, und er konnte es, denn aus Blut spross die Zukunft, Asche war Vergangenheit!
    Oft, wenn er allein war, verzweifelte er schier an der Aufgabe, die Tjured ihm gestellt hatte. Wie konnte Gott es zulassen, dass die Heptarchen ihm so schlechte Diener waren? Wie Könige führten sie sich auf, nur dass es niemals Könige gegeben hatte, die so mächtig waren. Sie gründeten Dynastien
innerhalb der Kirche. Es gab zwei Familien, die schon seit mehr als hundertfünfzig Jahren stets einen der ihren auf dem Thron der Kirchenfürsten sitzen hatten. Längst waren sie nicht mehr die Frömmsten oder die Klügsten, die Asketischsten oder auch jene Diener Gottes, die sich im Heer der Gläubigen der größten Beliebtheit erfreuten. Es waren Intriganten, Mörder und Hurenböcke, die sich hinter den hohen Mauern ihrer Paläste jeder erdenklichen Sünde hingaben. Schon deshalb beäugten sie die Neue Ritterschaft misstrauisch. Seinesgleichen aber waren angetreten, den

Weitere Kostenlose Bücher