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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Gishild, ihren Vater zu erkennen. Einen Augenblick lang würde
sie noch beobachten, was geschah, und dann würde sie einfach auf die nächsten Wachen der Ritter zugehen.
    Der flüchtende Fuchs! Die Erkenntnis überkam Gishild wie ein Blitzschlag. Was hatte ihn aufgescheucht? Hinter dem riesigen Haufen aus geborstenen Stämmen machte es keinen Sinn, Wachen zu haben. Von dort ließ sich das Dorf nicht einsehen. Außerdem konnte man über den Windbruch nicht hinwegklettern. Sollte ein Hinterhalt geplant sein, dann war er wie ein Festungswall. Dort kam einfach niemand hindurch. Was aber hatte den Fuchs aufgeschreckt, wenn dort hinten niemand sein sollte? Was lauerte im Wald? Wenn sie das herausfand, dann entdeckte sie vielleicht, welche Gefahr ihnen drohte. Aber ihre Suche im Wald würde sie vom Weg abbringen. Zögernd sah sie noch einmal zur Scheune hinüber. Wie eine Heldin aus den alten Sagen würde sie sein, wenn sie entdeckte, was dort lauerte. Und man würde sie selbstverständlich zum Kriegsrat mitnehmen und nicht im Zelt der Frauen einsperren! Sie malte sich aus, wie die fahrenden Geschichtenerzähler auf den Märkten Tafeln mit ihrem Bildnis aufhängten und davon berichteten, wie Gishild Gunnarsdottir ihren Vater und die Bojaren Drusnas gerettet hatte. Alle würden ihren Namen im Munde führen …
    Sorgfältig auf ihre Deckung achtend, schlich sie am Windbruch entlang, duckte sich in dunkle Höhlen aus dürrem Geäst und welkem Laub, wenn sie fürchtete, dass Posten sich näherten. Es war leicht, den Rittern zu entgehen. Und sie hatten erstaunlich wenige Wachen in diesem Waldabschnitt. Offenbar fühlten sie sich ganz sicher.
    Es dauerte nicht lange, bis Gishild auf die Rückseite des Windbruchs kam. Neugierig spähte sie ins Dunkel. Was war hier? Was hatte den Fuchs aufgescheucht? Vielleicht nur ein Luchs?

    Die Prinzessin entdeckte einen schmalen Trampelpfad. Ein geknickter Farnwedel verriet ihr, dass dort jemand entlanggekommen war. Jemand, der sich sehr vorsichtig bewegte! Sie musste eine ganze Weile suchen, bis sie am Rand einer Pfütze einen schmalen Fußabdruck fand. Die Spur war noch frisch.
    Gishild duckte sich ins Farnkraut. Witternd wie ein Raubtier sog sie die Luft ein. Der Geruch nach Waffenfett war verschwunden. Sie roch nur noch den Wald. Schlamm, feuchtes Laub vom Vorjahr. Wenig Mondlicht drang durch das dichte Geäst. Hier und da stach es in silbernen Bahnen zum Farnkraut hinab. Es ließ den Wald mit seinen düsteren Baumstämmen wie eine riesige Tempelhalle erscheinen. Wie einen feierlichen Ort, den uralten Göttern geweiht.
    Ein fremdes, melodisches Geräusch ließ die Prinzessin aufhorchen. Es war ein Klang, der mit dem Wind tanzte und verstummte, wenn die Brise erstarb.
    Zögerlich folgte Gishild weiter dem Pfad. Auch wenn er schon sehr zugewachsen war, ließ sich doch noch erkennen, dass er einst breit genug gewesen war, dass drei Mann dort nebeneinander schreiten konnten. Er war von Menschenhand geschaffen und gewiss kein Wildwechsel.
    Wieder erklang das Geräusch, vielstimmig und düster. Es war, als hätten die Götter passend zu Gishilds Ahnung nahenden Unheils eine düstere Melodie ersonnen. Kein Tierlaut war zu hören, nur der Wind im Geäst und jener seltsame Klang, der ihrer Angst neue Nahrung gab.
    Sie kauerte sich hinter einen Baum. Ihr Herz schlug wild. Es war nah, das Verhängnis! Eine innere Stimme befahl ihr, sofort umzukehren. Sie sollte laufen. Direkt zur Scheune und sich ihrem Vater in die Arme werfen.
    Eine Bö zerrte an den Ästen. Pfeile aus Mondlicht schossen
durch die Lücken, die sich im Mondlicht auftaten. Und einer riss das Gesicht aus der Dunkelheit. Es war riesig, mit blutigen, starrenden Augen und einem verzerrten Maul, groß genug, einen Hund zu verschlingen. Gishild wich ängstlich zurück ins Farnkraut und zog ihren Dolch.
    Die Dunkelheit hatte das schaurige Antlitz wieder verschluckt. Die Prinzessin war allein mit dem Wind, den riesigen Bäumen und der Melodie, die ihr nun so traurig vorkam, dass jedem, der kein Herz aus Stein hatte, Tränen in die Augen steigen mussten. Und dann begriff sie … Sie war in einem Geisterwald!
    Wieder zerteilte der Sturmwind das dichte Geäst. Undeutlich erkannte sie das Gesicht, das in einen mächtigen Eschenstamm geschnitten war, und die Blutsteine, die man als Augen in das Holz gesetzt hatte. Die nachwachsende Rinde hatte die Steine mit wulstigen Augenlidern umgeben.
    Gishild begriff … Sie stand vor einem Totenbaum! Weit

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