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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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aber auf halbem Weg wieder auf. Er ließ den Kopf zurück auf die aufgerollte Decke sinken, die ihm als Kissen diente. »Spürt ihr das?« Seine Stimme war nur noch ein Flüstern. »Das Kind! Es hat etwas an sich … Es muss ein Wechselbalg sein. Die Anderen haben es hierhergebracht … Wenn ich die Augen schließe, kann ich es immer noch spüren. Euch, meine Brüder und Schwestern, aber nicht. Es muss brennen. Es ist böse.«
    »Das ist nicht wahr! Ich bin Luc, der Sohn des Waffenmeisters unseres Grafen. Ich habe mit den Anderen nichts zu schaffen«, begehrte der Junge auf. »Niemand hier in Lanzac hat Umgang mit ihnen.«

    »Wir haben die Heidengöttin in den Ruinen gesehen, Junge«, erklang der Bass Nicolos. »Und wir haben auch die Gaben am Sockel der Statue bemerkt. Versuche uns nicht für dumm zu verkaufen.«
    »Sie ist doch nur ein schönes Steinbild«, wandte Luc ein. Man konnte seiner Stimme anhören, dass er wusste, wie viel mehr sie bedeutete.
    »Weißt du, warum du als Einziger noch lebst, Luc?« Honoré sagte das fast freundlich. Er schien zu neuer Kraft gefunden zu haben.
    Michelle fragte sich, ob die Aussicht, ein Kind verbrennen zu sehen, ihren Kameraden so sehr erregte, dass er seine grässliche Wunde darüber vergaß. Traurig dachte die Ritterin daran, wie nahe sie einander einmal gewesen waren und wie sehr das dunkle Drusna und der Krieg in den Wäldern ihn verändert hatten.
    »Warum hast du als Einziger überlebt, Junge?« Honoré hatte kaum die Kraft, so laut zu sprechen, dass alle ihn hören konnten. Aber er schlug denselben Tonfall an, den Michelle von ihm aus Befragungen von Ketzern her kannte. Seine Stimme war lockend und freundlich. So hatte er bei Verhören von Frauen und Kindern geklungen, wenn er gespürt hatte, dass sie kurz davor gewesen waren, zusammenzubrechen und ihm alles zu gestehen. Sogar Dinge, die sie niemals getan hatten, weil sie darauf hofften dann seine Gnade zu finden. Michelle hatte das schon damals gehasst. Wie konnte er das Gleiche jetzt bei dem Jungen tun? Es war doch absurd anzunehmen, der Kleine sei ein Wechselbalg! Die Albenkinder waren seit Jahrhunderten aus diesem Landstrich vertrieben! Auch wenn ein paar irregeleitete Bauern und Schäfer noch Geschenke am Sockel einer alten Statue niederlegten.
    »Hast du dich das nie gefragt, warum sie alle starben,
Junge?«, fuhr Honoré fort. »Hat es dich nicht gequält? Horche in dein Herz. Kennst du die Antwort nicht?«
    »Das reicht jetzt!«, fuhr Michelle ihren Ritterbruder an. »Lass ihn in Ruhe!« Weder Schmerzen noch Todesdrohungen hatten den Jungen weinen lassen. Doch jetzt standen ihm Tränen in den Augen.
    »Du weißt es, Luc. Nicht wahr?«, drängte Honoré. »Sprich es aus! Nur dann bist du frei. Und nur dann besteht für deine Seele noch Hoffnung. Es heißt, die Anderen werden niemals krank. Du bist der Einzige, der die Pest in Lanzac überlebt hat. Ist die Wahrheit so schwer zu erkennen, Kind? Du bist von ihrem Blute. Nur deshalb bist du nicht wie alle anderen verreckt.« Honoré musste keuchend Luft holen.
    »Das ist … das ist gelogen.« Lucs Widerstand brach zusammen. Tränen glänzten in seinen Augen. »Das ist nicht wahr.«
    »Du weißt nicht, was man dir angetan hat«, setzte ihm Honoré weiter zu. »Du bist in dem Glauben aufgewachsen, dass du ein Menschenkind bist. Du siehst ja auch aus wie sie …« Er brach ab und rang um Atem.
    »Kennst du die Umstände deiner Geburt? Hat deine Mutter eine Nacht gewartet, bevor sie einen Priester rief, um sich segnen zu lassen? Kennst du die Geschichten über die Anderen?«
    »Rede nicht so über meine Mutter!«, begehrte der Knabe auf. »Du hast sie ja gar nicht gekannt. Ich wurde mit einer Glückshaut auf dem Kopf geboren. Daher kommt mein Name, Luc. Meine Mutter hat nie etwas Unrechtes getan. Sie nicht … Nie!«
    Leise röchelte Honoré. So geschwächt er auch war, in seinen Augen lag eine unheimliche Macht. Sein Blick hielt den Jungen gefangen.

    »Vielleicht wusste deine Mutter gar nicht, was geschah. Bei Nacht ist die Macht der Anderen am größten. Dann kommen sie, um Kinder auszutauschen, die nicht der Segen der Kirche schützt. Deshalb soll bei jeder Geburt außer der Hebamme auch ein Priester zugegen sein. Es ist nicht deine Schuld, Junge.« Honoré senkte die Stimme und fuhr besänftigend fort: »Ich sehe doch, dass es ehrliche Tränen sind, die du vergießt. Du bist ihr Opfer. Räche dich an ihnen! Sie hoffen, dass du das Unheil, das an dir haftet, von

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