Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
eindeutig!«
»Nicht in meinen Augen! Seht ihr denn nicht die Botschaft, die Tjured uns schickt, indem er das Leben des Jungen schonte? Weder die Pest noch die Wölfe vermochten Luc zu töten.«
»Das alles ist doch nur Blendwerk der Anderen«, entgegnete ihr nun Corinne aufgebracht. »Und ich bin bereit, gegen dich anzutreten. Ihr alle seid meine Zeugen, dass Michelle es war, die die Herausforderung ausgesprochen hat, als sie erklärte, sie wolle für den Jungen eintreten.«
»Ich danke dir, dass du so entschieden für die richtige Sache streitest, doch trage ich meine Duelle stets selbst aus, Schwester Corinne«, erklang Honorés schwache Stimme.
»Aber du kannst doch nicht …«
Honoré bedeutete der Ritterin mit einer knappen Geste zu schweigen.
Michelle ahnte, was kommen würde. Er liebte diese melodramatischen Auftritte.
»Michelle de Droy, du giltst als Fechtmeisterin, und wie die Dinge stehen, werde ich wohl einige Zeit lang keine Klinge mehr führen …«
»Bei einem Gottesurteil wäre es doch Tjured selbst, der deine Klinge führt«, erwiderte sie und hielt kurz inne, um dann fortzufahren: »Falls du im Recht bist.«
Honoré lächelte selbstverliebt. »Ich zweifele nicht daran, dass er es täte.« Er hob unbeholfen den linken Arm. Blut sickerte in seinen frischen Verband. »Aber es steht mir nicht zu, Tjured zu einem Wunder zu nötigen, und das würde ich wohl brauchen, um mit diesem Arm eine Klinge zu führen und dich besiegen zu können. Tragen wir es mit Sattelpistolen aus. Nicolo, such in den Schränken nach einem Pistolenpaar, dass dir geeignet scheint. Lade nur eine der Waffen. Richte es so ein, dass wir nicht sehen können, in welchem Lauf der Tod wartet.«
Ihr Kamerad befolgte Honorés Wunsch, ohne eine weitere Frage zu stellen. Corinne sah sie bestürzt an, Frederic ergriff das Wort: »Das ist doch verrückt! Wir sind wie Brüder und Schwestern. Wir dürfen nicht Waffen gegeneinander richten. «
Michelle nickte. »Er hat recht, Honoré. Trotz allem, was war. Muss das sein?«
»Das frage ich dich, Michelle. Ist der Junge es wert? Bist du dir deiner Sache sicher? Ich möchte nur ungern dein Blut vergießen. Ich weiß, bei dir ist es anders, aber mir bedeutest du immer noch viel.«
»Du kannst die Waffe doch nicht einmal halten, ohne dass deine Hand zittert. Hör auf mit dieser Posse, Honoré.« Die arrogante Selbstgewissheit, mit der er davon ausging zu gewinnen,
reizte sie bis aufs Blut. Sie wusste, Gott würde nicht auf seiner Seite stehen. Ganz gewiss nicht!
»Für mich ist ein Streit in Glaubensangelegenheiten alles andere als eine Posse. Und was deinen Einwand angeht: Komm her an mein Lager. Ich werde die Mündung auf deine Brust setzen. Dorthin, wo dein Herz schlägt. Dann ist es unbedeutend, ob ich ein wenig zittere.«
Michelles Mund war so trocken, als habe sie ein Fuder Mehl geschluckt. Sie räusperte sich, vermochte ihrer Kehle aber keinen Ton abzuringen. Sie sollten den Jungen mitnehmen. Ein Gremium aus Priestern könnte über ihn befinden … Nein! Sie wären nicht unbefangen. Wenn Honoré Gelegenheit hätte, ihnen den Fall des Jungen zu schildern, so wie er ihn sah, dann wäre Lucs Leben verwirkt. Michelle wusste, dass sie sich gegen den wortgewandten Ordensbruder nicht durchsetzen würde. Wenn sie Lucs Leben retten wollte, dann müsste sie es hier und jetzt tun. War der Junge es wert? Was wusste sie schon von ihm? Doch eigentlich ging es gar nicht um ihn. Es ging um die Kinder in Drusna … Darum, dass sie das Töten nicht verhindert hatte. Deshalb musste sie nun mit allen Mitteln gegen den Mann kämpfen, dem sie eben erst das Leben gerettet und den sie einst geliebt hatte. Sie konnte nicht noch einmal einfach nur zusehen. Daran würde sie zerbrechen.
Das metallische Klicken des Ladestocks durchbrach die Stille im Jagdkabinett. Nicolo verkeilte eine Bleikugel im Lauf einer Waffe.
Michelle leckte sich über die trockenen Lippen. Honoré wirkte ganz ruhig. War er seiner Sache so sicher? Es stimmte, er hatte ein geradezu unheimliches Gespür dafür gehabt, wenn die Anderen versuchten, sie in einen Hinterhalt zu locken. Sie hatte diese Gabe nicht. Handelte sie nur aus Mitleid?
Nein, nein! Sie durfte sich nicht einschüchtern lassen! Das gehörte zu seinem Kalkül. Sie kannte ihn doch wirklich lange genug, um das zu wissen. Und dennoch … Es wirkte. Vielleicht war Gott wahrhaftig auf seiner Seite, und sie war zu weichherzig.
Honoré räusperte sich. »Bruder Frederic,
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