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Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Titel: Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Zeiner
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Sommer, Weihnachtsplätzchen im Winter, immer Kartoffeln oder irgendwelche Styroporkisten mit Bocksbeuteln drin, die sie im Keller aufgestapelt haben. Dann gab es die Geburtstage von Michi. Da wurden Blumen und Kerzen aufgestellt im ganzen Haus, und Nachbarn kamen und die Verwandten, und es gab Kaffee und Kuchen. Meine Mutter ist immer regelrecht aufgeblüht, sie hat gebacken und gekocht, tagelang. Und wenn es vorbei war, hat sie sich aufs Sofa gesetzt und ist tagelang da sitzen geblieben. Irgendwann ist sie aufgestanden und hat aufgeräumt, denn sie räumt gern auf. Sie räumt auch da auf, wo niemand aufräumt, in Schuhputzschubladen oder in Abstellkammern.« Tom lächelte. Er sprach über seine Eltern, stellte er fest, wie über Kuriositäten aus dem exotischen Tierreich. Sie liebten ihn.
    »Und du?«, fragte Betty.
    »Ob ich gern aufräume?«
    »Wie es dir mit deinem Bruder ging.«
    »Oh, ich mochte ihn. Ich fand es schön, dass er da war. Er hing ja überall rum, als Bild. Als Kind hab ich viel mit ihm geredet. Wir haben über die Eltern gelästert und uns Sachen erzählt, die wir erlebt hatten. Bis das Klavier kam, dann wurde es weniger.«
    Wann er angefangen habe, wollte sie wissen, mit dem Klavierspielen, was Tom nicht beantworten konnte. Irgendwann sei das Klavier da gewesen, von seinem Vater angeschleppt, der mit Büromaschinen, Schreib- und Rechenmaschinen handelteund aus der Konkursmasse eines zahlungsunfähigen Kunden ein Klavier herausgezogen habe. Dieses, so Tom, weil man nicht wusste, was anfangen mit einem Klavier, und weil im Wohnzimmer schon der Fernseher stand, habe man in die Dachkammer hinaufgeschleppt, und da diese am weitesten von den Eltern und der Elternbetriebsamkeit entfernt gewesen sei, habe er angefangen, darauf zu spielen. Die Dachkammer sei seine Welt geworden, das Klavier aber deren Mittelpunkt, sagte er.
    »Hast du Geschwister?«, fragte er Betty.
    Sie schüttelte umgehend den Kopf. »Das heißt doch, natürlich. Eine Schwester. Aber sie ist acht Jahre älter als ich und Rechtsanwältin. Sie hält mich für eine dumme, verzogene Kuh.« Entschuldigend hob sie die Schultern. Die Sonne hinter den Wolken schloss ihr Auge. Es wurde dunkel und kalt. Feine Schneeregenstriche lagen schräg im Wind. Nachdem man schweigend die U-Bahn-Station erreicht hatte, verabschiedete man sich. »Tschüss«, sagte sie. »Tschüss«, sagte er.
    An einem Mittwochnachmittag begegneten sie sich in der Cafeteria der Hochschule. Betty saß vor den Fensterscheiben. Regentropfen rannen herunter, schienen durch sie hindurchzufließen. Sie trug einen roten Rollkragenpullover, rührte in einem Kaffee. Tom stellte sein Tablett neben ihres. Die Ecken ihrer Tabletts stießen gegeneinander auf der Enge des Tischchens, sie aber wussten nicht, was zu reden wäre, da hier, so einander gegenüber, an das persönliche Gespräch ihres ersten Aufeinandertreffens nicht anzuknüpfen war und das Wetter, weil indiskutabel, als Thema nicht in Frage kam und auch Smalltalk anderer Art nicht, weil man sich dafür schon viel zu gut kannte. Tom, während er mit seinem Löffel in den Käsekuchen stach,fiel nur der Käsekuchen und wieder der Kuchen ein, kein anderes Gesprächsthema.
    »Der Kuchen«, sagte er daher. Wie eigentlich ihr Kuchen denn so schmecke. Sie sagte, dass es so gehe, und höflichkeitshalber wollte sie wissen, wie seiner schmeckte, aber er hatte ja denselben.
    »Wir können auch einfach nichts reden«, schlug sie vor und lächelte. Er lächelte auch. Sie aßen schweigend. Die Röte ihres Wollpullovers vor dem Regengrau, dem Tagesgrau. Sie mussten zum Unterricht.
    Nachher trafen sie sich im Treppenhaus wieder. Dieses vibrierte von Musik. Übereinandergeschichtete, sich ineinanderfressende Klänge, Töne verschiedenster Instrumente wehten und webten durcheinander, ein Oboenlauf, Klavierglissandi, entfernt eine Soprankoloratur.
    »Gehen wir noch ein Stück zusammen?«, fragte Tom, als sie vor der Hochschule im Abend standen, wo der Regen einen frisch gewaschenen, hohen Frühlingshimmel zurückgelassen hatte, rot an den Rändern und sauber wölbte er sich über dem Gendarmenmarkt.
    »Fragt sich nur, wohin«, sagte sie. »Du wohnst am Prenzlberg, ich in Kreuzberg, das ist nicht wirklich dieselbe Richtung.«
    »Stimmt«, sagte Tom. Aber er habe Zeit, sagte er, sei darüber hinaus Gentleman, also Kreuzberg.
    »Und«, sagte er nebensächlich, als sie über das weite weiße Oval des Platzes gingen, ob sie mal wieder die Hunde

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