Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
zuführen?«
Rammar hob leicht den Oberkörper, sich auf den Klauen abstützend, und riskierte einen vorsichtigen Blick. Er sah, wie die grässliche Gestalt mit dem Geweih langsam nickte.
»Das alles ist ein Irrtum!«, beeilte sich Rammar zu versichern. »Wir wollten gar nicht im See baden, und wir wollten ausnahmsweise auch gar nichts entweihen! Wir sind in geheimer Mission unterwegs und müssen dringend nach Kal Asar …«
»Anar«, verbesserte jemand.
»Wie auch immer. Weder wollten wir in euer Gebiet eindringen, noch wollten wir zur Abwechslung mal irgendetwas entweihen, schänden oder rauben. Wir sind nur harmlose Orks auf der Durchreise …« Rammars Schweinsäuglein zuckten umher, als er sich Hilfe suchend umblickte – und er entdeckte in einer Nische Balboks Axt!
Von Bruchstein hatte also recht gehabt.
Balbok hatten sie schon getötet.
Nun war er selbst an der Reihe …
»Nein!«, schrie er aus Leibeskräften. »Lasst mich leben! Ich schwöre euch, dass ich nichts Unrechtes getan habe!«
Aber die Amazonen kannten keine Gnade. Sie richteten die Spitzen ihrer Speere auf sein Genick.
»Wir warten auf deinen Befehl, großer Bunais!«, rief die Anführerin. »Nur ein Wink von dir, und wir werden ihn aufspießen, zu deinen Ehren und zu denen von Amaz, deiner Geliebten und unserer Urmutter, der wir alle unser Dasein verdanken.«
Rammar konnte die Speerspitzen in seinem Nacken spüren. Sie ritzten seine Haut, und warmes Blut sickerte hervor, um sich mit dem Schweiß zu vermischen, der ihm aus allen Poren trat.
In der festen Überzeugung, dass nun tatsächlich sein allerletztes Stündchen geschlagen hätte, schloss er die Augen, wartete darauf, dass die Kriegerinnen zustoßen und seinem ebenso heldenhaften wie ruhmreichen Leben ein viel zu frühes Ende bereiten würden …
Aber der Todesstoß blieb aus.
Eine endlos scheinende Weile verstrich, in der Rammar das Gefühl hatte, vor Anspannung zu vergehen – dann riskierte er erneut einen Blick.
Offenbar hatte Bunais – oder wie immer der Kerl sich nannte – den Todesbefehl noch nicht erteilt. Stattdessen hatte er sich von seinem Thron erhoben und sich zur vollen Größe aufgerichtet, wodurch er noch eindrucksvoller und beängstigender erschien.
»Geht!«, befahl er mit einer Stimme, die hohl und schrecklich klang. »Lasst mich mit dem Gefangenen allein!«
»Wie du befiehlst, großer Bunais«, erwiderte die Amazonenführerin beflissen und verbeugte sich abermals – und sofort zog sie sich mit ihren Kriegerinnen zurück.
Obwohl die Speerspitzen aus seinem Nacken verschwunden waren, wagte es Rammar nicht, sich zu erheben. Am ganzen Körper zitternd lag er am Boden, während er sich fragte, was der Riese mit dem Geweih von ihm wollte. Vielleicht, dachte er, war Bunais der Ansicht, dass es ein viel zu leichter Tod für Rammar gewesen wäre, hätten die wilden Weiber ihn einfach aufgespießt, und er wollte ihn noch grausamer und viel schmerzhafter sterben lassen …
»G-großer Bunais«, startete Rammar deshalb einen letzten verzweifelten Versuch, seinen dicken Schädel aus der Schlinge zu ziehen. »G-glaub mir, ich sage die Wahrheit. Meine Gefährten und ich wollten niemanden stören und nichts entweihen …«
»So«, sagte Bunais nur, und Rammar, der furchtsam auf den Boden gestarrt hatte, wagte wieder einen flüchtigen Blick – war der Riese nicht eben noch viel größer gewesen?
»E-es stimmt«, fuhr er stammelnd fort, »so wahr ich hier vor dir liege. Ich bin nur ein nichtswürdiger Ork, eine Brut der Modermark, nicht mehr. Ein böses Schicksal hat mich hierher verschlagen – das musst du mir glauben!«
»Und dein Bruder?«, wollte Bunais wissen.
»Was soll mit ihm sein?«
»War er schuldig oder unschuldig?«
»Unschuldig genau wie ich«, versicherte Rammar, »aber nachdem du ihn ja schon erschlagen hast, könntest du dafür ja mich am Leben lassen. Wie wär's damit?«
»Hm«, machte Bunais. »Du bist nicht sehr mutig …«
»Mut ist etwas für Dummköpfe«, offenbarte Rammar seine ganz persönliche Philosophie, die sich in einigen wesentlichen Punkten von der eines Durchschnittsorks unterschied. »Klug ist, wer am Leben bleibt, und das habe ich in jedem Fall vor.«
»Du bist eine Made.«
»Ja, großer Bunais, ich bin eine Made«, gestand Rammar jammernd ein.
»Und ein Wurm.«
»Natürlich, was immer du sagst.«
»Und ein umbal obendrein«, fügte der Riese mit dem Geweih hinzu – was Rammar aufmerken ließ.
Woher,
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