Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
ohne männliche Hilfe) war dem dicken Ork ein Rätsel.
Von irgendwo kam ein Dreckbatzen geflogen, der ihn geradewegs im Gesicht traf. Im nächsten Moment prasselten von allen Seiten Geschosse auf Rammar ein, darunter auch einige ziemlich große rohe Eier und überreife Früchte, während die Kriegerinnen Rammar lauthals beschimpften.
Anfangs quittierte er jeden Treffer noch mit einem wüsten Fluch, aber nachdem er eine faule Furcht in den Schlund bekommen und verschluckt hatte, ließ er auch das lieber bleiben. Den Kopf zwischen die Schultern gezogen, hoffte er nur, dass dieser Spießrutenlauf bald enden würde, aber er musste die Schmach über sich ergehen lassen, bis ihn seine Bewacherinnen durch das gesamte Dorf und wirklich an jeder verdammten Pfahlhütte vorbeigetrieben hatten.
Man führte Rammar von der Lichtung weg in einen Hain aus riesigen Farnblättern. Das Schreien und Kreischen der Amazonen fiel zurück, stattdessen konnte Rammar das Rauschen des Wasserfalls hören, was bedeuten musste, dass das Dorf nicht weit vom See entfernt lag. Der Hain endete an einer Felswand, die mit Flechten und Moos bewachsen war. Vor dem Eingang zu einer Höhle standen einige weitere Kriegerinnen Wache.
»Dort hinein!«, wies die Anführerin Rammar an. »Los!«
Der Ork, der jeden Widerstand längst aufgegeben hatte, fügte sich und trat in das von Fackeln beleuchtete Halbdunkel der Höhle. Feuchte, kalte Luft schlug ihm entgegen, während er sich ängstlich fragte, was die Kriegerinnen mit ihm vorhatten. Wollten sie ihn tatsächlich umbringen? Aber warum schleppten sie ihn dann in diese Höhle?
Die Wände des Stollens, der tief in den Berg führte, zeigten Zeichnungen – Darstellungen aus der Geschichte der Amazonen, wie Rammar annahm. Aber er sah auch ein paar eigenartig verschnörkelte Schriftzeichen, die ihm nichts sagten. Die Kultur der Orks kannte keine Schrift – die Fähigkeit des Lesens und Schreibens galt unter ihnen als weibisch, was Rammar an diesem Ort bestätigt fand.
Der Stollen, an dessen Wänden in regelmäßigen Abständen Fackeln angebracht waren, beschrieb einige Windungen, ehe er in eine geräumige Höhle mündete, die gleichfalls von Fackeln beleuchtet wurde. Rammar begriff, dass er sich in einer Art Heiligtum oder Tempel befand, denn die Stirnseite der Höhle wurde von einer riesigen steinernen Statue eingenommen – nein, es waren zwei Statuen, wie Rammar bei näherem Hinschauen erkannte.
Obwohl sie ziemlich grob gehauen waren und der Zahn der Zeit wohl schon seit Jahrhunderten an ihnen nagte, war deutlich zu erkennen, dass sie einen Mann und eine Frau darstellten, mit einer Tätigkeit beschäftigt, von der Rammars Bruder Balbok bis vor einem Jahr noch nichts gewusst hatte; Rammar hatte ihn schließlich aufklären müssen, wo die ›kleinen Orks‹ denn herkamen, aber er war sich nicht sicher, ob Balbok auch wirklich alles richtig verstanden hatte.
Beim Anblick der Statuen konnte Rammar nicht anders, als in albernes Gelächter zu verfallen.
»Mein lieber Ork!«, rief er so laut, dass es von der Höhlendecke widerhallte. »Und ich dachte immer, nur die Angehörigen meiner Rasse würden es so bunt treiben!«
»Halt dein vorlautes Maul!«, herrschte ihn die Anführerin der Amazonen an. »Du weißt nicht, was du sprichst. Die Standbilder stellen die Vereinigung von Amaz und Bunais dar und damit die Geburtsstunde unseres Volks.«
»Aha«, antwortete Rammar nur – obwohl er kein Wort verstanden hatte.
Hinter den beiden in wilder Leidenschaft verschlungenen Statuen befand sich eine Öffnung im Fels, durch die man in eine weitere Höhle gelangen konnte. Dorthin führte man Rammar.
Die angrenzende Kammer war ein länglicher Raum, der durch einen Vorhang aus frischen Farnblättern geteilt wurde. Dahinter saß auf einer Art Thron eine riesenhafte Gestalt, mit einem mächtigen Geweih auf dem Kopf. Zu sehen war die Gestalt selbst nicht, aber da der Hintergrund von zahlreichen Fackeln erleuchtet wurde, zeichnete sich ihre Furcht erregende Silhouette als Schatten auf dem Blättervorhang ab.
Rammars Bewacherinnen traten ihm brutal in die Kniekehlen, sodass er auf beiden Beinen einbrach und auf der Schnauze landete.
»Knie vor dem großen Bunais, du elender Wurm!«, zischte die Anführerin der Amazonen, dann verbeugte sie sich ehrerbietig, und ebenso taten es ihre Kriegerinnen. »Hier ist der Gefangene, den du sehen wolltest, großer Bunais«, sagte sie. »Sollen wir ihn seiner gerechten Strafe
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