Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
hatte er auf seiner Seite? Konnten Sterbliche überhaupt gegen ihn bestehen?
Corwyn kannte die Antwort auf diese Fragen nicht, ebenso wenig, wie er wusste, was aus Alannah geworden war – und dafür hasste er sich nur noch mehr.
Wäre er ein guter König gewesen, der seine Pflichten gekannt und niemals vernachlässigt hätte, der um seine Rolle in der Geschichte gewusst und alles gegeben hätte, um sie auszufüllen, er hätte zumindest eine dieser Fragen beantworten können. Er jedoch war ein Unwissender, der Krone nicht würdig – weder wusste er, was sein Heer jenseits der Ostgrenzen des Reiches erwartete, noch hatte er eine Ahnung, wie es um Alannah bestellt war. War sie noch am Leben? Behandelten ihre Häscher sie gut? Oder war sie das erste Opfer dieses Kriegs geworden, der auf Grund seines – Corwyns – Handelns am Horizont heraufzog?
Er wusste es nicht.
Nur eines stand außer Frage: dass es noch mehr Opfer geben würde in diesem Konflikt. Blut würde in Strömen fließen, und er und kein anderer hatte die Entscheidung dazu getroffen. Ein Zurück gab es nicht mehr, das wurde Corwyn klar, als ihn ein Fanfarenstoß aus seinen trüben Gedanken riss und die erste Abordnung den Thronsaal von Tirgas Lan betrat.
Die königliche Heerschau hatte begonnen.
Den Wappen nach, das die prächtig gewandeten Kämpfer auf ihren Röcken trugen, gehörten sie den einstigen Grenzstädten an. Sie verbeugten sich tief, nachdem sie vor den Thron getreten waren, und einer von ihnen, ein breitschultriger Hüne mit leuchtend rotem Umhang, sprach: »Die Stadtväter von Sundaril und Andaril entbieten Euch ihren Gruß, König Corwyn. Zu Eurer Unterstützung im Kampf gegen den finsteren Feind schicken sie Euch zweihundert Lanzenreiter sowie einhundert Armbrustschützen. Des Weiteren werden die Städte je tausend Mann Fußvolk zur Verfügung stellen.«
Ein Raunen ging durch die Reihen des Hofstaats, als die Zahlen genannt wurden. Die Grenzstädte hatten lange Zeit als der Inbegriff der Selbstsucht der Menschen gegolten – dass ausgerechnet sie ein so großes Truppenkontingent stellen wollten, überraschte viele.
Nicht so Corwyn. Obwohl er ein Auge verloren hatte, sah er manches, das ihm früher verborgen geblieben war. Er hatte gewusst, dass es so kommen würde …
»Ich danke den Stadtvätern von Sundaril und Andaril für ihren großzügigen Beitrag, den ich gerne annehme«, erwiderte er. »Ich versichere, dass ich die mir anvertrauten Kämpfer nach bestem Wissen und Gewissen anführen werde.«
Der letzte Satz entsprach nicht dem Protokoll, was die königlichen Berater nervös aufblicken ließ. Corwyn aber hatte das Gefühl, es seinen Untertanen schuldig zu sein: Wenn sie schon in den Krieg ziehen mussten, dann sollten sie wenigstens wissen, dass er sich seiner Verantwortung bewusst war.
Die Vertreter der Grenzstädte verbeugten sich und traten beiseite. Die nächste Abordnung, die den Thronsaal betrat, gehörte unübersehbar dem Zwergenreich an – gedrungene Kämpfer mit langen Bärten und in prächtigen, mit Edelsteinen verzierten Rüstungen schritten auf den Thron zu, vor dem sie das Knie beugten.
»Mein Name ist Gunthmar von Nagelfluh, Herr«, stellte sich der Wortführer der Gruppe mit tiefer Stimme vor, »einer jener Fürsten, die sich Eurer Herrschaft unterworfen haben, weil sie an das Ideal glauben, für das Tirgas Lan einst stand und hoffentlich bald wieder stehen wird. Von jeher haben sich die Zwerge der Verantwortung nie verschlossen. In zwei langen und blutigen Kriegen haben wir uns ihr gestellt, und wir werden auch diesmal nicht zurückstehen, wenn es darum geht, unsere Welt zu verteidigen. Baut deshalb auf achtzig gepanzerte Kämpfer aus dem Zwergenreich, die sowohl ihr Herz als auch ihre Axt in Eure Dienste stellen werden, sowie auf vierhundert Bogenschützen, die ihr Ziel auch in der Hitze des Kampfes nicht verfehlen.«
Corwyn bedankte sich auch für diesen Beitrag, und die Heerschau ging weiter. Mit jeder Gruppe, die vortrat, vergrößerte sich die Armee, die er befehligen und nach Kal Anar führen würde, einem ungewissen Schicksal entgegen.
Die Hafenstädte Urquat und Suquat stellten zehn Kriegsgaleeren zur Verfügung, die sie mit je achtzig Kämpfern bemannen wollten; die Krieger der Insel Olfar, lange Zeit der Schrecken der Küstensiedlungen, gesellten sich mit zehn Drachenschiffen und weiteren fünfhundert Mann dem Bündnis hinzu.
Als Nächstes traten die Abgesandten der nördlichen
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