Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
gerichtet hatten und dessen Gesicht beinahe so rot geworden war wie sein wirres Haar, wusste nicht, was er darauf erwidern sollte – mit einer solchen Reaktion hatte er nicht gerechnet.
»Stoßt zu!«, forderte Corwyn noch einmal. »Glaubt nicht, dass Ihr mir damit Schmerz zufügt, denn ohne Königin Alannah versinkt die Welt für mich ohnehin in immerwährender Dunkelheit. Also los, worauf wartet Ihr?«
Einen endlos scheinenden Augenblick standen die beiden Männer einander gegenüber, Corwyn mit bitterer Entschlossenheit in der Miene und Yelnigg die Klinge reichend, der ebenso beschämt wie ratlos schien. Der Baron machte keine Anstalten, das Schwert zu ergreifen, also ließ Corwyn es schließlich sinken.
»Verzeiht meine unbedachten Worte, mein König«, flüsterte Yelnigg. »Ich weiß nicht, was über mich kam.«
»Aber ich weiß es.« Corwyn lächelte nachsichtig. »Das, was uns alle von Zeit zu Zeit überkommt, denn wir sind alle nur sterblich.«
Der Baron schaute ihm ins Gesicht, schien ihn zu mustern – und schließlich erwiderte er das Lächeln.
»Hier, meine Hand«, sagte Corwyn und hielt ihm statt des Schwertgriffs die Rechte hin. »Ergreift sie, mein Freund, und wir werden gemeinsam in diese Schlacht ziehen. Nicht weil wir es wollen, sondern weil wir keine andere Wahl haben.«
Yelnigg zögerte, schien einen inneren Kampf auszutragen. Rachsucht und gekränkter Stolz rangen mit Pflichtbewusstsein und der Einsicht, dass der Herrscher von Tirgas Lan nicht zu denen gehörte, die ihre Macht missbrauchten. Die Krone auf seinem Haupt betrachtete er mehr als Bürde denn als Privileg, und in dem Krieg, der bevorstand, war er bereit, die gleichen Opfer zu bringen wie jeder andere Mann in Erdwelt.
Was mehr konnte man von einem König erwarten?
Mit einem grimmigen Nicken ergriff der Baron Corwyns Rechte, und unter den Abgesandten und Höflingen, die verstanden, dass dieser Handschlag mehr bedeutete als einen beendeten Streit zwischen zwei ehemaligen Rivalen, brach Beifall aus, in den auch die Angehörigen der Leibgarde einfielen.
»Tirgas Lan! Tirgas Lan! Tirgas Lan!«, wurde allenthalben gerufen, und Corwyn wurde klar, dass all das, was er in den letzten Monaten getan und bewirkt hatte, dass all die Opfer, die er gebracht hatte, nicht vergeblich gewesen waren.
Tirgas Lan war nicht nur mehr der Name einer Stadt – er war zum Inbegriff der Hoffnung geworden, zu einem lodernden Fanal, zu dem Menschen und Zwerge aufblickten in einer Zeit, in der dunkle Wolken über Erdwelt heraufzogen.
Obwohl Corwyns Herz schwer war und traurig, fühlte er auf einmal ein wenig Zuversicht – denn nicht er hatte die Saat ausgebracht, die in diesem Augenblick im Thronsaal aufging, sondern Alannah. Sie war es gewesen, die daran geglaubt hatte, dass sich die zersplitterten Völker Erdwelts einst unter der Krone Tirgas Lans vereinen würden, genau wie Farawyn der Seher es prophezeit hatte – und sie hatte recht gehabt.
Erstmals seit Hunderten von Jahren sprachen die Städte, Clans und Fürstentümer wieder mit einer Stimme, hatten zusammengefunden, um einem möglicherweise weit überlegenen Feind zu trotzen.
Gemeinsam würden sie siegen.
Oder untergehen.
5.
DURKASH UR'ARTUM'HAI SHUB
Nach sechs Tagesmärschen durch unwegsamen Dschungel erreichten die Orks und ihre menschlichen Begleiter die östlichen Ausläufer der Smaragdwälder.
Mehrmals hatte vor allem Rammar befürchtet, dass sie sich rettungslos verlaufen hatten. Aber Quia kannte den Weg, und sie hatte die Gruppe zuverlässig geführt – unter den bewundernden Blicken Nestors von Taik.
Als sich der dichte Vorhang aus Riesenfarnen und Lianen endlich vor ihnen lichtete, brachen Rammar und Nestor in trotzigen Jubel aus, und sogar Gurn gönnte sich ein erleichtertes Seufzen. Keine Schlinggewächse mehr, die sie erwürgen wollten, keine gefräßigen Panzerechsen und keine Moskitos – all das lag hinter ihnen.
Wenn die Gefährten jedoch glaubten, dass ihre Reise nun einfacher oder gar weniger gefährlich werden würde, dann irrten sie …
Sie kamen jedoch rascher voran, weil Balbok und Gurn ihnen nicht mehr mit Axt und Zweihänder einen Weg durchs Unterholz schlagen mussten. Stattdessen wurde das Land immer felsiger, und die letzten Ausläufer von Grün verloren sich schließlich in einem Meer aus zerklüfteten schwarzen Felsen, über die sich ein düsterer grauer Himmel mit bizarren Wolkenformationen spannte.
»Shnorsh!«, knurrte Balbok. »Sieht so aus,
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