Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
Felsen sitzen und nach Südosten starren, wo sich am fernen Horizont ein feuriges Glühen abzeichnete: Der Anar, den die Wanderer bei Tag nicht zu sehen bekommen hatten, weil er sich in Dunst und Wolken hüllte, war bei Nacht weithin sichtbar.
Sie waren also in die richtige Richtung marschiert …
Bei der Gestalt handelte es sich eindeutig um einen Ork, und da diesem ein Ohr fehlte, musste es Ankluas sein. Rammar, der keine Lust verspürte – und auch ein bisschen Angst davor hatte –, sich mit einem ochgurash abzugeben, wollte sich rasch wieder hinlegen, um so zu tun, als ob er schliefe – doch da sah er, dass der einohrige Ork etwas in seinen Klauen hielt, und dieses Etwas erregte Rammars Aufmerksamkeit, weil es den matten Lichtschein reflektierte …
Ein Spiegel?
Natürlich, was sonst?
Jeder Ork wusste, wie gern sich die ochgurash'hai im Spiegel betrachteten, so wie die Weiber – einem echten männlichen Ork, einen aus echtem Tod und Horn, kam so etwas niemals in den Sinn!
Rammar war ehrlich enttäuscht, sich so in Ankluas getäuscht zu haben, und wollte sich wieder hinlegen – als ein entsetzliches Geräusch über die Ödnis hallte.
Es war jenes durchdringende Kreischen, das dazu angetan war, einen Sterblichen um den Verstand zu bringen …
Rammar sprang auf. Sein Herz raste in seiner Brust, und eine innere Panik befiel ihn, die so überwältigend war, dass er am liebsten laut losgeschrien hätte.
Die anderen erwachten jäh aus ihrem Schlaf. In einer fließenden Bewegung sprang Balbok auf und hatte die Axt schon in den Klauen, und auch Gurn und Nestor griffen zu den Waffen.
Ankluas aber lief zu ihnen und erinnerte sie daran, dass sie unter dem Felsüberhang aus der Luft nicht zu sehen waren, und mahnte zur Ruhe.
»Ein Basilisk«, erklärte er, noch ehe irgendjemand fragen konnte. »Seht!«
Die anderen schauten in die Richtung, in die die Klaue des Orks deutete, und dann sahen sie am Nachthimmel die Furcht erregende Silhouette des Schlangenvogels, die sich gegen das feurige Leuchten über dem Anar abzeichnete. Mit kräftigen Schlägen seiner riesigen Schwingen hielt er auf den Vulkan zu.
»Elende Biester also auch hier«, knurrte Gurn.
»Natürlich – dies ist ihre Heimat«, erklärte Ankluas. »Dieser dort fliegt vermutlich gerade nach Kal Anar, um seinem Herrn zu berichten.«
»Berichten? Worüber?«, fragte Rammar.
»Wer weiß? Vielleicht über die jüngsten Ereignisse in den Hügellanden oder im Zwergenreich.«
»Oder über uns«, fügte Nestor schaudernd hinzu.
»Verdammt«, fuhr Rammar ihn an, obwohl er insgeheim dieselbe Befürchtung hegte, »müssen Milchgesichter immer gleich schwarzsehen?«
»Wenn der Basilisk uns gesehen hätte, hätte er uns angegriffen«, war Ankluas überzeugt. »Immerhin wissen wir jetzt, dass wir richtig lagen mit unserer Vermutung – die Basilisken kommen tatsächlich aus Kal Anar und stehen in den Diensten des dortigen Herrschers.«
»Was ist das für ein Kerl?«, fragte Balbok, mehr an sich selbst gewandt als an die anderen. »Was für ein umbal schafft sich solche Viecher an?«
»Kein umbal, sondern ein Feind, der über einen ebenso messerscharfen wie böswilligen Verstand verfügt«, sagte Ankluas. »Wenn wir ihn aus dem Weg schaffen wollen, werden wir uns verdammt vorsehen müssen.«
»Ihn aus dem Weg schaffen?«, schnappte Rammar. »Wer hat was von aus dem Weg schaffen gesagt?«
»Du selbst«, antwortete Balbok prompt. »Oder interessieren dich die beiden Schätze nicht mehr?«
»Die beiden Schätze?« Nestor und Gurn machten große Augen. »Es gibt zwei davon?«
»Na großartig«, knurrte Rammar. »Vielen Dank auch, dass du alles hinausposaunt hast.«
Balbok lächelte naiv. »Gern geschehen.«
»Welche beiden Schätze?«, verlangte Nestor zu wissen.
»Das geht euch nichts an!«, blaffte Rammar. »Ihr beide seid hier, um euch eure Freiheit zu verdienen, und das war's. Ende der Vorstellung. Schicht im Schacht, wie die Hutzelbärte sagen.«
»Wegen von«, widersprach Gurn grollend. »Für Freiheit genug getan. Ich gehen nach Norden und überqueren Gebirge, um zurückkehren in mein Heimat.«
»Du hast Corwyn dein Wort gegeben, vergiss das nicht«, brachte Rammar in Erinnerung, worauf der Eisbarbar jedoch nur ein verächtliches Schnauben vernehmen ließ.
»Gurn hat recht«, pflichtete Nestor seinem menschlichen Gefährten bei. »Unser Auftrag sah lediglich vor, den Feind auszuspionieren. Wenn wir mehr tun sollen als das, wird es
Weitere Kostenlose Bücher