Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
als würde es bald regnen.«
»Umbal!«, rügte ihn Rammar. »Hast du vergessen, wie Regenwolken aussehen? Als ob wir zu Hause in der Modermark nicht genug davon hätten.«
»Dein Bruder hat recht, Balbok«, pflichtete Ankluas dem fetten Ork bei (auch wenn Rammar seit jenen Abend im Amazonendorf keinen gesteigerten Wert mehr auf dessen Zustimmung legte). »Diese Wolken bergen kein Wasser, sondern wurden durch ewiges Feuer hervorgebracht.«
»Wie das?«, wollte Balbok wissen, der fand, dass eine der Wolken auffällige Ähnlichkeit mit einer riesigen Spinne hatte. Und jene dort sah aus wie die Fratze des finsteren Kurul …
»Die Wolken ziehen von Südosten her«, erklärte Quia, die nicht weniger sorgenvoll in den Himmel spähte als die Gefährten. »Dort befindet sich der Anar.«
»Wer ist das?«, wollte Balbok wissen.
»Ein Berg, dessen Inneres aus Feuer besteht«, antwortete die Amazone schaudernd.
»Ein Vulkan«, drückte Ankluas es anders aus, »an dessen Hängen sich die Stadt Kal Anar befindet.«
»Ist das nicht ziemlich gefährlich?«, erkundigte sich Nestor.
»Sollte man meinen«, antwortete Ankluas. »Allerdings wurde Kal Anar im Lauf seiner langen Geschichte noch nie vernichtet – weder durch Feindeshand noch durch die Naturgewalt, die in diesem Berg schlummert. Wann immer Feuer und Glut aus dem Krater quollen, haben sie einen Bogen um die Stadt gemacht, so als würde eine dunkle Macht die Stadt vor ihrer Vernichtung bewahren. Was ihr hier vor euch seht«, sagte der Ork und deutete geradeaus in die Landschaft, die sich vor ihnen erstreckte, »ist das Ergebnis des letzten Ausbruchs des Anar.«
Der Anblick war beklemmend.
Jenseits der letzten Bäume und Gräser, die die östliche Grenze der Smaragdwälder bildeten, gab es keine Pflanzen mehr, nur noch schwarzen, zerklüfteten Fels, dessen Oberfläche das matte Tageslicht zu schlucken schien. Breite Risse durchzogen die unwegsame Landschaft, bizarre Formationen hatten sich im Gestein gebildet. An anderen Stellen war der Fels geborsten, und schwarze Trümmer übersäten den Boden, und hier und dort hatte sich der Boden aufgeworfen und schroffe Klippen gebildet, die das Land wie den Panzer einer Riesenechse aussehen ließen. Die Luft über der Ödnis flimmerte – nicht etwa, weil die Sonne die Felsen so aufgeheizt hätte, sondern weil an unzähligen Stellen zischend heißer Dampf aus den Erdspalten trat.
»Diese Hitze«, erklärte Ankluas, »kommt tief aus dem Inneren von Erdwelt. Sie ist der Grund dafür, dass die Smaragdwälder all diese Arten von Pflanzen und Tieren hervorgebracht haben, die man im Westen nicht kennt.«
»Großartig.« Rammar schnitt eine Grimasse. »Auf diese Vielfalt hätte ich gut verzichten können.«
»Es heißt, das ganze Ostgebirge stamme aus den Tiefen des Anar«, fuhr der einohrige Ork fort, der offenbar über die Länder des Ostens gut Bescheid wusste. »Vor Urzeiten hat der Vulkan es in Form glühender Lava ausgespuckt.«
»Und damit richtig große Haufen gesetzt«, vervollständigte Rammar.
»So könnte man es ausdrücken.«
Ein listiges Grinsen lag auf der Fratze des dicken Ork. »Dann hatte ich die ganze Zeit über recht«, folgerte er feixend, »und es muss doch Kal Asar heißen …«
Niemand lachte – außer Balbok, der die Bemerkung seines Bruders so komisch fand, dass er kaum noch Luft bekam. Ankluas, Nestor und Gurn hingegen sandten Rammar nur verständnislose Blicke, und auch Quia teilte den Humor ihres Stammvaters offenbar nicht. Im Gegenteil, die Züge der jungen Amazone waren immer betrübter geworden, je weiter die Gruppe nach Osten vorgestoßen war. Der Grund dafür war offensichtlich – der Augenblick des Abschieds war gekommen …
»Meine Aufgabe ist erfüllt«, erklärte die Kriegerin deshalb auch. »Mein Auftrag war es, euch an die Ostgrenze des Waldes zu führen. Von hier an bin ich euch keine Hilfe mehr, denn keine Tochter von Amaz hat das Land jenseits der Wälder jemals betreten.«
»Wir sind dir sehr dankbar, Quia«, versicherte Nestor, noch ehe ein anderer etwas erwidern konnte. »Ohne dich hätten wir es niemals so schnell bis hierher geschafft.«
»Ich habe nur getan, was meine Pflicht war gegenüber Bunais, unserem Stammvater.« Sie zwang sich zu einem Lächeln, aber es war ihr deutlich anzusehen, wie schwer ihr das fiel. »Darf ich dich umarmen, großer Bunais?«, fragte sie Balbok schließlich.
»Äh – korr«, erwiderte der verdutzte Ork, der sich an die zarte Art
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