Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
seiner Töchter noch immer nicht gewöhnt hatte. Wenn man unter Orks körperlich intim wurde, führte das oft genug zu gebrochenen Rippen.
Quia trat auf ihn zu, und da er zu groß war, als dass sie ihre Arme um seinen Hals hätte legen können, schlang die Amazone sie kurzerhand um seine Brust, was tatsächlich aussah, als würde ein Kind seinen Vater umarmen. Balbok blickte ein wenig beschämt in die Runde und wusste nicht recht, was er tun sollte – unbeholfen tätschelte er schließlich ihren Kopf, wobei er sich vorsehen musste, ihn nicht zu zerquetschen.
»Leb wohl, Bunais«, hauchte sie, und als sie sich endlich von ihm löste, sah man eine Träne über ihre Wange rinnen. »Sei auf der Hut in dem dunklen Land, das vor dir liegt.«
»Das – äh … werde ich«, versicherte Balbok und kratzte sich verlegen am Hinterkopf, während Rammar nur dabeistand und genervt den Kopf schüttelte.
»Wenn du willst, darfst du mich auch umarmen«, ermutigte Nestor die Amazone. Die wischte sich über die Augen und lächelte, doch anstatt seiner Aufforderung nachzukommen, trat sie zu ihm und hauchte ihm einen blütenzarten Kuss auf die Wange.
»Leb wohl, mein Freund«, sagte sie.
»Leb wohl …«
Der Verführer von Taik schaute ihr wehmütig hinterher, als Quia den Rückmarsch nach Westen antrat. Die Gefährten – allen voran Balbok und Nestor – winkten ihr nach, bis sie zwischen den Bäumen verschwunden war.
»Ach«, machte Balbok.
»Ja«, pflichtete Nestor ihm bei.
»Seid ihr bald fertig, ihr elenden Weicheier?«, maulte Rammar sie an. »Ist das zu fassen? Ein Ork mit Vatergefühlen und ein liebeskranker Mörder!«
»Ich bin nicht liebeskrank«, beeilte sich Nestor zu versichern.
»Das kannst du deinem Henker erzählen, Milchgesicht. Und jetzt seht zu, dass ihr die Beine schwingt – die Zeit drängt!«
Den Rest des Tages marschierten die fünf Gefährten nach Südosten, durch eine triste Landschaft, die nur aus Hitze und schwarzem Fels zu bestehen schien. Über ihnen spannte sich ein drückend grauer, von Rauch und giftigen Dämpfen durchzogener Himmel.
Rammar hatte nie darüber nachgedacht, wie es in Kuruls Grube aussehen mochte, aber er war sicher, dass dies der Sache ziemlich nahe kam: toter Fels, wohin man auch blickte, dazu der heiße Brodem, der aus den Tiefen der Erde quoll.
Nicht nur der dicke Ork schwitzte, auch seine Gefährten, und nicht selten hatten sie das Gefühl, auf der Stelle zu treten oder im Kreis zu gehen. Mehrmals mussten sie weite Umwege in Kauf nehmen, um breite Felsspalten zu überwinden oder an Klippen vorbeizugelangen, die sich wie Mauern vor ihnen erhoben. Dabei mussten sie sich vorsehen, denn oft war das schwarze Gestein brüchig und lose, und man konnte sich leicht alle Knochen brechen bei einem Sturz in die teils verborgenen Felsspalten.
Es war Ankluas, der den Überblick behielt und seine Gefährten anführte, weiter nach Südosten, wo sich jenseits der flimmernden Luft und der weißen Schwaden Kal Anar befinden musste.
An einem Wasserlauf hatten die Gefährten kurz vor Verlassen des Waldes die ledernen Schläuche, die sie von den Amazonen bekommen hatten, noch einmal aufgefüllt, und das war gut so, denn ohne Wasser wären sie in dieser Wüste aus schwarzem Fels verloren gewesen. Dennoch hatte Rammar das Gefühl, dass seine Zunge zu einem unförmigen Kloß angeschwollen war, und er sehnte die Dämmerung herbei.
Die Dunkelheit kam, doch zu Rammars Verdruss wurde es nicht kühler. Die Sonne, die durch die dichten Wolken ohnehin kaum zu sehen gewesen war, verschwand hinter dem Horizont, die mörderische Hitze aus der Tiefe jedoch blieb.
Unter einem Überhang aus schwarzem Fels, der so aussah, als wäre eine Woge aus flüssigem Gestein urplötzlich erstarrt, fanden die erschöpften Wanderer Unterschlupf und versuchten ein wenig zu schlafen, was allerdings gar nicht so einfach war. Denn das beständige Brodeln und Zischen, das aus der Erde drang, dauerte auch in der Nacht an und sorgte dafür, dass zumindest Rammar trotz seiner Erschöpfung kaum ein Auge zutat.
Während sein hagerer Bruder schon bald mit Gurn um die Wette schnarchte, wälzte sich Rammar ruhelos auf seinem harten Lager hin und her. Irgendwann gab er entnervt auf, setzte sich stöhnend auf und streckte sich, dass seine Knochen laut knackten.
Gegen das orangefarbene Leuchten, das mit dem Dampf aus den Tiefen von Erdwelt drang und die nächtliche Landschaft matt beleuchtete, sah er eine Gestalt auf einem
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