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Die Orks 02 - Der Schwur der Orks

Titel: Die Orks 02 - Der Schwur der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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betrachtet, wirkte der Schlangenturm noch um vieles eindrucksvoller als aus der Ferne. Wie er sich in den grauen, von Rauchwolken durchsetzten Himmel wand, hatte er tatsächlich etwas von einer Schlange, als ob sich ein riesiges Reptil am steilen Hang aufgerichtet hätte und dann zu Stein erstarrt wäre. Anders als die Häuser der Stadt, die schwarz und grau waren vom allgegenwärtigen Ruß, schimmerte der Turm in mattem Weiß, was auch erklärte, weshalb er bei Nacht, wenn das Glühen des Vulkans über der Stadt lag, weithin zu sehen war.
    Im oberen Teil, wo sich der Turm allmählich verjüngte, hatte er einige runde Fenster, doch den einzigen Eingang bildete eine hohe Pforte mit einer Plattform davor, zu der wiederum eine breite Treppe führte. Dort standen Männer in schwarzen Roben mit dem Basiliskensymbol auf der Brust. Die Gesichter unter den Kapuzen waren nicht zu sehen.
    Schweigend blickten sie auf das Volk herab, das sich auf dem Vorplatz sammelte. Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind in Kal Anar schien dem geheimnisvollen Ruf gefolgt zu sein. Eine unglaubliche Enge herrschte auf der Fläche, die sich zwischen Felsen und Pfahlbauten erstreckte. Aber es brach keine Panik aus, im Gegenteil – kaum hatten die Menschen den Vorplatz erreicht, schien der Zwang, unter dem sie standen, wieder nachzulassen. In stiller Furcht starrten sie hoch zu den Männern in den Roben, bis schließlich einer von diesen vortrat.
    In einer herrischen Geste hob er beide Arme, woraufhin absolutes Schweigen einkehrte. Nestor und Gurn wechselten einen viel sagenden Blick – wer immer diese vermummten Kerle waren, sie schienen große Macht zu haben.
    Der Kapuzenmann sprach nur ein Wort.
    »Xargul.«
    Ein Wispern ging daraufhin durch die Menge, wie ein Windstoß kurz vor einem Gewitter. Und dann begannen die Menschen von Kal Anar wie aus einem Munde jenes Wort zu wiederholen, wieder und immer wieder. »Xargul. Xargul. Xargul …«
    Ein monotoner Gesang aus Tausenden von Kehlen …
    Wieder tauschten Nestor und Gurn einen Blick. Sie kannten die Sprache Kal Anars nicht und hatten keine Ahnung, was das Wort bedeutete. Aber es hatte einen unheilvollen, beunruhigenden Klang, zumal wenn es aus so vielen Kehlen gleichzeitig erklang. Und erneut fragte sich Nestor, wovon sie hier Zeugen wurden …
    Eine Weile lang lauschte der Kapuzenmann dem unheimlichen Singsang der Menge, dann hob er wieder die Arme, und so plötzlich, wie er aufgeklungen war, brach der fanatische Chor ab. Eine dunkle Stimme drang unter der Kapuze des Unheimlichen hervor; er sprach einige Worte, die Nestor und Gurn nicht verstanden. Was hätten sie darum gegeben, Lao bei sich zu haben. Aber der Kal Anarer war nirgends auszumachen.
    Was der Vermummte sagte, blieb den beiden Spionen verborgen – die Reaktion der anderen Menschen jedoch war eindeutig. Immer wieder ging ein Raunen durch die Menge, und Nestor konnte sehen, wie die alte Furcht auf die Gesichter ringsum zurückkehrte.
    Die Turmpforte öffnete sich, und eine Abteilung Soldaten marschierte hervor, schwer gepanzert und bewaffnet. Je zwei von ihnen gesellten sich einem der Vermummten hinzu, dann stiegen sie die Treppe hinab zum Volk.
    Was dann geschah, konnten Nestor und Gurn, die ganz hinten standen, nicht genau erkennen, aber sie bekamen mit, dass Tumult ausbrach. Schreie waren zu hören, und Nestor sah, dass die Soldaten ihre Schwerter zückten und damit um sich schlugen.
    Gurn stieß ein verächtliches Knurren aus, denn für ihn war es ein Zeichen von Feigheit, sich an wehrlosen Frauen und Kindern zu vergreifen. Auch Nestor verspürte Empörung, was ihn selbst überraschte. Immerhin war es noch nicht lange her, da hatte er seine Messerhand meistbietend verkauft und keine Skrupel gehabt, seine Klinge Unschuldigen und Unbewaffneten zwischen die Rippen zu jagen, solange nur die Bezahlung stimmte. Was, verdammt noch mal, war los mit ihm? Diese Reise schien ihm nicht zu bekommen. Oder war es die Gesellschaft der Unholde?
    Schließlich kehrten die Soldaten und die Vermummten auf die Plattform zurück – im Schlepp junge Männer, die vergeblich versuchten, den Griffen ihrer Häscher zu entkommen. Während der größte Teil der Menge nach wie vor schweigend und reglos dastand, war die Lethargie von den Gefangenen abgefallen. Wie wild gebärdeten sie sich und schrien aus Leibeskräften – aber weder zeigten die Soldaten Mitleid, noch kam ihnen jemand aus dem Volk zu Hilfe. Nur wenige hatten sich widersetzt, und die

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