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Die Orks 02 - Der Schwur der Orks

Titel: Die Orks 02 - Der Schwur der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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gesuchte Verbrecher waren, darüber wollte der Mann aus Taik lieber nicht nachdenken.
    Die Furcht war in Kal Anar allgegenwärtig. Kaum einmal war ein Lachen zu hören oder eine freundliche Miene zu sehen, und wenn doch, so war es damit schlagartig vorbei, sobald sich die Soldaten zeigten. Aber die Angst der Menschen galt nicht nur den Männern in den schwarzen Rüstungen – sie ging noch viel weiter.
    Immer wieder blickten die Einwohner der Stadt argwöhnisch zum Turm hinauf, der die Stadt drohend überragte. Was auch dort oben lauern mochte, es war der eigentliche Grund für die Furcht, die in Kal Anar umging. Anfangs hatten Nestor und Gurn es nicht bemerkt, aber je länger sie in der Stadt weilten, desto mehr gerieten auch sie unter den Einfluss des grausamen Bauwerks. Als ob sich ein Schatten über sie gelegt hätte, befiel sie eine seltsame Schwermut und Trauer, gepaart mit einem unbestimmten Gefühl der Bedrohung, dessen Ursprung sie nicht zu ergründen vermochten und das sie dennoch in seinen Klauen hielt.
    Trotzdem blieben die beiden in der Stadt – und als das rätselhafte Signal verklang, dämmerte ihnen, dass es genau das gewesen war, worauf sie die ganze Zeit über gewartet hatten.
    Als ob zusammen mit dem geheimnisvollen Ton ein lautloser Befehl erklungen wäre, ging eine Veränderung mit den Menschen von Kal Anar vor sich. Was sie auch immer gerade getan hatten, sie ließen es stehen und liegen: Handwerker ließen ihre Werkzeuge fallen, Passanten die Waren, die sie eben erst erworben, Händler das Geld, das sie gerade kassiert hatten. Von einem Augenblick zum anderen galt ihre Aufmerksamkeit nur noch dem drohenden Bauwerk hoch über der Stadt, von dem das geheimnisvolle Signal ausgegangen sein musste.
    Die Leute setzten sich in Bewegung, zwängten sich zu Dutzenden durch die schmalen Gassen und drängten die Stufen hinauf, dem Schlangenturm entgegen.
    »Verdammt, was gefahren in sie?«, knurrte Gurn, dem die Sache nicht geheuer war. Als Barbar des Nordlands misstraute er allem, was allzu rätselhaft war oder gar übersinnlich erschien – eine weitere Eigenschaft, die er mit den Orks teilte. Nur mit Mühe konnten Nestor und er sich gegen die Menschenmassen behaupten, die plötzlich den Berg hinaufströmten.
    »Keine Ahnung.« Nestor zuckte mit den Schultern. »Aber ich nehme an, dass das die Gelegenheit ist, von der Lao gesprochen hat.«
    Der Eisbarbar ließ ein grimmiges Knurren vernehmen. »Und wo kleiner Mann?«
    Das war in der Tat eine gute Frage. Lao hatte sie zum Markt begleitet, war jedoch verschwunden, als das Signal erklungen war, und seither war er nicht zurückgekehrt. Inmitten der wogenden Massen bestand auch keine Hoffnung mehr, ihn zu finden.
    »Brauchen ihn nicht«, entschied Gurn kurzerhand. »Gehen allein zu Turm.«
    Nestor zögerte. Lao kannte sich in der Stadt aus und beherrschte die Sprache der Einheimischen. Schon mehrmals hatte er ihnen geholfen, wenn Passanten ihre Verwunderung über Gurns Körpergröße geäußert hatten. Lao an ihrer Seite zu haben, bedeutete zusätzlichen Schutz vor Entdeckung, aber so, wie die Dinge lagen, mussten sie zunächst einmal allein zurechtkommen. Die Gelegenheit, zum Schlangenturm zu gelangen, war günstig – die wollten sie sich nicht entgehen lassen.
    Sie überlegten nicht lange und mischten sich in dem Menschenstrom, der über schmale, in Stein gehauene Stufen den Berg hinauffloss. Gurn zog den Kopf zwischen die Schultern, damit er nicht weithin sichtbar aus der Menge ragte, und Nestor vermied es, den Menschen ringsum in die Gesichter zu schauen. Allerdings sah es ohnehin nicht so aus, als ob sich jemand für die beiden Fremden interessierte – seit das Signal erklungen war, zeigten die Mienen der Kal Anarer einen seltsamen, fast verklärten Ausdruck. Was, bei den steinernen Götzen von Taik, ging in dieser Stadt nur vor?
    In den Gassen herrschte Schieben und Drängen. Die Bürger schienen es nicht erwarten zu können, hinaufzugelangen zum Turm. Nestor nahm nicht an, dass ihre Furcht plötzlich verflogen war. Es war eher so, dass sie nicht anders konnten, als dem Ruf zu folgen – wie Motten, die in das Licht einer Fackel flogen, um elend zu verbrennen.
    Erstmals seit sie in Kal Anar weilten, gelangten Nestor und Gurn in die höher gelegenen Bereiche der Stadt. Und über eine steile, breite Treppe erreichten sie schließlich den Vorplatz des riesigen Bauwerks, das die Stadt weit überragte und zu beherrschen schien.
    Aus der Nähe

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