Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
ihm zugleich fremd und vertraut vorkam und die von unendlicher Bosheit war.
Er hörte, wie sich hinter ihm etwas regte, wie etwas ungeheuer Großes die Felswand nach unten glitt, an der es zuvor reglos gehangen hatte. Es erreichte die Plattform, dennoch hütete sich Ankluas, sich danach umzudrehen, sondern starrte weiterhin hinab auf den Glutsee.
»So ganz allein?«, fragte eine dunkle, hässlich zischelnde Stimme.
Ankluas schloss die Augen.
Es war so weit …
13.
SUL UR'SNAGOR
»Willst du dich nicht umdrehen?«, fragte die Stimme. Ihr dunkler, kehliger Klang war Ankluas fremd – der blasierte, arrogante Tonfall hingegen kam ihm auf tragische Weise vertraut vor.
»Wozu?«, fragte er. »Um versteinert zu werden? Ich weiß genau, was du bist – und ich weiß auch, wozu du fähig bist. Die Blicke deiner missratenen Brut vermögen ihre Opfer nur zu lähmen – wer jedoch in das Auge des wahren Basilisken blickt, der erstarrt unwiederbringlich zu Stein, und nicht einmal Elfenzauber vermag ihn dann wiederzubeleben.«
»So steht es in den alten Schriften«, bestätigte die Stimme, und wieder hörte Ankluas, wie sich das riesige Etwas hinter ihm kriechend näherte. Aus dem Augenwinkel nahm er auch eine Bewegung wahr, aber er widerstand der Versuchung, sich umzudrehen. »Für einen Ork bist du erstaunlich gut informiert.«
Ankluas nickte grimmig. »Nicht immer sind die Dinge so, wie sie auf den ersten Blick erscheinen.«
»Was willst du damit sagen?«
»Damit will ich sagen, dass ich dich durchschaue.«
»Wie das?«
»Wie ich schon sagte – ich weiß, was du bist. Und ich weiß auch, wer du bist.«
»Ach ja?« Das Monstrum, das weder Arme noch Beine hatte und sich schwerfällig über den Boden wälzte, lachte leise. »Und wer bin ich deiner Ansicht nach, nichts wissender Unhold?«
»Jemand, der verstoßen wurde«, antwortete Ankluas prompt. »Der alles erreichen wollte und gescheitert ist. Dem alles genommen wurde, was er sich erträumte – und der sich nun rächen will. Ist es nicht so?«
Die Stimme erwiderte nichts. Alles, was der Ork hören konnte, war ein heiseres Zischen.
»Ist es nicht so?«, fragte er deshalb noch einmal. »Oder willst du die Wahrheit leugnen … Loreto?«
Das Zischen aus dem Schlund der Kreatur verstärkte sich, und trotz der mörderischen Hitze war es, als würde ein eisig kalter Windhauch über die Plattform wehen.
»Dieser Name …«, tönte es leise.
»Erkennst du ihn wieder?«, fragte Ankluas.
»Ob ich ihn wiedererkenne oder nicht, spielt keine Rolle. Er hat keine Bedeutung mehr für mich.«
»Dennoch ist er ein Teil von dir«, sagte der Ork. »Loreto ist das, was dich nährt, nicht wahr? Was dein Leben rettete, als du kurz davor warst, es für immer zu verlieren, und was deine Existenz erhält. Habe ich recht?«
Die Kreatur war bis auf wenige Schritte an Ankluas herangekommen. Ihr keuchender, stinkender Atem raubte ihm fast die Besinnung.
»Du hast lange gewartet«, fuhr Ankluas fort. »Ein ganzes Zeitalter lang hast du in der Dunkelheit gelauert und darauf gelauert, dass einer kommt, der dich neu beleben würde. War es nicht so?«
»Was gewesen ist, ist unerheblich«, zischte das Monstrum. »Wichtig ist nicht, was ich war, sondern was ich bin.«
»Und was bist du?«
»Ich«, fauchte die Kreatur, während sie sich zu ihrer vollen Größe aufrichtete, »bin Xargul der Mächtige! Ich existiere seit Anbeginn der Zeit, und überdauert habe ich Äonen. Nun habe ich meine alte Stärke zurückerlangt!«
»Nein«, widersprach Ankluas, der noch immer abgewandt stand, die schreckliche Ungewissheit im Rücken. »Du bist Loreto, ein Elfenfürst, der nach der Krone Tirgas Lans griff und dem sie verwehrt wurde. Verstoßen wurdest du von deinem eigenen Volk, woraufhin du geflohen bist und dich in finsteren, abscheulichen Gegenden herumgetrieben hast – bis die Kreatur dich schließlich fand. Nur durch dich ist sie wieder erstarkt. Deine Bosheit ist es, die sie nährt.«
»Loreto ist nicht mehr«, beharrte das Monstrum. »Wir sind Xargul, alles andere hat seine Bedeutung verloren. Und nun, Unhold, sag uns, woher du all dies weißt, ehe wir dich vernichten!«
»Das werde ich«, versprach Ankluas ruhig – und griff vorsichtig nach dem Gegenstand, den er an einer ledernen Schnur vor der Brust trug …
Mit ausgreifenden Schritten rannten sie durch den von Fackeln beleuchteten Gang – Nestor voraus, Quia dicht hinter ihm und schließlich Balbok.
Eine ganze Abteilung
Weitere Kostenlose Bücher