Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
hast, das ich in meinem langen Leben besessen habe.« Und mit entsetzlicher Langsamkeit richtete sich ein faulig grüner Finger auf Alannah und deutete auf sie. »Meine Frau und Königin.«
»Nein!«, rief Alannah. Obwohl der schreckliche Verdacht bereits in ihr geschwelt hatte, traf diese neuerliche Enthüllung sie mit furchtbarer Wucht. Zitternd brach sie zusammen.
»Was denn?«, raunzte Rammar ungleich weniger beeindruckt. »Mit dem hast du's auch getrieben? Du steckst voller Überraschungen, Elfenweib …«
»Nein! Nein!«, schluchzte sie, am Boden liegend. »Das ist nicht wahr …«
»Es ist wahr«, beharrte Rothgan-Margok unbarmherzig. »Du hast nicht nur meine Gesellschaft geteilt, sondern auch mein Bett, und es verging keine Nacht, in der sich unsere Körper nicht fanden und eins wurden, umgeben von der Macht des Kristalls!«
»Nein, das ist nicht wahr …«
»Du magst es verdrängt oder vergessen haben, aber ich erinnere mich wieder daran. Deine Gegenwart und dein Anblick haben mir die Erinnerung zurückgebracht. Jeden Kusses, jeder einzelnen Zärtlichkeit kann ich mich jetzt entsinnen. Und an das Versprechen, das du mir einst gabst …«
Auf seinen Fingerzeig hin packten die Wachen Alannah und rissen sie in die Höhe.
»Meine Königin«, krächzte es unter der Kapuze hervor, die nun so dicht vor ihr schwebte, dass sie das Gefühl hatte, geradewegs in die dunkle, eisige Schwärze zu stürzen, die sie darin sah. »Wie sehr habe ich dich einst geliebt – und wie sehr hast du mich verletzt. Jahrhunderte hat es gedauert, bis die Narben heilten, und noch immer kann ich sie spüren. Aber nun bist du zu mir zurückgekehrt, endlich, nach all der Zeit. Von meiner Liebe allerdings ist nichts mehr übrig, du wirst mit meinem Hass vorliebnehmen müssen.« Er lachte leise, während er ihren Körper betastete, zunächst ihren schlanken Hals, dann die sanften Rundungen ihrer Brüste, die sich durch das zerschlissene Kleid abzeichneten.
»Wie ist es?«, fragte er mit seiner krächzenden Stimme. »Willst du deinen Mann nicht mit einem Kuss begrüßen, nachdem er all die Jahrhunderte treu auf deine Rückkehr gewartet hat?«
Er beugte sich zu ihr, und sie konnte seinen fauligen Atem riechen. Und als wäre das noch nicht Schrecken genug, griff die grüne Klauenhand an die Kapuze und schlug sie zurück.
Alannah stieß einen gellenden Schrei aus, als sie in die entstellten Züge Rothgan-Margoks blickte.
Der Nebel lichtete sich, und am Bug seines Flaggschiffs stehend, verfolgte Corwyn, wie das dichte Grau in schmutziges Weiß überging. Die Masten und Aufbauten der anderen Schiffe wurden zu beiden Seiten sichtbar, das Gurgeln in der Tiefe war verstummt, und die Ruderschläge hörten sich mit einem Mal weniger dumpf und unheimlich an.
»Nun?«, erkundigte sich jemand hinter ihm mit kaum verhohlener Genugtuung. »Was habe ich dir gesagt?«
Inzwischen hatte sich Corwyn fast daran gewöhnt, dass ihm Dun'ras Ruuhl auf Schritt und Tritt folgte. Er hatte das Gefühl, schon eine halbe Ewigkeit in der Gesellschaft des Dunkelelfen verbracht zu haben, und zu seiner eigenen Verblüffung störte er sich nicht einmal mehr daran.
»Offenbar hast du tatsächlich die Wahrheit gesprochen«, sagte er, während sich der Nebel immer mehr lichtete und sich daraus die fahlen Umrisse von Land schälten, »auch wenn ich es noch immer kaum glauben kann.«
»Weil du deine Feinde auf der falschen Seite suchst«, behauptete der Dunkelelf. »Ich sagte es dir schon einmal, Corwyn, und ich sage es dir wieder: Nicht vor mir, vor Lhurian musst du dich in Acht nehmen. Er war es, der deine Gemahlin entführte und …«
Ein warnender Blick Corwyns brachte ihn zum Verstummen.
»Verzeih«, bat er beflissen, »ich wollte dich nicht damit quälen. Aber du solltest dir allmählich überlegen, auf wessen Seite du stehst: auf der des Mannes, der dir die Geliebte raubte, oder auf der des rechtmäßigen Herrschers von Erdwelt, dessen Macht groß genug ist, dir alles zu geben, was du dir erhoffst …«
Corwyn antwortete nicht. Am Bugspriet stehend, beobachtete er, wie bizarre Felsformationen im immer durchsichtiger werdenden Nebel auftauchten; Säulen und Riffe, die wie Klingen aus dem Wasser stachen.
»Das sollen die Fernen Gestade sein?«, fragte er skeptisch. Den Ort, nach dem sich alle Elfen sehnten, hatte er sich anders vorgestellt.
»Keineswegs – dies sind nur die Felseninseln, die dem Eiland vorgelagert sind. Ihrer bleichen Formen wegen
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