Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
angewidert. »In Wahrheit geht es dir nur um die Verfolgung deiner eigenen Ziele.«
»Und wenn? Ist das nicht bei allen so? Unser eigener Wille ist das Maß aller Dinge, der meine wie der deine.«
»Nein«, widersprach Corwyn. »Ich bin nicht wie du. Ich diene einem höheren Ideal.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Und ob ich das tue.«
»Hast du meinen Gefolgsmann im Dienste eines höheren Ideals zu Tode gefoltert?«, fragte der Dunkelelf herausfordernd – und Corwyn wusste nichts darauf zu erwidern.
Was ihn dazu bewogen hatte, diese düstere Kammer aufzusuchen und auf Methoden zurückzugreifen, die er eigentlich aus tiefstem Herzen verabscheute, hatte nichts mit den Idealen zu tun, denen er sich verpflichtet, nichts mit den Eiden, die er geschworen hatte, und nichts mit der Krone, die auf seinem Haupt ruhte. Es war die Angst gewesen. Die Angst, die Frau zu verlieren, die er mehr liebte als alles andere.
Schon einmal hatte Corwyn seine große Liebe verloren. Marena war in seinen Armen gestorben, niedergestreckt vom Pfeil eines Orks, der sie aus dem Hinterhalt getroffen hatte. Einen solchen Verlust würde er nicht noch einmal ertragen können, da war sich Corwyn sicher, weder der Kopfgeldjäger in ihm noch der König …
»Wenn sie dich jetzt sehen könnte«, spottete Dun'ras Ruuhl. »Was würde Alannah wohl von dir halten? Ohnehin frage ich mich, was sie je an einer Memme wie dir finden konnte, da ihr doch einst ein ganzes Reich zu Füßen lag.«
»Was soll das heißen?«, fragte Corwyn.
»Was es eben heißt«, erwiderte der Dunkelelf und ließ das Gift, das er verspritzt hatte, genüsslich wirken.
»Du hast Alannah deine ›dunkle Königin‹ genannt. Was hat das zu bedeuten?«
»An deiner Stelle würde ich mir lieber über andere Dinge Gedanken machen.«
»Nämlich?«
»Lhurian. Ist dir nicht aufgefallen, dass der alte Narr und die Königin auf eine gewisse Weise vertraut miteinander waren?«
»Nein«, log Corwyn, aber er war ein schlechter Schauspieler. Dun'ras Ruuhl durchschaute ihn.
»Dann bist du ein Narr«, sagte er prompt. »Hast du dich nie gefragt, ob es Dinge gibt, von denen du nichts weißt? Die deine Gemahlin dir aus gutem Grund verschweigt?«
»Nein«, behauptete Corwyn abermals. »Alannah würde mir weder etwas verschweigen noch mich belügen. Ich vertraue ihr, so wie sie mir vertraut.«
»Schön für dich.« Ruuhl starrte ihn unverwandt an. »Und sie hat dich wirklich noch nie hintergangen? Noch niemals?«
Corwyn biss sich auf die Lippen, während seine Gedanken zurückschweiften nach Tirgas Anar und er sich an die List erinnerte, die Alannah gebraucht hatte, um ihn zum Krieg gegen den Feind im Osten zu bewegen. Weder hatte sie ihn in ihre Pläne eingeweiht noch ihm die ganze Wahrheit gesagt. Corwyn verübelte ihr das zwar nicht, da es zum Besten des Reiches gewesen war; wenn Ruuhl allerdings wissen wollte, ob Alannah ihn noch nie hintergangen hatte, so musste er die Frage eigentlich verneinen …
Der Dunkelelf, der Corwyns Schweigen richtig deutete, lachte abermals auf. »Das Leben eines Elfen ist lang, falscher König. Ziemlich lang sogar. Und Alannah ist nicht nur irgendeine schöne Frau, sie ist die Zier des Elfengeschlechts. Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass schon andere sie ihre Königin nannten, lange bevor du geboren wurdest? Dass sie anderen bereitwillig die Pforte zu ihrem Palast geöffnet hat, ehe du auch nur ein entfernter Gedanke …«
»Genug der Unverschämtheiten!«, rief Corwyn dazwischen. Blitzschnell riss er seinen Dolch heraus und legte ihn an Dun'ras Ruuhls Kehle. Der Mund des Dunkelelfen verstummte zwar daraufhin, seine listig blitzenden Augen jedoch verschossen Pfeile, deren Spitzen mit Gift getränkt waren …
»Kein weiteres Wort«, schärfte Corwyn ihm ein und beugte sich so weit hinab, dass sein Gesicht direkt über den grauen Zügen des Dun'ras schwebte, »oder ich schwöre bei der Krone, die ich trage, dass ich dich abstechen werde wie ein Schwein.«
»Das … solltest du … nicht tun«, presste Ruuhl der Warnung zum Trotz tonlos hervor. »Sonst ist für dich … alles verloren.«
Corwyns Mundwinkel waren herabgefallen, sein Atem ging schwer und keuchend, die Hand mit dem Dolch zitterte. Seine Wut drängte ihn dazu, einfach zuzustoßen und den Mund, der solch widerwärtige Behauptungen ausstieß, für immer zu versiegeln. Zwei Dinge hielten ihn jedoch davon ab: zum einen der Gedanke, dass Ruuhl vielleicht nicht unrecht hatte; zum
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