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Die Orks

Titel: Die Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stan Nicholls
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den Zorn spüren!« Seine Gefolgsmänner liefen zu ihren Pferden. In der Prärie waren der abtrünnige Ork und die ihn verfolgenden Menschen schon fast nicht mehr zu sehen. Hobrow sank auf die Knie.
    »Herr, warum bin ich mit solchen Dummköpfen verflucht?«, beschwor er den Himmel.
    Mersadion, erst kürzlich zum Befehlshaber von Königin Jennestas Armee befördert, näherte sich einer soliden Eichentür in den Tiefen ihres Palasts in Grabhügelstein. Die beiden Orks der Imperialen Garde nahmen Haltung an. Er grüßte sie mit einem kurzen Nicken. Beim Gedanken an das Schicksal seines Vorgängers und an seine eigene vergleichsweise Jugend unternahm der orkische General eine bewusste Willensanstrengung, um seine flatternden Nerven zu beruhigen, als er an die Tür klopfte. Er bezog einen geringen Trost aus dem Wissen, dass jeder so reagierte, der zu ihr bestellt wurde. Die Antwort war durch die massive Tür kaum zu vernehmen. Sie klang jedoch melodiös und unverkennbar weiblich. Mersadion trat ein. Das Gemach war mit Marmor verkleidet und hatte eine hohe Kuppeldecke. Es gab keine Fenster. Behänge und Teppiche schmückten die Wände, wobei einige der letzteren Szenen und Praktiken darstellten, über die er lieber nicht nachdenken wollte. An einem Ende des Raums stand ein kleiner Altar mit einer sargförmigen Marmorplatte davor. Der Zweck dieses Mobiliars gehörte ebenfalls zu den Dingen, die er zu ignorieren vorzog. Jennesta saß an einem großen Tisch, auf dessen Platte Kerzen standen, die einen Großteil der Beleuchtung des Gemachs lieferten. Das trübe Licht verlieh ihrem ohnehin extravaganten Äußeren eine noch bizarrere Note. Sie hatte etwas geradezu Gespenstisches an sich. Ihre halb nyaddische, halb menschliche Abstammung bewirkte, dass Jennestas Haut einen schimmernden grünsilbernen Glanz hatte, als sei sie mit winzigen Schuppen bedeckt. Ein Gesicht, das eine Spur zu flach und zu breit war, wurde eingerahmt von ebenholzfarbenen Haaren mit einem Glanz, der sie nass aussehen ließ. Sie hatte ein übermäßig spitzes Kinn, eine Hakennase und einen breiten Mund. Ihre umwerfenden, ungewöhnlich langwimprigen Augen waren unergründlich und schienen bodenlos zu sein. Sie war wunderschön. Aber es war eine Schönheit, von deren Existenz kein Betrachter etwas geahnt haben würde, bis er sie sah. Mersadion stand noch in der Tür stramm und wagte nicht, etwas zu sagen. Sie war damit beschäftigt, über uralten Büchern und vergilbten Tabellen zu brüten. Ein massiges Buch mit Metallbeschlägen lag aufgeschlagen neben ihr.
    Ihm fiel wie schon so oft zuvor auf, dass ihre Finger extrem lang waren, ein Eindruck, den ihre langen Fingernägel noch verstärkten. Ohne den Blick zu heben, sagte sie:
    »Stehen Sie bequem.« Das gelang niemandem in ihrer Gegenwart. Er entspannte sich ein wenig, war aber nicht so dumm, es zu übertreiben. Eine unbehagliche Stille zog sich in die Länge, während sie ihre Studien fortsetzte. Er beugte sich ein wenig vor, um einen verstohlenen Blick zu werfen. Sie bemerkte es und richtete den Blick auf ihn. Zu seiner Überraschung reagierte sie nicht erzürnt, wie er befürchtete, sondern lächelte nachsichtig. Natürlich erhöhte das seine Wachsamkeit nur noch.
    »Sie sind neugierig, General«, sagte sie. Es war keine Frage.
    »Majestät«, erwiderte er zögernd und eingedenk ihrer Unberechenbarkeit.
    »Wie Sie habe auch ich viele verschiedene Waffen im Arsenal. Dies ist eine davon.« Er betrachtete den überquellenden Tisch.
    »Majestät?«
    »Ich gebe zu, dass diese Waffe weder schneidet noch sticht oder aufspießt, aber sie ist dennoch so scharf wie jede Klinge.« Sie sah seine verständnislose Miene und fügte mit trügerischer Geduld hinzu:
    »Wie im Himmel, so auf Erden, Mersadion. Der Einfluss der himmlischen Gestirne auf unsere Alltagsdinge.« Er begriff, was sie meinte.
    »Ach so, die Sterne.«
    »Die Sterne«, bestätigte sie.
    »Genauer gesagt, die Sonne, der Mond und andere Welten in ihren Beziehungen zu unserer.« Er konnte ihr schon nicht mehr folgen, aber es wäre unklug gewesen, das zu sagen. Er verhielt sich still und hoffte, einen angemessen aufmerksamen Eindruck zu erwecken.
    »Das hier«, fuhr sie fort, indem sie auf eine der Tabellen tippte, 
    »ist ein Hilfsmittel bei unserer Jagd nach den Vielfraßen.«
    »Wie das, Majestät?«
    »Es ist nicht leicht, dies… niederen Intelligenzen zu erklären.« Er empfand beinahe Erleichterung über die beiläufige Beleidigung. Sie passte

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