Die Orks
behutsam sein Schwert wieder an sich. Dann fiel sein Blick auf das magische Duell, und die Wut kehrte zurück. Sie alle empfanden sie. Aber sie empfanden auch Ohnmacht. Weder wagten sie, sich in das Zauberduell einzumischen, noch führte ein Weg daran vorbei. Eine Minute später wurden sie aus ihrem Dilemma erlöst. Jennesta schrie auf. Ihr feuriger magischer Schild flackerte und erlosch. Sie schwankte, den Kopf gesenkt, und sah erschöpft aus. Nasse Locken ebenholzfarbener Haare klebten auf ihrem Gesicht. Der flammende Puffer, der Seraphim und Sanara schützte, verschwand ebenfalls und erlosch wie eine Kerze. Seraphim überbrückte rasch die wenigen Schritte, die ihn von Jennesta trennten, und ergriff ihr Handgelenk. Von der Anstrengung ihres Duells
ausgelaugt, leistete sie kaum Widerstand, als er sie zum Portal zerrte. Die Orks sprangen auf und machten Anstalten, auf Jennesta loszugehen und ihren Zorn an ihr auszulassen.
»Nein!«, bellte Seraphim.
»Sie ist meine Tochter! Ich trage Verantwortung für alles, was sie getan hat! Ich erledige das selbst!« Die Kraft seines Ausbruchs war so gewaltig, dass sie wie angewurzelt stehen blieben. Sie sahen zu, wie Seraphim sie die letzten paar Fuß zum Rand des Portals schleifte. Als sie dort eintrafen, kam sie ein wenig zu sich und erkannte, wo sie sich befanden. Ihr Blick huschte von der tanzenden Pracht des Strudels innerhalb des Portals zum Gesicht ihres Vaters. Sie schien seine Absicht zu erahnen, zeigte aber keine Furcht.
»Das würdest du nicht wagen«, höhnte sie.
»Früher vielleicht nicht«, entgegnete er,
»als mir das ganze Ausmaß deiner Schlechtigkeit noch nicht klar war. Jetzt schon.« Er hielt sie immer noch mit eisernem Griff fest und führte ihre Hand näher an das funkelnde Strahlen des Portals, sodass ihre Fingerspitzen jetzt beinahe in den Fluss ragten.
»Ich habe dich in diese Welt gebracht. Jetzt entferne ich dich wieder aus ihr. Du solltest die Symmetrie dieser Tat zu schätzen wissen.«
»Du bist ein Schwachkopf«, zischte sie.
»Du warst schon immer einer. Und ein Feigling. Ich habe hier eine Armee. Wenn mir etwas zustößt, wird dein Tod deine wildesten Phantasien übertreffen.« Ihr Blick huschte zu Sanara.
»Das gilt für euch beide.«
»Das ist mir egal«, sagte er zu ihr.
»Mir auch«, unterstützte Sanara ihn.
»Manchmal ist es den Preis wert, den man zahlen muss, um die Welt von einem Übel zu befreien«, sagte Seraphim, während er ihre Hand noch näher zum funkelnden Strom drückte. Sie blickte in seine Augen und wusste, dass er es ernst meinte. Da verlor ihre Miene ein wenig von ihrem Ausdruck selbstsicherer Überzeugung, und sie fing an sich zu wehren.
»Stell dich deinem Ende wenigstens mit Würde«, sagte er zu ihr.
»Oder ist das zu viel verlangt?«
»Niemals.« Er zwang ihre Hand in den Strudel hinein, dann ließ er sie los und wich einen Schritt zurück. Sie wand sich und kämpfte darum, ihre Hand freizubekommen, aber der sprudelnde Energiequell hielt sie so fest wie ein Schraubstock. Dann veränderte sich das gefangene Fleisch. Sehr langsam löste es sich auf in Tausende einzelner Partikel, die in den Schwarm der Sterne flogen und spiralförmig darin umherwirbelten. Der Vorgang beschleunigte sich ein wenig, und der Strudel verschlang ihre Hand bis zum Gelenk. Dann wurde ihr Arm rasch
bis zur Schulter hineingezogen, und auch er löste sich in unzählige Einzelteile auf. Der Trupp stand da wie angewurzelt, und die Mienen der Orks zeigten eine Mischung aus Entsetzen und makabrer Faszination. Jetzt wurde ein Bein aufgesogen, und es schmolz vor ihren Augen. Haarsträhnen folgten, als würden sie von einem unsichtbaren Riesen eingeatmet. Jennestas Auflösung beschleunigte sich weiter, und ihre Körpermaterie wurde immer schneller von dem wallenden Strudel geschluckt. Als ihr Gesicht an der Reihe war, schrie sie doch noch. Das Geräusch brach augenblicklich ab, als die Energie den Rest von ihr in mehreren Portionen verschlang. Der letzte Bruchteil ihrer Materie kreiste noch einen Augenblick in dem wirbelnden Energiefeld, bevor auch er sich in nichts auflöste. Seraphim sah aus, als werde er jeden Augenblick in Ohnmacht fallen. Sanara ging zu ihm und umarmte ihn. Coilla durchbrach das ehrfürchtige Schweigen.
»Was ist mit ihr passiert?« Seraphim riss sich zusammen.
»Sie hat die Verbindung zum Portal hergestellt, bevor ein Bestimmungsort eingestellt wurde. Sie ist von den titanischen Kräften entweder zerrissen
Weitere Kostenlose Bücher