Die Orks
unwirsch:
»Tja, ich rühr mich jedenfalls nicht von der Stelle!« Weiter hinten erhoben sich steingesichtige Wagenlenker, um zuzuschauen.
»Warum sollten wir Platz machen?«, sagte Alfray.
»Schatz? Schatz?«, dröhnte der Fahrer mit tiefer Bassstimme.
»Wir haben keinen Schatz!«
»Das ist wieder mal typisch für unser Glück, dass wir auf einen stoßen, der schwerhörig ist«, knurrte Alfray.
»Nicht Schatz«, sagte er langsam, laut und deutlich,
»Platz!«
»Was ist damit?«
»Werdet ihr Platz machen?«, schrie Alfray. Der Gnom dachte darüber nach.
»Nö.« Alfray beschloss, das Gespräch in ein ruhigeres Fahrwasser zu lenken.
»Woher kommt ihr?«, fragte er.
»Sage ich nicht«, erwiderte der Gnom bärbeißig.
»Wohin wollt ihr?«
»Geht euch nichts an.«
»Dann könnt ihr vielleicht sagen, ob der Weg zum Drogawald frei ist? Das heißt, frei von Menschen.«
»Könnte sein. Könnte auch nicht sein. Was ist dir das wert?« Alfray fiel wieder ein, dass Gnome dafür berüchtigt waren, zwar von allem den Preis, aber von nichts den Wert zu kennen. Zum Beispiel von Höflichkeit auf der Straße. Er gab nach. Auf seinen Befehl trieb die Kolonne die Pferde die Seiten der Senke hinauf und ließ die Gnome passieren. Als der führende Karren an ihm vorbeirollte, murmelte dessen Fahrer mit ausdrucksloser Miene:
»Hier wird es langsam viel zu voll für meinen Geschmack.« Während er den dahinrumpelnden Karren nachsah, versuchte Alfray über den Vorfall zu scherzen.
»Tja, mit denen haben wir wirklich wenig Federlesens gemacht«, stellte er ironisch fest.
»Das haben wir«, sagte Kestix.
»Äh, Gefreiter?«
»Ja, Soldat?«
»Wo werden eigentlich Federn gelesen?« Alfray seufzte.
»Reiten wir weiter, ja?«
Coilla hatte nie zuvor so viel Zeit in Gesellschaft von Menschen verbracht. Tatsächlich hatten die meisten ihrer bisherigen Begegnungen damit zu tun, sie zu töten. Doch die Tage bei den Kopfgeldjägern führten ihr mehr denn je deren Weltfremdheit vor Augen. Sie hatte sie immer als absonderliche, fremdartige Geschöpfe betrachtet, als habgierige, räuberische Eindringlinge mit einem unstillbaren Drang zur Zerstörung. Jetzt sah sie die Feinheiten, welche die Unterschiede zwischen ihnen und den älteren Rassen unterstrichen. Wie sie aussahen, wie ihr Verstand funktionierte, wie sie rochen: in vielerlei Hinsicht waren Menschen verdreht. Sie schob den Gedanken beiseite, als sie die Kuppe eines Hügels mit Ausblick auf Teufelsbrüllen erreichten. Die Abenddämmerung war hereingebrochen, und in dem Freihafen leuchteten immer mehr Lichtpunkte auf. Entfernung und größere Höhe machten es möglich zu erkennen, dass der Ort weniger geplant worden war, sondern sich einfach ergeben hatte. Wie es sich für einen Ort gehörte, in dem sich alle Rassen unter gleichen Bedingungen trafen, bestand Teufelsbrüllen aus einem Gewirr von Bauwerken jedes nur vorstellbaren architektonischen Stils. Hohe Gebäude, flache Lagerhallen, Türme, Kuppeln, Bögen und Zinnen bestanden aus Holz und Stein, Ziegeln und Mörtel, Stroh und Schiefer. Am entfernten Ende der Stadt war im verblassenden Tageslicht gerade noch das graue Meer zu erkennen. Die Masten größerer Schiffe überragten die Dächer.
Selbst aus so weiter Ferne war noch ganz leise ein beständiger Hintergrundlärm zu hören. Lekmann starrte zum Hafen hinunter.
»Es ist schon eine Weile her, seit ich zuletzt hier war, aber ich würde sagen, es hat sich nichts verändert. Teufelsbrüllen ist neutrales Gebiet. Wie sehr man eine Rasse auch hasst, da drinnen herrscht Waffenstillstand. Keine Schlägereien, keine Kämpfe. Kein Begleichen alter Rechnungen auf tödliche Weise.«
»Für so etwas bringen sie dich um, nicht?«, sagte Blaan.
»Wenn sie dich erwischen.«
»Durchsuchen sie einen nicht nach Waffen, wenn man die Stadt betritt?«, fragte Aulay.
»Ach was. Sie überlassen es den Besuchern, sie freiwillig abzugeben. Durchsuchungen sind nicht mehr machbar, seit Teufelsbrüllen so beliebt ist. Aber wenn man innerhalb der Stadt kämpft, wird man von den Wächtern ohne viel Aufhebens hingerichtet. Nicht, dass sie noch so wach und aufmerksam wären, wie sie es früher einmal waren. Aber sie können einen immer noch fertig machen, also hütet euch vor ihnen.« Coilla meldete sich zu Wort.
»Die Wächter arbeiten nicht mehr richtig, weil eure Rasse die Magie
ausblutet.«
»Magie«, höhnte Lekmann.
»Ihr Untermenschen und eure elende Magie. Weißt du, was ich
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