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Die Orks

Titel: Die Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stan Nicholls
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entgegentreten kann. Wir brauchen einen Feind. Es ist das, was wir tun. Es liegt uns im Blut.«
    »So habe ich das noch nie betrachtet.«
    »Wir kämpfen zwar, aber das bedeutet nicht notwendigerweise, dass wir hassen müssen.« Das konnte Stryke nicht ganz akzeptieren. Obwohl es ihn ins Grübeln brachte.
    »Aber was wir am meisten wertschätzen müssen«, fügte sie hinzu,
    »sind jene, die uns am nächsten stehen.«
    »Du lässt die Dinge so… einfach aussehen.«
    »Das liegt daran, dass sie so einfach sind, mein Freund.«
    »Hier vielleicht. Wo ich herkomme, sind alle Hände gegen uns erhoben, und es gibt vieles, worüber wir uns hinwegsetzen müssen.« Ihre Miene wurde ernst.
    »Dann sei eine Klinge, Stryke. Sei eine Klinge.«
    Er erwachte mit rasendem Puls. Sein Atem ging so schnell, dass er beinahe keuchte. Leichter, stinkender Regen fiel von einem düsteren Himmel, und der größte Teil des Schnees war weggetaut. Es war kalt und schauderhaft. Die paar Stunden Schlaf hatten ihn überhaupt nicht erfrischt. Er hatte einen schlechten Geschmack im ausgedörrten Mund, und in seinem Schädel pochte es. Er lag da, ließ den Regen sein Gesicht waschen und dachte über das nach, was er in Ermangelung eines besseren Wortes den Traum nannte. Träume, Visionen, Botschaften von den Göttern. Was sie auch waren, sie wurden immer lebendiger, immer intensiver. Der Geruch nach Ozon, die Lichtfunken von der grellen Sonne, die noch vor seinen Augen tanzten, die warme Brise, die seine Haut umschmeichelt hatte. All diese Empfindungen verblassten nur langsam. Wiederum umschloss der Gedanke, sein eigener Verstand lasse ihn im Stich und er werde wahnsinnig, sein Herz wie eine eisige Klaue. Doch eine andere, gegenteilige Idee war fast ebenso stark: das Gefühl, dass er mittlerweile mit den Träumen rechnete, sich sogar auf sie freute. Das war etwas, das er nicht weiter verfolgen wollte, nicht jetzt. Er richtete sich auf und sah sich um. Alle anderen waren wach und gingen ihren Arbeiten nach. Die Pferde wurden versorgt, Schlafsäcke ausgeschüttelt und Waffen geschärft. Die Ereignisse der Nacht fielen ihm wieder ein. Nicht jene aus seinem Traum, sondern was sich vorher zugetragen hatte. Sie hatten die Augen noch lange nach diesem geheimnisvollen Mann offen gehalten und sich sogar in kleinen Gruppen in den Schnee gewagt, um ihn zu suchen. Sie hatten nicht die geringste Spur von ihm gefunden und schließlich aufgegeben. Irgendwann musste Stryke eingeschlafen sein, obwohl er sich nicht mehr daran erinnern konnte.
    Seraphim, wenn der Fremde tatsächlich so hieß, war ein weiteres Geheimnis, das er auf die Liste setzen konnte. Aber es war keines, mit dem Stryke Zeit mit Nachdenken vergeuden würde, und zwar vor allem deshalb nicht, weil er nicht über die durchaus gegebene Möglichkeit nachdenken wollte, dass der Mann verrückt war. Das würde nur den einzigen Hinweis infrage stellen, den sie über Coillas Verbleib hatten. Und in einer Situation wie dieser brauchten sie etwas Hoffnungsvolles. Dringend. Stryke schlug sich all das aus dem Kopf. Er musste sich mit wichtigeren Dingen beschäftigen. Jup stand bei den Pferden und redete mit ein paar Gemeinen. Er ging zu ihnen. Ohne Vorrede sagte er zu dem Zwerg:
    »Ich habe mich entschieden.«
    »Wir holen uns Coilla, richtig?«
    »Richtig.«
    »Dir muss der Gedanke gekommen sein, dass dieser Seraphim gelogen hat oder schlicht verrückt ist.«
    »Ich habe über beide Möglichkeiten nachgedacht. Wenn er gelogen hat, warum?«
    »Als Köder für eine Falle?«
    »Viel zu umständliche Methode.«
    »Nicht, wenn sie funktioniert.«
    »Vielleicht. Aber ich halte es trotzdem nicht für wahrscheinlich.«
    »Und was ist damit, dass er verrückt sein könnte?«
    »Ich gebe zu, dass das wahrscheinlicher ist. Vielleicht ist er es, aber… ich weiß es nicht, ich hatte eben nicht den Eindruck. Natürlich ist Wahnsinn bei Menschen nichts, womit ich große Erfahrung habe.«
    »Tatsächlich? Sieh dich bei Gelegenheit einfach mal um.« Stryke lächelte
    dünn.
    »Du weißt, wie ich es meine. Aber was Seraphim gesagt hat, ist unser einziger
    Hinweis auf Coillas Verbleib.« Er sah Jups Miene und schwächte ab:
    »Also schön, unser einziger möglicher Hinweis. Ich würde sagen, Teufelsbrüllen ist einen Versuch wert.«
    »Was ist damit, dass sich dadurch unsere Wiedervereinigung mit Alfray verschiebt?«
    »Wir müssen ihn benachrichtigen.«
    »Und wie sieht deine Entscheidung seinetwegen aus?« Jup nickte in

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