Die Orks
zu dem ausgedehnt, was Sie jetzt sehen.«
»Das Entweichen von so viel Energie ist gewiss schlecht für das Land«, bemerkte Jup.
»Sehr schlecht. Aber wir haben keinen Weg gefunden, die Kluft zu verschließen. Also haben wir es mit einer anderen Lösung versucht.«
»Wie könnte die aussehen?« Sie betrachtete sie einen Augenblick und schien etwas abzuwägen.
»Ich zeige es Ihnen«, beschloss sie. Zu ihrem Sohn sagte sie:
»Aidan, du machst dich wieder ans Lernen.« Es war offensichtlich, dass er gerne geblieben wäre, aber unter ihrem strahlenden Blick gehorchte er. Sie sahen ihm nach, wie er durch das Gewirr der Straßen in der Siedlung lief. Krista
führte die Vielfraße in eine andere Richtung. Unterwegs sagte Jup leise:
»Nur ein Tag…« Stryke nickte kurz. Er wusste sehr wohl, dass sie sich beeilen mussten, wenn sie ihr Ziel in so kurzer Zeit erreichen wollten. Die Hohepriesterin führte sie ins Herz der Siedlung. Unterwegs waren sie Gegenstand allgemeiner Neugier, aber es gab keine offene Feindseligkeit. Dann schlugen sie einen Weg ein, der vor der Tempelbaustelle endete. Auch unfertig war der Tempel ein imposantes Bauwerk. Das für die Fassade verwendete Material war Marmor, wie sie vermutet hatten, und die Säulen beiderseits des Eingangs, insgesamt sechs, waren so hoch wie ausgewachsene Eichen. Eine Flucht breiter Stufen führte zum großen Doppelportal des Eingangs, der von Soldaten mit Piken bewacht wurde. Das Innere wurde von Laternen und Fackeln erleuchtet, und Spuren von äußerst kostbarem Buntglas waren zu sehen. Hunderte von Männern und Frauen schwärmten
ein und aus und über das Holzgerüst, welches den Tempel umgab. Karren fuhre vor, um ihre Ladung abzuliefern.
»Es tut mir Leid«, entschuldigte sich Krista,
»aber wir lassen niemanden hinein, der nichts mit den Bauarbeiten zu tun hat. Besucher würden alles nur aufhalten.« Stryke hatte den Verdacht, dass dies nicht der Hauptgrund war.
»Das ist eine erstaunliche Leistung«, bemerkte Alfray, der den Hals reckte, um das unvollständige Kuppeldach zu betrachten.
»Wir sind sehr stolz darauf«, antwortete sie.
»Wissen Sie etwas über unser System hier?« Jup sprach für sie alle.
»Nur, dass Sie hier Mannis sind und unseren Glauben an die wahren Götter und die Achtung vor der Natur mit uns teilen.«
»Ja, das stimmt. Aber hier in Ruffetts haben wir damit noch einige von unseren Traditionen verbunden. Wir glauben, dass die Schöpfung als Dreiheit funktioniert. Auf der weltlichen Ebene werden wir auch so regiert: die bedeutenden Entscheidungen werden von einem Rat aus Bürgerschaft, Militär und Priesterschaft gefällt. Das Prinzip der Dreiheit beherrscht auch unser religiöses Leben. Dort nennen wir die Kräfte Harmonie, Wissen und Macht.« Sie deutete mit einem Kopfnicken auf den Tempel.
»Das hier ist Wissen. Kommen Sie mit zu Harmonie und Macht.« Neugierig folgten sie ihr eine südwärts führende Straße entlang. Schließlich kamen sie zur mittleren Lichtung mit dem Kreis aus blauen Steinen. Erst aus der Nähe ging ihnen auf, wie gewaltig sie tatsächlich waren. Doch der magische Geysir in der Mitte des Kreises war noch beeindruckender.
»Die Energie ist hier sehr stark«, sagte Jup.
»Ich kann sie fast schmecken.« Stryke glaubte es auch zu können, als habe er ein Stück Metall gelutscht. Er hatte eine Gänsehaut am ganzen Körper und war sich eines leisen Klingelns in den Ohren bewusst. Aber Orks waren angeblich nicht empfänglich für Magie, und weder Alfray noch Coilla schienen irgendetwas zu spüren, also behielt er seine Eindrücke für sich.
»Das ist Harmonie«, erläuterte Krista.
»Diese besonderen Steine hier haben eine bestimmte… Eigenschaft. Ich gebe zu, dass wir sie im Grunde nicht verstehen. Wir wissen, dass die Steine die Erdenergie anziehen und lenken können.« Sie zeigte auf die Pyramide.
»Von hier aus wandert sie dorthin, zur Macht, wo sie gespeichert wird.«
»Und das haben Sie geschafft?«, fragte Jup. Ein Ausdruck leichter Niedergeschlagenheit huschte über das Gesicht der Priesterin.
»Noch nicht. Aber wir glauben, wir stehen kurz davor. Die Erdenergie ist eine rätselhafte Kraft. Wir wissen so wenig über sie.«
»Vielleicht ist das umso mehr Grund, nicht daran herumzupfuschen.«
»Ich stimme zu, und ich weiß, dass wir Spätankommer daran schuld sind. Oder vielmehr die Unis mit ihren Eingriffen in die Kraftlinien.«
»Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
»Das sind Sie
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