Die Orks
den er hatte nehmen wollen, und waren nach unten gegangen. Mit gezücktem Schwert ging er leise weiter nach oben, wobei er nach einem Weg Ausschau hielt, die Neuankömmlinge zu überflügeln und wieder nach unten zum Portal zu gelangen. Er glaubte, er müsse sich irgendwo in der Nähe der breiten Vorderfront des Palasts befinden. An einem Fenster blieb er stehen, um sich den Oberarm abzubinden. Dann fiel ihm eine Bewegung draußen ins Auge. Er lugte durch eine gesplitterte Glasscheibe und am Saum der Eiszapfen am Fensterflügel vorbei. Das Gewimmel einer riesigen Armee breitete sich draußen auf der winterlichen Ebene aus. Kolonnen von Soldaten strebten dem Palast entgegen. Andere scharten sich um das Hauptportal. Das Geräusch stockender Schritte riss ihn von dem Anblick los. Er drehte sich um, die Klinge gehoben und bereit. Jemand hinkte aus der Düsternis. Stryke konnte es nicht glauben. Und natürlich auch zu einem Zeitpunkt wie diesem eigentlich nicht gebrauchen.
»Was ist nötig, um dich zu töten?«, sagte er. Obwohl der Angesprochene in Wahrheit tatsächlich halb tot aussah.
»Es ist nicht so leicht«, erwiderte Micah Lekmann. Der Wahnsinn brannte in seinen Augen.
»Ich weiß nicht, wie ich hierher gekommen bin oder du, aber ich kann es kaum glauben, dass ich noch eine Gelegenheit bekomme, dich zu töten. Vielleicht gibt es doch Götter.« Der Mann war eindeutig wahnsinnig. Stryke stellte sich vor, wie er ihnen in seiner dünnen Kleidung durch Schnee und Eis gefolgt war. Seine Augen waren rot umrandet, die Finger seiner linken Hand erfroren und schwärzlich verfärbt.
»Das ist doch verrückt, Lekmann«, sagte er.
»Gib es auf.«
»Auf keinen Fall!« Sein Schwert zuckte vor, tief und gefährlich. Stryke sprang aus dem Weg. Der Kopfgeldjäger, dessen Gesicht ein irres Grinsen verzerrte, setzte nach und stieß mit der Wut des Verrückten immer und immer wieder zu. Stryke parierte und wehrte sich. Seine eigenen Hiebe schienen jedoch zu schwach zu sein, weil sie völlig wirkungslos blieben. Lekmann sog sie förmlich auf und drängte immer weiter. Sie fochten es aus, Gang auf, Gang ab, Stryke verzweifelt darauf bedacht, eine Blöße zu finden und einer weiteren Ablenkung ein Ende zu bereiten, die er nicht gebrauchen konnte. Das erwies sich als nicht leicht. Der Mensch schien alle Furcht und Vorsicht abgelegt zu haben. Er kämpfte wie eine tollwütige Bestie. Plötzlich wurde Stryke von einem unglaublich grellen Lichtblitz geblendet. Verblüfft wich er außer Reichweite zurück und mühte sich, das Sehvermögen zurückzugewinnen. Als das geschah, blieben schwarze Flecken vor seinen Augen, als habe er in die Sonne gestarrt. Doch die verbargen nicht, was sich vor ihm abspielte. Lekmann stand ganz still da, das Schwert lag vor seinen Füßen. Er hatte ein klaffendes Loch in der Brust. Durch das hervorsprudelnde Blut schimmerten weiß gebrochene Rippen. Der Wundrand war verkohlt und rauchte. Durch das Loch erhaschte Stryke einen Blick auf die jenseitige Wand. Lekmann senkte fast beiläufig den Kopf und starrte auf den Schaden. Er sah nicht so aus, als leide er Schmerzen, obwohl es wehtun musste.
Seine Miene drückte benommene Empörung aus. Dann spie er einen Mund voll Blut aus, schwankte wie ein Betrunkener und fiel mit dem Gesicht voran schwelend zu Boden. Während Stryke gaffte und zu begreifen versuchte, was soeben geschehen war, trat eine andere Gestalt aus den etwas weiter entfernten Schatten.
Jennestas Mund zuckte in einer hässlichen Grimasse, als sie ihn sah. Der Schrei, den sie ausstieß, zu gleichen Teilen Wut und Triumph, fuhr ihm durch Mark und Bein. Sie hob die Hände, wohl um ihm ein ähnliches Schicksal zu bereiten. Er war bereits in Bewegung. Dennoch gelang es ihm nur ganz knapp, dem blendenden Lichtstrahl auszuweichen, den sie nach ihm schleuderte. Er traf eine kunstvoll gestaltete Säule eine Haaresbreite entfernt, pulverisierte den Marmor und ließ Splitter in alle Richtungen regnen. Vor Schmerzen schwankend, sprang er auf die nächste Treppe. Ein weiterer Energiestrahl traf eine Stelle über seinem Kopf und überschüttete ihn mit Mörtelbrocken. Halb sprang er, halb fiel er die breite Treppe hinunter. In einem Korridor, der von dem Absatz unten abzweigte, kämpften Mannis gegen Sluagh. Er schlich sich an ihnen vorbei, jagte die nächste Treppe hinunter und ließ sich vom Lied der Sterne zum Portal zurückführen. Seine Aussichten, es zu schaffen, waren gering.
»Spürst du
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