Die Orks
was ich sage!«
»Majestät.«
»Na, was stehen Sie noch hier herum? Fangen Sie an!«
Die Drachenmutter nickte, drehte sich um und lief zu ihrem Reittier. Nachdem sie am Geschirr empor und auf den Sattel geklettert war, gab sie einem an der Mauer wartenden Ork ein Zeichen. Er näherte sich mit einem großen Holzhammer. Mehrere harte Schläge auf den Verschluss der Fußfessel lösten die Kette. Der Ork zog sich in sichere Entfernung zurück.
Glozellan beugte sich vor, eine schlanke Hand auf beiden Seiten des Drachenhalses. Die Bestie drehte den Kopf und wandte ihrem Gesicht ein geräumiges Ohr zu. Sie flüsterte hinein. Sehnige Schwingen entfalteten sich und breiteten sich mit einem ledrig knisternden Geräusch aus. Der Drache stieß ein donnerndes Brüllen aus. Gigantische Muskeln in Beinen und Flanken traten hervor wie geschuppte Felsblöcke. Die Flügel schlugen, zuerst träge, dann mit zunehmender Geschwindigkeit, und verdrängten gewaltige Windböen, die über den Hof fegten. Jennesta hielt ihre Kappe fest, und ihr Umhang flatterte, als der Drache sich erhob. Diese Leistung schien für solch einen Koloss unmöglich zu sein, aber das Wunder wurde vollbracht, indem es das absurd Unbeholfene mit dem überraschend Eleganten vereinte. Einige Sekunden hing die Bestie schwerfällig über den Mauern der Burg in der Luft. Der soeben aufgegangene Mond und die Sterne wurden teilweise von der klobigen, scharfkantigen Silhouette verborgen. Dann setzte die Gestalt ihren Aufstieg fort, bog in Richtung Taklakasee ab und rauschte davon.
Die Tür, durch die Jennesta gekommen war, öffnete sich. General Kysthan kam in Begleitung einer kleinen Abordnung ihrer persönlichen Leibwache nach draußen. Er sah blass aus.
»Sie haben Neuigkeiten über unser Jagdwild?«, fragte sie.
»Ja… und nein, Majestät.«
»Ich bin nicht in der Stimmung für Rätsel, General. Berichten Sie einfach.« Sie schlug sich vor Ungeduld leicht mit der zusammengerollten Peitsche aufs Bein.
»Ich habe eine Nachricht von Hauptmann Delorran erhalten.« Ihre Augen verengten sich. »Fahren Sie fort.«
Der General fischte ein zusammengefaltetes Pergament aus der Tasche seiner Tunika. Trotz der Kälte schwitzte er. »Was Delorran zu sagen hat, mag auf den ersten Blick keine Neuigkeit sein, wie Majestät sie zu hören wünschen würde.«
Mit einem flinken Ruck ihrer Hand entrollte Jennesta ihre Peitsche.
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Die Nacht war mondhell und sternenklar. Eine leichte Brise milderte angenehm die Wärme. Er stand vor der Tür einer großen Hütte. Von drinnen waren Geräusche zu hören. Stryke sah sich um. Nichts beeinträchtigte die herrliche Landschaft, und sie wirkte überaus friedvoll. Das an sich überstieg schon beinahe sein Begriffsvermögen. Die Normalität wirkte bestürzend. Zögernd streckte er die Hand aus, um die Tür aufzustoßen. Bevor er es konnte, öffnete sie sich. Licht und Lärm drangen auf ihn ein. Die Umrisse einer Gestalt traten aus dem Licht hervor. Er konnte ihre Züge nicht erkennen, nur ihre tintigen Konturen. Sie kam auf ihn zu. Seine Hand fuhr zu seinem Schwert. Die Gestalt wurde zu der Orkfrau, der er schon begegnet war. Oder der begegnet zu sein er sich eingebildet hatte. Oder geträumt. Sie war noch ebenso hübsch und stolz, und in ihren Augen stand derselbe sanfte Stahl. Stryke war verblüfft. Sie war es auch, aber nicht so sehr.
»Du bist zurückgekehrt«, sagte sie. Er stammelte eine banale Antwort.
Sie lächelte. »Komm, die Feierlichkeiten sind schon im vollen Gange.«
Er ließ sich von ihr in den großen Saal führen. Er war mit Orks überfüllt. Orks schmausten an langen Tafeln, die sich unter der Last der Speisen bogen. Orks ergingen sich in gutmütigen Gesprächen. Orks lachten, sangen, erfreuten sich an rauen Späßen und ebenso rauen Spielen.
Frauen mit Krügen voll Ale, Hörnern voll roten Weins, Körben mit Obst und Platten mit zartem Fleisch bahnten sich ihren Weg durch die Reihen. In der Mitte brannte auf Schieferblöcken ein Feuer auf dem Boden,über dem Wildbret und Geflügel auf Spießen gebraten wurde. Rauch, in dem Funken tanzten, stieg zu einem Loch im Dach auf. Parfümiertes Holz entwickelte seinen Duft, der sich mit den unzähligen anderen Gerüchen vermischte, welche in der Luft hingen. Unter ihnen glaubte Stryke auch den süßlich stechenden Geruch von Kristall auszumachen.
An einem Ende des Saals fläzten sich auf Tierfellen erwachsene Männer, die tranken und laut schallend über zotige
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