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Die Orks

Titel: Die Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stan Nicholls
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Witze lachten. Am anderen Ende gaben lärmende Heranwachsende Kämpfe mit Holzschwertern und stumpfen Stäben zum Besten. Trommler schlugen flotte Rhythmen. Kreischende Kinder jagten einander in dem allgemeinen Durcheinander. Viele der Feiernden begrüßten Stryke warmherzig, obwohl er ein Fremder war.
    »Feierst du mit?« Sie nahm einen Krug von einem Tablett, das eines der Schankmädchen hoch über dem Kopf vorbeitrug, und trank daraus. Dann reichte sie ihm den Krug. Stryke nahm einen tiefen Schluck. Es war heißes Ale mit Honig und Gewürzen und schmeckte wunderbar. Er leerte den Krug.
    Die Frau rückte näher. »Wo bist du gewesen?«, fragte sie.
    »Das ist keine leichte Frage.« Er stellte den Krug auf einem Tisch ab. »Ich bin nicht sicher, ob ich die Antwort darauf weiß.«
    »Du gibst dich schon wieder sehr geheimnisvoll.«
    »Für mich bist du geheimnisvoll, du und dieser Ort.«
    »An mir und diesem Ort ist nichts Geheimnisvolles.«
    »Das weiß ich nicht.«
    Sie schüttelte den Kopf in gutmütigem Groll. »Aber du bist hier.«
    »Das sagt mir nichts. Wo ist hier?«
    »Wie ich sehe, bist du genauso eigensinnig wie bei unserer ersten Begegnung. Komm mit.«
    Sie führte ihn durch den Saal zu einer weiteren, kleineren Tür. Sie öffnete sich zur Rückseite der Hütte. Die kühlere Luft draußen hatte eine ernüchternde Wirkung, und das Schließen der Tür hielt den meisten Lärm ab.
    »Sieht du?« Sie zeigte auf die ruhige nächtliche Landschaft. »Alles ist so, wie du es erwarten würdest.«
    »Vielleicht so, wie ich es früher einmal erwartet hätte«, erwiderte er. »Vor langer Zeit. Jetzt aber…«
    »Du redest schon wieder unverständliches Zeug«, tadelte sie ihn.
    »Ist es so… überall?«
    »Natürlich!« Eine Sekunde verstrich, da sie eine Entscheidung traf. »Ich zeige es dir.«
    Als sie um die Ecke der Hütte bogen, kamen sie zu einem Pferdestand. Die meisten waren Streitrösser, herrliche Tiere, untadelig gestriegelt und mit kunstvoll verziertem, glänzendem Zaumzeug. Die Frau wählte zwei der Besten aus, einen reinweißen und einen völlig schwarzen Hengst. Sie sagte ihm, er solle aufsitzen. Er zögerte. Sie schwang sich mit geschmeidigen Bewegungen auf den Schimmel, als sei sie im Sattel geboren. Er nahm den Rappen. Sie ritten los. Zuerst führte sie, dann schloss er auf, und sie galoppierten nebeneinander durch die samtige Landschaft. Silbernes Mondlicht bestäubte die Äste der Bäume und die Wiesen mit unechtem Reif. Es tauchte die oberen Hänge welliger Hügel in einen Schein, als sei trotz des milden Klimas Schnee gefallen.
    Polierte Flüsse und schimmernde Seen waren flüchtig zu erblicken. Scharen von Vögeln flatterten davon, wenn sie die stampfenden Hufschläge hörten. Insektenschwärme erleuchteten das Herz brütender Wälder mit ihrem scheckigen Feuerschein. Alles war frisch, kraftvoll und lebendig. Über ihnen hing kristallin ein prächtiger Reigen von Sternen am jungfräulichen Nachthimmel.
    »Siehst du es denn nicht?«, rief sie. »Siehst du denn nicht, dass alles so ist, wie es sein sollte?« Er war zu berauscht von der unverdorbenen Luft und von dem Gefühl gewachsener Richtigkeit, um zu antworten.
    »Vorwärts!«, rief sie und trieb ihr Pferd zu größerer Schnelligkeit an.
    Ihr Schimmel setzte sich an die Spitze. Er spornte seinen Rappen an, um mit ihr Schritt zu halten.
    Sie flogen förmlich dahin, während der Wind ihre Gesichter peitschte. Sie lachte ob der damit verbundenen reinen Freude, und er lachte mit. Es war lange her, seit er sich so lebendig gefühlt hatte.
    »Dein Land ist wundersam!«, rief er.
    »Unser Land!«, erwiderte sie. Er schaute auf den Weg voraus.
    -----
    Der Weg voraus war öde und kahl. Es war kalt. Der Pfad war felsig. Nichts rührte sich. Mond und Sterne standen trübe am bewölkten Himmel. Stryke ritt allein an der Spitze der Kolonne. Die kalte Hand der Angst strich über seinen Rücken. Was, im Namen der Götter, ist los mit mir?, dachte er. Werde ich wahnsinnig?
    Er versuchte, vernünftig zu sein. Er war erschöpft und stand unter Druck. Das galt für sie alle. Er war lediglich im Sattel eingenickt. Die Erschöpfung hatte die Bilder in seinem Verstand entstehen lassen. Sie waren lebendig und täuschend echt, aber eben nur Bilder. Wie eine Geschichte, die von den Wortschmieden am Winterfeuer erzählt wurde. Es würde beruhigend sein, wenn er das glaubte.
    Er löste seine Feldflasche vom Gürtel und trank einen Schluck Wasser. Als er sie

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