Die Orks
zusammengerollter Peitschen. Sie wählte eines ihrer Lieblingsexemplare aus und komplettierte so ihr Erscheinungsbild. Sie schob eine schlanke Hand durch die Halteschlaufe am Griff und ging zur Tür, wo sie für einen Augenblick innehielt, um sich im Spiegel zu betrachten. Die orkischen Leibwächter nahmen Haltung an, als sie ihr Gemach verließ, und machten Anstalten, sie zu begleiten. Sie entließ sie mit einem achtlosen Winken, und sie nahmen wieder ihre Stellung neben der Tür ein. Sie folgte dem Korridor zu einer Treppe, die alle zehn oder zwölf Stufen von brennenden Fackeln in Eisenhalterungen erleuchtet war. Während sie sie erklomm, hob sie beinahe zimperlich den Saum ihres Umhangs, um ihn nicht zu beschmutzen. Sie erreichte eine Tür. Ein orkischer Wachposten öffnete sie für sie. Jennesta trat hinaus auf einen großen Hof, der von hohen Mauern umgeben war und im Schatten der Burgtürme lag. Die Abenddämmerung brach herein, und die Luft war eisig.
Ein Drache war in der Mitte des Viertelkreises angebunden: ein Vorderbein steckte in einer Fußfessel von der Größe eines Fasses. Eine gleichermaßen kolossale Kette verband die Fessel mit dem Stumpf einer alten Eiche. Das Maul des Drachen war in einem kleinen Futterberg vergraben, in dem Heu, Schwefel, die Kadaver mehrerer Schafe und andere weniger gut erkennbare Leckerbissen vermischt waren. Entsprechende Mengen dampfenden Dungs, die weiße Schlieren aus Knochen und glänzende Schlacke enthielten, lagen bereits unter dem Rumpf der Bestie.
Jennesta hielt sich ein zierliches Spitzentaschentuch vor die Nase. Die Drachenbändigerin kam auf sie zu. Sie trug Kleidung in verschiedenen Brauntönen. Wams und Hose waren kastanienfarben und weich wie Sämischleder, die robusten kniehohen Stiefel aus mahagonifarbenem gebürstetem Wildleder. Die einzigen Abweichungen waren eine weißgraue Feder in ihrem breitkrempigen Hut und diskrete Goldbänder um Hals und Handgelenke. Auch nach den Maßstäben ihrer schlaksigen Rasse ungewöhnlich groß, hatte sie eine stolze, fast hochmütige Miene aufgesetzt. Die Rasse der Drachenmütter hatte Jennesta schon immer fasziniert. Sie hatte noch nie einen Braunwichtel gehabt. Aber sie hatte auch einen gewissen widerwilligen Respekt vor ihnen. Oder wenigstens so viel davon, wie sie für eine andere Person als sich selbst aufbringen konnte. Vielleicht, weil die Braunwichtel wie sie selbst Hybride waren, die Abkömmlinge der Vereinigung zwischen Elfen und Goblins.
»Glozellan«, sagte Jennesta.
»Majestät.« Die Herrin der Drachen antwortete mit einer unmerklichen Neigung des Kopfes. »Sie haben Ihre Anweisungen bekommen?«
»Ja.«
»Und meine Befehle sind klar?«
»Ihr wünscht, dass Drachenpatrouillen ausgesandt werden, um einen Kriegstrupp zu suchen.« Ihre Stimme war schrill.
»Die Vielfraße, ja. Ich habe nach Ihnen persönlich geschickt, um die Bedeutung dieses Auftrags zu betonen.«
Falls Glozellan es merkwürdig fand, dass die Königinihre eigenen Leute aufspüren lassen wollte, ließ sie es sich nicht anmerken. »Was soll geschehen, falls wir sie finden, Majestät?«
Jennesta gefiel das falls nicht, ließ es aber dabei bewenden. »Dann müssen Sie und die anderen Bändiger die Initiative ergreifen.« Sie wählte ihre Worte mit Bedacht. »Wenn der Trupp an einem Ort entdeckt wird, wo er ergriffen werden kann, müssen unsere Landstreitkräfte alarmiert werden. Aber sollte auch nur die geringste Möglichkeit bestehen, dass die Vielfraße entkommen könnten, müssen sie vernichtet werden.«
Glozellan hob ihre bleistiftstrichdünnen Augenbrauen. Sie war jedoch nicht so dumm, eine ausführlichere Bemerkung zu machen oder gar zu protestieren.
»Falls sie getötet werden müssen, will ich umgehend benachrichtigt werden«, fuhr Jennesta fort, »während Sie ihre Überreste bewachen, falls nötig mit Ihrem Leben, bis Verstärkung eintrifft.« Sie war zuversichtlich, dass der Zylinder der Hitze des Drachenfeuers widerstand. Wenigstens einigermaßen zuversichtlich. Ein gewisses Risiko war unvermeidlich.
Der Drache kaute geräuschvoll auf dem Rückgrat eines Schafs. Nachdem sie kurz über das Gesagte nachgedacht hatte, erwiderte Glozellan: »Wir suchen eine kleine Gruppe. Wir wissen nicht genau, wo sie sich aufhält. Es wird nicht leicht, es
sei denn, wir fliegen sehr tief. Das macht uns verwundbar.«
Jennesta rang mit ihrer Fassung. »Warum kommen mir alle mit Problemen?«, schnauzte sie. »Ich will Lösungen! Tun Sie,
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