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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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sagte Jakob. »Was meinst du, Georg?«
    »Es bleibt immer noch eine Schwierigkeit. Wir müssen mit Deborah Fleur in Kontakt treten. Wie machen wir das? Die Frau reist rund um die Welt, und niemand weiß genau, wo sie sich aufhält.«
    »Das ist kein Problem«, sagte Mara. »Das kriege ich hin.« Sie deutete auf die Computer. »Das hier wird uns dabei helfen.«

34
    Es war zum Verrücktwerden!
    Die Violine lag auf dem Tisch. Nackt und bloß glänzte der Lack im Lampenlicht. Sie war ihrer schützenden Hülle, dem Kasten mit Futteral entledigt, wirkte aber keineswegs verletzlich oder zerbrechlich, sondern in all ihrer Schwärze wie ein dunkler Felsblock, der von einem anderen Planeten auf die Erde gefallen war.
    Ein dummer Vergleich, dachte Deborah.
    Diese Geige ist keine Außerirdische. Sie ist eine Zeitreisende. Sie hat Jahrhunderte überlebt, und früher wussten die Menschen, wie man sie zum Reden kriegt, aber jetzt schweigt sie, weil wir das Wissen darüber verloren haben, wie man sie behandeln muss, um das zu erfahren, das man erfahren will.
    Deborah war noch einmal alle Unterlagen durchgegangen, die sie besaß, die sie für Gritti erforscht hatte. Es war sinnlos.
    Sie stand auf, ging auf den Tisch zu und unterdrückte eine plötzlich aufflammende Aggression. Jetzt kam ihr die Geige vor wie eine Gefangene, aus der man ein Geständnis herauspressen will, die jedoch grinsend schweigt.
    Eine Gefangene hätte man foltern können, man hätte die Informationen, die man brauchte, aus ihr herausquetschen können – aber das war mit der Geige nicht möglich.
    Aber irgendetwas mussten sie doch unternehmen können!
    Eigentlich konnte der Schlüssel doch nur auf die Weise funktionieren, wie eine Geige eben funktionierte. Man musste sie spielen.
    Vielleicht in der Nähe des Versammlungsorts.
    Und dann öffnete sich eine verborgene Tür – angeregt durch die Schwingungen der Musik. So wie der Spruch »Sesam öffne dich« im Märchen von Ali Baba und den vierzig Räubern.
    Deborah glaubte nicht an Zauberei. Sie glaubte an Wissenschaft. Sie wusste, dass Musik wie jedes Geräusch nichts anderes war als durch die Luftmoleküle weitergegebene Energie. Und diese Energie konnte Dinge auslösen. Nicht nur emotionale Dinge wie in der Orpheus-Geschichte oder in der berühmten Sage von der Loreley, die auf dem Rheinfelsen saß und durch ihren Gesang die vorbeifahrenden Schiffer ablenkte und in den Abgrund zog. Es gab auch Geschichten, die sich tatsächlich mit der Wirkung von Schall auf die Materie beschäftigten.
    Die Trompeten von Jericho. Musik brachte Stadtmauern zu Fall. Eine Geschichte aus der Bibel, eine Sage – natürlich. Aber es gab auch moderne Forschungen, die darauf hinarbeiteten, Schallwaffen zu entwickeln. Infraschall – angesiedelt unterhalb der Schwelle, die Menschen noch zu hören imstande waren – hatte trotz seiner scheinbaren Lautlosigkeit physische Effekte zur Folge. Vor allem, wenn der Schalldruck sehr hoch und der – trotzdem unhörbare Ton – sehr laut war. Deborah hatte Berichte gelesen, denen zufolge Testpersonen, die man dieser Schallquelle aussetzte, in Verzweiflung gerieten und sogar versuchten, sich das Leben zu nehmen.
    Einen ähnlichen Effekt gab es seit Jahrhunderten in der Kirche: Orgeln besaßen Register mit tiefen, fast unhörbaren Tönen. Sobald die Musik einsetzte, verfielen die Gläubigen in eine für sie unerklärbare Beklemmung – ein Zustand, der sie empfänglicher für den Glauben machte, sich in unmittelbarer Gegenwart Gottes zu befinden.
    Das alles konnte man mit Experimenten nachbilden, beweisen, auslösen.
    Doch wie funktionierte diese verdammte Höllengeige?
    Es klopfte. Quint kam herein. Schon sein Blick verriet, dass es doch nicht so gut gelaufen war. Er hatte zwar herausgefunden, dass Maras Name auf der Passagierliste eines Flugs nach Wien stand, aber das war es auch.
    »Sie hat ja ihr Handy nicht mehr«, sagte er. »Und wenn sie keine Kreditkarte benutzt …«
    Wie er sie ansah! Es fehlte nur noch, dass er sich die Lippen leckte.
    Deborah war völlig klar, worauf seine Wünsche hinausliefen, und sie hatte keine Angst davor – obwohl sie sich ganz alleine mit ihm im Haus befand. Eigentlich genoss sie sogar die männliche Ausstrahlung, die er verströmte und die stärker zu werden schien, je herablassender und ablehnender sie ihm gegenüber wurde.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte er.
    Sie bemerkte, dass er seinen Blick auf ihre Beine senkte. Ja, die weißen Nylons. Die schien er

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