Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)
falsche Fährte. Und die Gründer der Sekte lebten ja viel früher als Paganini. Sie haben damit nichts zu tun. Aber wir schweifen ab. Wir brauchen eine Idee. Oder wir geben auf.«
»Oder wir untersuchen noch einmal genau, was wir haben«, wandte Jakob ein.
»Das haben wir schon x-mal gemacht.«
»Wir könnten die Unterlagen besorgen, die sich auf Johns Computer befinden«, wandte Mara ein. »Ich könnte mit einem Vorwand noch einmal in die Wohnung in dem Kranhaus gelangen … Und dann hätten wir immerhin genau dieselben Informationen wie Deborah – und sogar noch mehr. Ich hatte dort alles kopiert und dann auf meinen Laptop gespeichert. Aber den musste ich ja zurücklassen.«
»Macht nichts«, sagte Jakob und lächelte. »Diese Informationen haben wir schon. Du denkst vielleicht, ich sei ein altmodischer Antiquar. Aber das täuscht. Komm mal mit.« Er stand auf. »Komm auch mit, Georg. Vielleicht kommen wir so auf eine Idee.«
Sie gingen in einen Raum am anderen Ende des Flurs – genau auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers, in dem Mara übernachtet hatte. Erst jetzt erkannte sie, wie groß die Wohnung war.
Als sie das Zimmer betrat, hatte sie das Gefühl, eine andere Welt zu betreten. Hier gab es kaum Bücher. Dafür moderne glatte Tische mit Kunststoffoberflächen. Darauf mehrere sehr große Flachbildschirme. Dazu schwarze Kästen mit blinkenden Leuchtdioden. Ein silberner Laptop. In der Ecke stapelten sich Elektronikteile zu einem Turm. Das musste ein Server sein.
»Vor meiner Zeit als Antiquar hatte ich eine kleine Hackerkarriere«, sagte Jakob. »Das ist meine eigentliche Passion.«
»Das heißt, ihr seid in Johns Computer eingedrungen und habt die Daten geklaut?«
»Das heißt es«, sagte Wessely, der ihnen gefolgt war und im Türrahmen stand. »Aber ich finde, wir sollten uns damit nicht aufhalten. Es hat keinen Sinn, durch die Analyse des Materials nach dem Ort zu suchen, um den es geht. Wir haben … oder vielmehr Jakob hat alles versucht.«
Jakob nickte. »Wir haben alles, was wir in Archiven über die Sekte gefunden haben, im Computer verarbeitet. Es gibt nirgends einen Hinweis. Keine Beschreibung. Keine Karte oder etwas Ähnliches. Wir haben sogar nach Geheimschriften gesucht, nach Chiffren in scheinbar normalen Texten. Ohne Ergebnis.«
»Wir müssen uns an das einfachste Prinzip halten«, sagte Wessely. »Wir müssen uns überlegen, was Deborah Fleur am meisten braucht, und das müssen wir ihr in Aussicht stellen.«
Stille entstand. Alle dachten nach. Im Hintergrund war nur das leise Brummen der Computeranlage zu hören.
»Ich weiß, was sie will«, sagte Mara schließlich.
Die beiden Männer blickten auf.
»Sie will mich.«
»Aber sie hat versucht, dich umzubringen«, sagte Jakob.
»Aber sind wir nicht selbst dahintergekommen, dass das nur ein Test war? Wenn jemand zu wissen glaubt, wer der nächste Orpheus ist, dann sie. Sie ist davon überzeugt. Weil ich es mit meiner Musik geschafft habe, Quint zu entkommen. Und weil sie mit dem neuen Orpheus ein Geschäft machen will. Sie braucht mich.«
»Du willst sie also treffen? Ihr erklären, dass du auf ihr Angebot eingehst? Und wenn du die Geige hast, haust du ab? Zu uns?«
»Das wäre viel zu gefährlich«, sagte Wessely. »Wer weiß, ob sie sich nicht noch eine Prüfung ausgedacht hat.«
Jakob nickte. »Das stimmt, Mara. Du kannst nicht einfach zu ihr spazieren und ihr sagen, du hättest es dir anders überlegt. Sicher weiß sie, dass du bei uns bist.«
Aber Mara sah auf einmal eine Chance, ihre Geige wiederzubekommen, und die wollte sie sich nicht entgehen lassen. »Sie weiß vielleicht, dass ich hier bin. Aber weiß sie auch, dass ich auf eurer Seite stehe?«
»Dafür braucht sie nur eins und eins zusammenzuzählen.«
»Dann muss es anders gehen. Sie muss glauben, ich wäre bei euch auf die Lösung gestoßen, wie man den Ort durch die Violine herausbekommt. Da ich unbedingt wieder auf der Geige spielen will, verrate ich ihr die Lösung des Rätsels im Tausch gegen das Instrument. Ich erkläre ihr, dass ich verstanden habe, dass sie mich nur testen wollte – und ich tue so, als würde ich ihr verzeihen. Ich biete ihr Zusammenarbeit an. Ich mache es wie sie: Ich gaukle ihr vor, welchen Erfolg wir haben werden. Welche Möglichkeiten sich eröffnen. Eine Geigerin, die die Orphischen Melodien spielt … eine echte Sensation.«
Mara hatte sich in Rage geredet. Und wieder trat Stille ein.
»Das könnte ein Plan werden«,
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