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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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verteilten, wo sie ihren Dienst antraten, trieb es Quint, nachdem er den angrenzenden Schwarzenbergplatz überquert hatte, in das Gassengewirr des Bezirks, der den Namen Landstraße trug.
    Hier gab es ein Viertel, in dem die Sträßchen rechtwinklig zueinander verliefen. Kellergasse, Strohgasse …
    Von dieser Ecke aus war das Handysignal gekommen.
    Aus welchem Haus genau, konnte er nicht feststellen.
    Quint überprüfte Klingelschilder und Briefkästen.
    Smith, Smith, Smith, hämmerte es in seinem Kopf. Aber er fand nur Huber, Mayer, und eine Reihe von orientalisch klingenden Namen: Mechmed, Yildis, Öztürk.
    Smith. Da war er. Ein ausgeschnittenes Stückchen Papier, mit Filzstift beschriftet und mit Klebefilm befestigt. Fast verblichen und verdreckt.
    Quint sah sich nicht um, als er klingelte.

43
    Jakob und Mara stiegen am Stephansplatz aus der U-Bahn, und obwohl noch früher Morgen war, drängten sich vor dem Dom schon die Menschen. Einheimische, die zur Arbeit eilten, mischten sich mit Touristengruppen. Bleiche Japaner blickten aus dunkelblauen Kapuzen von Regencapes, junge Leute mit Rucksäcken standen ratlos herum. Man konsultierte Reiseführer und Stadtpläne, wurde von den ebenfalls um diese Zeit bereitstehenden, mit Perücke, rotem Rock und weißen Kniehosen als Mozart verkleideten Werbern angesprochen, die Handzettel mit Konzertterminen verteilten. Von der nahen Fiakerstation, wo die Kutschen mit den Pferden in Reih und Glied aufgereiht standen, wehte ein scharfer Geruch nach Pferdeäpfeln herüber. Ab und zu hallte ein Kommando von der Mauer des Doms wider, eine Peitsche knallte, und eisenbeschlagene Räder kollerten über das Pflaster.
    Sie schlossen sich dem Strom von Menschen an, die dem Portal zustrebten.
    »Unglaublich, dass der Dom um diese Zeit schon geöffnet ist«, sagte Mara. »Das hätte ich nicht gedacht.«
    »Ab sechs Uhr morgens kann man ihn betreten«, sagte Jakob, als sie in das dunkle Kircheninnere schritten. »Er ist ja kein Museum, sondern ein Gotteshaus mit allem, was dazugehört.«
    Draußen hatte schon feuchte Novemberkühle geherrscht, aber hier drinnen nahm die klamme Atmosphäre noch zu. Mara fröstelte, und während sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnten, kam ihr wieder ihr Traum in den Sinn. Sie hatte nicht mehr viele Erinnerungen daran, aber sie wusste, dass es darin um eine Höhle gegangen war, die sie zu verschlingen drohte.
    Jakob, der zwei, drei Schritte vorausgegangen war, blieb stehen. Sie trat neben ihn und blickte sich um. Obwohl auch hier die Besucher meist in nicht gerade festlicher Kleidung herumliefen, obwohl es ab und zu aufblitzte, wenn ein Foto geschossen wurde, obwohl Regenmäntel raschelten und man gemeinsam in Reiseführer blickte und sich sogar mit unterdrückter Stimme daraus vorlas, obwohl Schritte auf dem steinernen Boden hallten und irgendwo vorn plötzlich ein Kind schrie und sich der Laut nur langsam in dem weiten Raum verlor, überkam Mara das Gefühl, in einem weihevollen Raum zu sein. Weit hinten, jenseits der vielen Bankreihen, leuchtete der farbige Hochaltar.
    »Dort müssen wir hin«, sagte Jakob. »Hinter die Absperrung.«
    Der Gang durch das Mittelschiff war mit einem schwarzen Gitter abgesperrt und nur zu betreten, wenn man an einer kleinen Theke vorbeiging. Dort musste man eine Eintrittskarte kaufen.
    »Da ist noch ein Altar«, sagte sie.
    »Es gibt zwei«, sagte Jakob. »Der hier im sogenannten Frauenchor ist der Neustädter Altar aus dem 15. Jahrhundert. Ich glaube aber, Georg hat den Altar im Hauptschiff gemeint. Er ist das religiöse Zentrum. Oder wir sind auf einem ganz falschen Weg. Dann weiß ich aber auch nicht weiter.«
    Jakob wandte sich der Theke zu, wo sie den Eintritt bezahlten. Mara sah, dass man auch Audioguides mieten konnte – tragbare Audiogeräte, die einem die Sehenswürdigkeiten des Doms erklärten. Viele der Touristen hatten sich ein solches Gerät geben lassen.
    Der Zweifel, den Jakob gerade angesprochen hatte, gab ihr einen Stich. Hoffentlich waren sie auf der richtigen Spur. Was, wenn Wessely kurz vor seinem Tod nicht mehr bei Sinnen gewesen war? Wenn er gar nicht mehr wusste, was er sagte? Wenn er vielleicht die Unterlagen nur an dem Ort, den er sich überlegt hatte, verstecken wollte , es aber noch nicht getan hatte?
    Sie folgten den Menschen, die sich dem Altarbereich näherten. Man kam jedoch nicht besonders nah heran. Vor der vordersten Bankreihe blieb ein Stück Raum, an das sich die steinerne Brüstung

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