Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)
verstehe, kommt es mir eher so vor, als hätte er es einfach nur so als Illustration benutzt. Irgendwelche Musik. Irgendwelche Musik von früher.«
»Wie das gemeint ist, wissen wir erst, wenn wir den Ort gefunden haben. Aber immerhin bekräftigt uns das letzte Blatt darin, ihn zu suchen. Denn hier steht, welchen Sinn das alles hat und warum man überhaupt danach suchen soll.«
»In diesen Buchstaben steht das?«
Jakob nickte. »In diesen Buchstaben«, wiederholte er. »Es ist Griechisch. Genauer gesagt Altgriechisch.«
»Und du kannst das lesen?«
»Allerdings.« Er nahm das Blatt und las es vor. Es waren nur wenige Worte, und Mara verstand sie nicht. Aber dann holte Jakob Luft und übersetzte: »›Orpheus wird wiederkehren.‹ Das ist es, was hier steht. Es ist eine Prophezeiung. Und ich muss sagen, es ist genau die Prophezeiung, die wir immer gesucht haben.«
»Das heißt, du hast hiervon wirklich nichts gewusst?«
»Nein. Georg hat ein doppeltes Spiel gespielt. Er hat es vor mir zurückgehalten. Vor mir und vor der Welt. Er wollte nicht, dass es ans Licht kommt. Er wollte nicht, dass die Welt erfährt, dass es einen antiken Jesus gegeben hat, bevor der Jesus, den wir aus der Bibel kennen, auf der Bühne der Weltgeschichte auftauchte. Er hatte Angst vor dieser Orpheus-Sekte, über die wir so wenig wissen … Man hat immer Angst vor dem, über das man am wenigsten weiß.« Er schüttelte den Kopf. »Es ist ein Jammer. Als ob die Kirche mit all ihrem päpstlichen Gehorsam und all dieser Strenge irgendwelchen Schaden nehmen könnte, nur weil die Orpheus-Prophezeiung ans Licht kommt. Wir haben so lange danach gesucht, wir haben alle möglichen Forschungen angestellt, um einen Beweis zu finden. Und Georg trägt diesen Beweis mit sich herum, ohne mir davon etwas zu sagen …«
»Aber das ist doch nur ein Stück Papier«, sagte Mara. »Das kann doch jeder geschrieben haben.«
»Du verstehst nicht …« Er nahm das Blatt und musterte es, wie er sich vorher die Karte genau angesehen hatte. Er hielt es dicht vor die Nase. »Diese ausgefransten Stellen an den Schrifttypen. Das ist eine Handschrift. Und diese Handschrift stammt von einem Pergament oder Papyrus. Wahrscheinlich waren diese Worte Teil eines viel längeren Textes, aus dem sie herausgelesen wurden.«
»Und was stand in dem übrigen Text?«
»Schriftstücke dieses Alters sind durchweg nur noch fragmentarisch vorhanden. Aber es wird ein Text über den orphischen Mysterienkult der Antike sein. Mit all den Details, die wir wissen wollen. Den Verbindungen von Musik und Religion. Und deren Verbreitung Georg natürlich verhindern wollte. Er hat nur dieses eine Stück seinen Unterlagen beigefügt, weil es die Essenz ist. Es ist der Beweis, dass es wirklich um die Wiederauferstehung des Orpheus geht.«
»Die Wiederauferstehung des Orpheus … Das klingt tatsächlich nach Bibel. Nach Jesus …«
»Das ist es ja auch. Der Mythos von Orpheus, der in die Hölle ging, um seine Geliebte vom Tod ins Leben zurückzuführen, ist ja ein antiker Vorläufer der Jesusgeschichte. Wie Jesus hatte Orpheus direkten Kontakt zur Götterwelt, wie Jesus besuchte er das Totenreich, wie Jesus kam er von dort zurück, und wie Jesus wurde er geopfert. Er starb durch die sogenannten Mänaden. Rasende Furien, die ihn zerstückelten. Sie waren Vertreterinnen des Dionysoskults, eines anderen Mysteriums und somit Orpheus gegenüber feindlich eingestellt.«
Mara erinnerte sich an die Sage, die sie im Internet gelesen hatte. »Aber die Sache mit dem Totenreich …«, sagte sie. »Jesus war im Totenreich? Ich bin ja nun nicht besonders bibelfest, aber wo kommt das denn vor? Ich meine, man hat ihn verfolgt, vor Gericht gestellt, gekreuzigt …«
»Und dann ist er hinabgestiegen in das Reich der Toten und am dritten Tage aufgefahren in den Himmel. So sprechen es in jeder heiligen Messe die Gläubigen gemeinsam im Glaubensbekenntnis. Und wenn die Geschichte von Orpheus stimmt, war er der Erste, der aus dem Totenreich wieder zurückkam, nicht Jesus. Und er kann daher mit Jesus durchaus konkurrieren. Und vergiss nicht: Sein Mysterienkult glaubte an die Wiedergeburt. Nicht im Jenseits, sondern hier auf Erden. Als Mensch. Dieser Glaube ist in der Antike etwas sehr Außergewöhnliches gewesen.«
»Wiedergeburt … Aber was ist mit den fernöstlichen Lehren? Mit Buddha und so weiter? Glaubt man denn dort nicht auch daran?«
»Sicher. Aber das war in Indien. In Asien. Wir reden hier von
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