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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Und als die Musik abbrach und er sich im Eingang des Antiquariats wiederfand, stellte er fest, dass er den Dietrich aus der Tasche gezogen hatte.
    Wie von selbst glitt er ins Schloss, und ein leichtes Klicken war zu vernehmen. Quint öffnete die Tür und huschte ins Innere.
    Geräuschlos schloss er die Glastür hinter sich und verharrte. Jetzt kamen aus dem Hinterzimmer Stimmen.
    Mara und Lechner. Ganz sicher.
    Sein Bein berührte einen der Tische, auf denen Lechner seine Bücherstapel aufgebaut hatte. Quint musste vorsichtig sein. Die Tische standen in fast völliger Dunkelheit. Eine falsche Bewegung, und einer der Stapel fiel um.
    Er tastete sich in Richtung der Wand, die von einem Regal bedeckt war.
    Im selben Moment setzte die Musik wieder ein.

    Mara rückte mit ihrem Stuhl ein Stück von Jakob weg und ließ ihn arbeiten.
    »Als Erstes brauchen wir eine wirklich gute Klangaufnahme von deiner Geige, aber wenn wir die haben … Na ja, warten wir ab.«
    Jakob tippte und klickte. »Hier haben wir was Brauchbares. Pass auf.«
    Tamaras Klang erfüllte den Raum. Mara lehnte sich zurück und lauschte sich selbst – so intensiv, wie sie es noch nie getan hatte. Es war »Horizons of Harmony«.
    Sie sprachen kein Wort, bis es vorbei war – nach etwa viereinhalb Minuten.
    »Wunderschön«, sagte Jakob dann. »Das ist das Schönste, was ich von dir kenne.«
    »Danke«, sagte Mara. Sie wusste gar nicht recht, wie sie mit solchem Lob umgehen sollte. Sich einfach zu bedanken war ihr zu wenig, denn dafür tat ihr das Lob zu gut.
    »Jetzt kommt das Hauptproblem«, sagte Jakob. »Der Klang der Geige allgemein reicht nicht. Ich muss auch wissen, welcher Ton die richtige Klangfigur erzeugt. Das geht aus den Unterlagen nicht hervor.«
    Mara überlegte. »Man kann Tausende von Tönen spielen … Aber vielleicht geht es ja gar nicht um die Töne, die man auf der Geige greift, sondern um die leeren Saiten.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Jakob.
    »Eine Geige besitzt vier Saiten. Diese vier Töne sind ihre ureigensten Klänge. Wenn man sie spielt, spielt man wirklich die Geige selbst. Man nimmt keinen Einfluss. Man greift nicht auf dem Griffbrett. Es sind die vier Töne, mit denen das Instrument selbst spricht.«
    Das waren genau die Worte, die ihr Geigenlehrer damals in der ersten Stunde zu ihr gesagt hatte. Mara, vollkommen versessen darauf, endlich richtig zu spielen, hatte sie über sich ergehen lassen. Aber der Lehrer hatte darauf bestanden, dass sie zunächst lernte, die leeren Saiten anzustreichen.
    Nur wenn du den Ton der Geige selbst zu hören verstehst, kannst du mit dem Instrument zusammenarbeiten. Nur dann wird es dein Partner, dein Freund sein.
    Mara hatte all die Jahre nicht daran gedacht. Und trotzdem waren ihr die Worte im Gedächtnis geblieben, um jetzt in einem ganz anderen Zusammenhang vielleicht zur entscheidenden Hilfe zu werden. Was hieß schon vielleicht? Mara war sich hundertprozentig sicher, dass sie auf dem richtigen Weg waren. Irgendetwas in ihr sagte ihr, dass es so war. Dass alles richtig war.
    »Nächstes Problem«, sagte Jakob. »Wenn wir die Klänge der leeren Saiten zur Grundlage machen wollen, muss ich genau diese Töne aus dem Musikstück herausfiltern. Du musst mir dabei helfen. An welchen Stellen kommen sie denn vor?«
    »Lass es noch mal von vorn spielen.«
    Jakob klickte, und die Musik begann erneut. Mara hatte die linke Hand erhoben und bewegte die Finger wie auf einem imaginären Griffbrett. Sie spielte Luftgeige. Es setzte in ihr eine Ahnung frei, wie es war, in Wirklichkeit Geige zu spielen, und sie spürte den Schmerz, dass Tamara für alle Zeiten zerstört war, immer heftiger. Sie lenkte sich ab, indem sie sich auf die Musik konzentrierte.
    Die Aufgabe war nicht leicht zu lösen. Man strich in Musikstücken die leeren Saiten des Instruments sehr selten an, weil der Klang farblich deutlich herausstach.
    »Stopp«, sagte sie plötzlich. »Hier, der Ton am Anfang der Melodie. Das war die G-Saite. Die tiefste.«
    Jakob gab etwas ein und ließ die Musik weiterspielen.
    »Ich glaube, mit den anderen leeren Saiten wird es schwierig«, sagte Mara. »Sie kommen zu selten vor.«
    Sie hörten alle Stücke ab, die sie im Internet finden konnten, aber es war zwecklos. Die Musik bestand aus zwei verschiedenen Arten von Kompositionen. Es gab auf der einen Seite sehr langsame Stücke mit großen Melodiebögen. Und auf der anderen schnelle, fast rockige oder virtuose Nummern. In den langsamen Titeln kamen

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