Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)
töten. Und dann werden sie nach Italien fahren.
Sie stand im Dunkel des Parks. Während sie gegrübelt hatte, war sie doch ein paar Schritte gegangen, ohne dass es ihr bewusst geworden war. Die Gestalten um sie herum waren verschwunden. Das grell beleuchtete Rathaus schien auf sie herabzusehen. Es wirkte wie ein Gesicht. Wie eine autoritäre Person, die ihr etwas sagen wollte.
Mara hatte das Gefühl, in einem Nichts zu verschwinden. Nirwana. Kein Gedanke. Leere.
Und in diesem Augenblick spürte sie eine ruckartige, rhythmische Vibration in ihrer Tasche.
Ihr Handy.
Sie zog es heraus. Das Display leuchtete matt.
Sie hatte eine SMS erhalten.
Teil 3:
Die Auferstehung
49
Die Scheinwerfer waren so schwach, dass nur ein matter gelblicher Schein bis an die Mauern des Hauses reichte. Erst in letzter Sekunde bemerkte Padre Antonio den Mann, der vor der Einfahrt seines Anwesens stand. Er bremste. Die Ladung im hinteren Raum des Kombis rutschte polternd nach vorn.
Ein breiter weißer Schärpengürtel lag diagonal über der dunklen Uniformjacke. Der Mann war ein Polizist. Padre Antonio kannte ihn. Es war Sergente Massimo.
Der Priester kurbelte die Seitenscheibe herunter, woraufhin der Uniformierte die Hand an die Schirmmütze legte und sich herunterbeugte.
»Guten Abend, Padre. So spät noch unterwegs?«
Antonio schluckte. »Ja, Sergente. Die Schäflein verlangen rund um die Uhr nach Beistand. Vor allem die alten und kranken …«
Massimo nickte bedächtig. »Ich habe auch nicht vor, Sie lange zu behelligen, Padre … Bitte stellen Sie doch den Motor ab. Dann können wir uns besser unterhalten.«
Padre Antonio spürte sein Herz bis zum Hals hinauf schlagen. Seine Hände zitterten, als er den kleinen Fiat Kombi in die Einfahrt bugsierte. Der Hof war so schmal, dass er die Tür nur drei Handbreit aufbekam. Mühsam quetschte er sich aus dem Auto. Der Sergente stand wie ein schwarzer Schatten hinter dem Wagen.
»Sie transportieren ja so einiges«, stellte der Polizist fest und deutete auf die Hinterscheibe. Im Inneren waren Kisten zu sehen – notdürftig mit Decken verhüllt. Seitlich ragten Kabel hervor. »Sind das Elektronikteile?«
»Jemand hat mir einen gebrauchten Computer überlassen und will zusammen mit der Festplatte, die ich noch habe, etwas Neues daraus bauen. Ich weiß nicht, ob das funktioniert. Ich verstehe davon nichts.«
»Vielleicht kann ich Ihnen helfen? Ich bin der Computerspezialist in unserer Polizeistation.«
Massimo bückte sich und wollte die hintere Klappe öffnen.
»Aber ich will Ihnen keine Mühe machen«, sagte der Padre schnell. »Und noch dazu zu so später Stunde. Was führt Sie zu mir, Sergente Massimo? Hat es mit dem Erdbeben zu tun? Das war ja ein furchtbares Ereignis. Es ist schrecklich, dass gerade das Land, in dem unsere heilige katholische Kirche ihre Heimat hat, so oft von diesem Strafgericht Gottes heimgesucht wird. Sicher soll uns das zeigen, dass dem Herrn vieles, was seine Menschenkinder treiben, ein Dorn im Auge ist.«
»Padre«, unterbrach der Polizist den Redeschwall des Geistlichen. »Ich bin nicht deswegen hier.«
Antonio war froh gewesen, den Sergente erfolgreich vom gefährlichen Terrain abgelenkt zu haben, da führte er ihn gleich auf das nächste. Der Padre zog die Stirn kraus und hoffte, sehr ahnungslos zu wirken. »Warum dann?«
»Es geht um Tino. Tino Fasone. Ich denke, Sie kennen ihn.«
Der Padre kratzte sich am Kopf. »Nein, ich weiß nicht … Das heißt, der Name sagt mir etwas.«
»Das heißt, Sie haben ihn nicht gesehen?«
»Wann soll ich ihn gesehen haben?«
»Am Tag nach dem Erdbeben. Wir haben herausgefunden, dass er hier an der Kirche war. Wahrscheinlich ist er auch hineingegangen.« Der Polizist holte ein Büchlein aus der Brusttasche und blätterte darin. »Es war genau zu der Stunde, als Sie wegen der Beichte in der Kirche gewesen sein müssen.«
»Woher wissen Sie, ob ich zu dem Zeitpunkt wirklich in der Kirche war?«, fragte der Padre eine Spur zu aggressiv. »Es kommen nicht mehr viele Leute zur Beichte. Und Sie habe ich dort noch nie gesehen. Obwohl Sie doch katholisch sind, oder nicht?«
Der Sergente blieb ruhig. »Wir haben Ihre Haushälterin gefragt. Und stimmt es denn nicht? Haben Sie an diesem Tag nicht die Beichte abgenommen?«
»Doch, schon … entschuldigen Sie. Es war ein langer Tag. Ja, ich habe an diesem Tag die Beichte abgenommen.«
»War Tino dort? Kam er zu Ihnen?«
»Ja. Ich meine … Es ist möglich.«
»Eben
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