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Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Orpheus-Prophezeiung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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liefen. Und heute war Einsamkeit etwas, worunter erfolgreiche Leute durchaus leiden konnten. Und bei Paganini und seinen Kollegen der klassischen Musik war es sicher genauso gewesen.
    Maras Gedanken verstummten. Und es verstummte auch die raunende Stimme, die in ihrem Kopf gewesen war.
    Ihr wurde kalt. Aus dem dunklen Eingang im Korpus der riesigen Geige strömte ihr kalte Luft entgegen, als würde das Instrument einen frostigen Atem ausstoßen.
    Ich sollte mich nicht in diesen Gedanken über den Sinn und die Bedeutung der Orpheus-Sage verlieren, dachte Mara. Ich sollte versuchen herauszufinden, was hinter dem Gemälde verborgen ist. Wahrscheinlich ist es das Letzte, was ich in meinem Leben erfahre. Und dann will ich es auch wissen. Ich verzichte eben darauf, als Orpheus-Schülerin dieses seltsame Reich zu betreten, und gehe nur als Neugierige hinein.
    Sie durchschritt die Tür. Dabei war ihr, als würde sie eine endgültige Entscheidung treffen. Es war etwas Unumkehrbares, zu dem sie sich entschlossen hatte.

58
    Das Erste, was sie spürte, war fester Boden unter den Füßen. Steinerne, fest verfugte Platten, auf denen ihre Schritte leicht hallten.
    Die Wände links und rechts traten so weit zurück, dass das Licht der Flamme sie kaum erreichte. Auch die Decke war weiter entfernt als in dem Raum zuvor.
    Eigenartigerweise verschwand das Gefühl der Kühle sofort, nachdem Mara weitergegangen war. Ein seltsamer Druck lag ihr auf den Ohren. Es musste daran liegen, dass die akustischen Gegebenheiten hier ganz anders waren – und das wiederum hatte mit dem Raum zu tun.
    Sie ging der rechten Mauer entgegen. Die Wand war hoch und verlief horizontal in einer geschwungenen Kurve. Sie besaß eine helle bräunliche Farbe, als sei sie gewissenhaft verputzt worden. In einiger Höhe, etwa drei, vier Meter über dem Boden und direkt unter der Decke, verlief eine Verzierung an der Wand. Kunstvoll verschlungene Linien, die sich wie ein Fries unter der Decke entlangschlängelten.
    Sie ging die Wand ab, folgte ihren seltsamen Bogen. Auch die andere Seite der Mauer war abgerundet. Langsam wurde Mara klar, dass es in dem ganzen Raum keine Ecke, keinen rechten Winkel gab. Die Verzierung an der Wand änderte sich. Unter der geschwungenen Linie standen in deutlich erkennbaren Buchstaben zwei Wörter.
    Giovanni Gritti , las Mara.
    Das musste der Name des Mannes sein, der die Idee der Orphiker geboren hatte und auf den das Ganze zurückzuführen war.
    Sie folgte weiter der bauchigen Mauer und fand noch mehr Namen. Es waren die gleichen, die der Padre ihr genannt hatte: Arcangelo Corelli, Alessandro Scarlatti …
    Sie reihten sich mit vielen anderen aneinander, die Mara nicht kannte, und die alle italienisch klangen. Man konnte glauben, diese Leute hätten sich hier selbst verewigt, aber die Schrift wirkte abgezirkelt und ordentlich. Ein Name kam Mara ebenfalls bekannt vor. Giorgio Frederico Haendel. Die italienische Schreibweise des deutschen Komponisten Händel.
    Sie leuchtete weiter die Wand aus. Nun hatte sie den Raum zu etwa drei Vierteln umrundet. Auch hier, auf der anderen Seite, hatte er diese abgerundete Form, bildete er eine Ausbuchtung. Als sie kurz darauf an all den Namen vorbeigegangen war und wieder an der Tür stand, durch die sie hereingekommen war, wurde ihr etwas klar.
    Der Raum besaß die Form einer großen, liegenden Violine.
    Und Mara war im Inneren des Instruments.
    Es kam ihr vor, als seien die Fliesen, mit denen der ganze Raum ausgelegt war, auf dem geraden Weg in die Mitte ein wenig ausgetretener, etwas stärker benutzt als am Rand.
    Sie versuchte zu schätzen, wann sie die Mitte erreicht hatte. Das Klangzentrum der imaginären steinernen Violine, in der sie sich befand.
    Sie suchte nach Hinweisen an der Decke. Auch sie war der Oberfläche einer Geige nachgebildet.
    In der Mitte bildete der Korpus jeder Violine einen kleinen Hügel, auf dem sich der Steg befand, über den die Saiten liefen und über den sich der Klang auf den gesamten Körper des Instruments übertrug.
    Mara erblickte über sich die Wölbung der Decke. Der Raum wurde höher.
    Und dann tauchte vor ihr etwas aus dem Dunkel auf.
    Sie hatte es erwartet. Es war die Stelle, wo in einer echten Geige der Stimmstock saß. Ein Holz, das Boden und Decke verband, gleich unter dem Steg, aber ein wenig seitlich gelagert.
    Die Worte ihres Lehrers kamen ihr in den Sinn, der ihr die Violine erklärt hatte.
    Den Stimmstock nennt man nur im Deutschen so, Mara. Im

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