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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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Fehler und Irrtümer« enthalten, hat Benedikts Vatikan den »Intrareligiösen Dialog« eingerichtet, in dem die Probleme diskutiert werden, welche die Religionen trennen. Das schafft zwar wenig Gemeinsamkeiten, ist aber eine Voraussetzung für illusionslosen Realismus. Für den Vatikan bleibt der Islam bis auf weiteres eine Sekte, die zum »Hindernis für das Heil« werden kann.
    Ökumenische Gebetsrunden wie die von Assisi 1986, auf der Johannes Paul II. unter anderen mit dem Dalai Lama, dem Erzbischof von Canterbury, dem Chef-Rabbiner von Rom und einem Medizinmann der Crow-Indianer betete, hat es unter Benedikt nie gegeben. Ein solches Theater berge die Gefahr des religiösen Relativismus, entschied der deutsche Papst.
    So blieb er auf dem Stuhl Petri vornehmlich ein Gottesgelehrter. Und so wird er in Erinnerung bleiben. Menschen, die ihm begegnet sind, berichten von seiner Freundlichkeit und seiner Umgänglichkeit. Und doch blieb er vielen Gläubigen fremd. Zuweilen hat er offenbar lieber mit den Katzen des Vatikans gesprochen, die ihm, wie Bertone berichtete, manchmal im Rudel folgten. Er fand die Zeit, während dieser acht Jahre sein Hauptwerk zu verfassen, eine dreibändige Studie über Jesus von Nazareth, dessen Stellvertreter auf Erden er war. Die Gestalt, die er darin beschrieb, war nicht der historische Jesus, er wollte den Glaubensstifter und Kirchengründer Jesus darstellen, so wie er in den Evangelien erscheint.
    Es war nicht der erste Jesus-Bestseller eines deutschen Theologen. Den hat, schon 1986, Gerd Theißen geschrieben, ein heute emeritierter Professor der protestantischen Theologie aus Heidelberg. Theißen war ein Anhänger der historischen Jesusforschung und hat seinem Buch »Der Schatten des Galiläers« eine Rahmenhandlung gegeben, die aus Briefen besteht. Darin setzt er sich auseinander mit den Argumenten eines fiktiven Kollegen, der ihm in zuweilen engherzigen bis kleingeistigen Behauptungen vorwirft, über dem Menschen Jesus den Gottessohn zu vernachlässigen.
    Der Name des Kollegen: Professor Dr. Kratzinger.

Schnee im August
    Franziskus bedeutet eine Zäsur in der Papstgeschichte: das erste Kirchenoberhaupt aus Lateinamerika, der erste Nichteuropäer seit 1272 Jahren, Jesuit. Er könnte die Kirche aus der Krise führen.
    Von Norbert F. Pötzl
    Im März 1986 hielt sich der argentinische Priester Jorge Mario Bergoglio studienhalber einige Wochen in der Jesuiten-Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main auf. In der Bibliothek suchte er nach Schriften des Religionsphilosophen Romano Guardini. Bergoglio forschte über den 1968 verstorbenen Gelehrten, der in seinen Werken zwischen moderner Lebenswelt und religiöser Symbolik, zwischen Glauben und wissenschaftlicher Weltanschauung eine Brücke schlug.
    Schon bald wurde Pater Bergoglio von seinem Orden nach Argentinien zurückgerufen, um spiritueller Direktor der Jesuitenschule von Córdoba zu werden. Aber er nahm ein Souvenir aus Deutschland mit. Bei einem Abstecher nach Augsburg hatte Bergoglio in der Kirche St. Peter am Perlach ein barockes Gemälde des einheimischen Malers Johann Georg Melchior Schmidtner entdeckt, das ihn faszinierte. Es ist eine ungewöhnliche Mariendarstellung: Die Madonna nimmt von einem Engel ein Band mit mehreren Knoten entgegen, dröselt diese auf und reicht das glatt herabfallende Band einem anderen Engel weiter. Das Bild heißt »Maria Knotenlöserin«.
    Bergoglio steckte sich eine Fotokarte ein. Zehn Jahre später, da war Bergoglio bereits Weihbischof in Buenos Aires, stellte man eine von der argentinischen Malerin Ana Betta de Berti gefertigte Replik der Abbildung in einer Ecke der Pfarrkirche San José del Talar auf. Nun strömen Wallfahrer zur »Virgen Desatanudos«, um sie bei Problemen aller Art um Hilfe anzurufen; ein Buch, das in der Pfarrei ausliegt, verzeichnet in großer Zahl angebliche Heilungen und Wundertaten, die der Gottesmutter zu verdanken seien.
    Weitere 17 Jahre später ist aus Jorge Mario Bergoglio Papst Franziskus geworden, und die Frage liegt nahe: Kann er die Knoten lösen, in die sich die katholische Kirche verheddert hat?
    Wie will Franziskus den »Schmutz in der Kirche« bekämpfen, den sein zurückgetretener Vorgänger Benedikt XVI . beklagte, aber nicht beseitigen konnte? Wie wird er umgehen mit »Vatileaks«, den undichten Stellen in der Kurie, mit den Geldwäschevorwürfen gegen die Vatikanbank? Kann er die unseligen Seilschaften im vatikanischen Hofstaat kappen? Wie arbeitet er den

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