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Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Pötzl
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Vizekanzler Franz von Papen im April 1933 nach Rom. Der ehemalige Zentrumspolitiker und zeitweilige Reichskanzler war für dieses Unternehmen die ideale Besetzung. Der katholische Aristokrat verstand es, dem Vatikan zahme Nazis und den Nazis fügsame Katholiken zu versprechen.
    Papens Mission hatte rasch Erfolg. Am 20. Juli 1933 unterzeichneten der Vizekanzler und Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, der spätere Papst Pius XII ., das Konkordat. Es sicherte der Kirche unter anderem die »öffentliche Ausübung der katholischen Religion« zu, das Erheben von Kirchensteuern und die »Beibehaltung und Neueinrichtung katholischer Bekenntnisschulen«.
    Papens Mission nährte im Vatikan weitergehende politische Hoffnungen. Bereits nach dem Abschluss der Lateranverträge mit dem italienischen Regime Benito Mussolinis 1929 hatte die katholische Kirche die Erfahrung gemacht, dass eine Übereinkunft mit einer faschistischen Regierung zweckmäßig sein konnte. Womöglich, so die Erwartung der Kirche, würde man Hitler als Verbündeten im Kampf gegen die Kommunisten brauchen können.
    Denn die Kommunistische Internationale blieb weltanschaulich der Hauptgegner der Kurie; daran ließ Pius XI . keinen Zweifel. Am 19. März 1937, fünf Tage nachdem er seine »brennende Sorge« über die Verhältnisse in Deutschland bekundet hatte, verurteilte der Papst in einer weiteren Enzyklika den »atheistischen Kommunismus«.
    Diese Ideologie, so Pius XI ., beraube »den Menschen seiner Freiheit, der geistigen Grundlage seiner moralischen Lebensführung«, er nehme »der Persönlichkeit des Menschen jede Würde und jeden moralischen Halt im Aufruhr blinder Instinkte«. Der Kommunismus leugne die »Existenz des Ehebandes« und dessen »Unauflöslichkeit«, schlimmer noch: »Er propagiert das Prinzip der Emanzipation der Frau.«
    Eindringlich warnte die Enzyklika vor den kommunistischen Umtrieben in der von der linken Volksfront regierten Spanischen Republik, die im Bürgerkrieg gegen die ultrarechten Putschisten des Generals Francisco Franco kämpfte. Es könne, so der Papst, »keinen Staatsmann« geben, »der nicht schaudern müsste bei dem Gedanken, es könnte das, was heute in Spanien geschieht, sich vielleicht morgen in anderen zivilisierten Nationen wiederholen« – gemeint waren die gewalttätigen Übergriffe Linksradikaler gegen Priester und Kirchen. Damit baute der Pontifex den italienischen Faschisten und den deutschen Nazis eine Brücke. Denn beide unterstützten Franco militärisch. Und Terror gegen Sozialisten und Kommunisten war dem Vatikan auch in Deutschland nie ein Wort des Protests wert gewesen.
    Mit Blick auf den gemeinsamen rotspanischen Feind drosselten die Nazis zum Herbst 1937 ihre öffentliche Kampagne gegen die Papstkirche. Den Kampf im Geheimen setzten Gestapo und SD jedoch fort. Die Spanische Republik unterlag im April 1939 in einer Art Dreifrontenkrieg gegen die Armee Francos, die »Legion Condor« der Nazis und die geistlichen Divisionen des Vatikans.
    Denn bis auf zwei Ausnahmen hatten sich die spanischen Bischöfe auf die Seite Francos gestellt. Nach dessen Einmarsch in Madrid beglückwünschte der neue Papst Pius XII . in einer Rundfunkansprache die »geliebten Söhne des katholischen Spanien« zum Sieg über die »Proselyten des materialistischen Atheismus«. Francos Paternalismus entsprach weitgehend den gesellschaftspolitischen Vorstellungen des Vatikans. Die autoritäre nationalkatholische Herrschaft des »Caudillo« gab dem Klerus viel Macht und Einfluss, ähnlich wie die herrschenden Regime in Polen, Portugal, Ungarn und Österreich.
    Der Vatikan, geführt wie eine absolutistische Monarchie, sah sich nicht als Teil der liberalen Demokratien des Westens. Das hatte Pius XI . in seiner Enzyklika gegen den Kommunismus deutlich gemacht. Schuld am Sozialismus und Kommunismus waren für den Heiligen Vater jene »Lenker der Völker«, welche »die mütterlichen Mahnungen der Kirche verachtet« hätten und »auf dem Boden des Liberalismus und Laizismus« stünden.

Reichsminister Hermann Göring (links) im Vatikan vor einer Audienz bei Papst Pius XI. im April 1933
    ULLSTEIN BILD

Die papstfreundlichen autoritären Regierungen in mehreren europäischen Ländern motivierten katholische Strategen, den Versuch zu unternehmen, auch die Nationalsozialisten in ihrem Sinne zu beeinflussen. Jahrhundertelang hatten sich die Päpste erfolgreich über weltliche Herrscher in Deutschland erhoben. Warum sollte dies gegenüber

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